Die Chancen, die die Virtualisierung bietet, schöpfen viele Unternehmen immer noch unzureichend aus. Während Server- und Storage-Virtualisierung schon häufig Status quo sind, bleiben Client-Infrastruktur und Applikationen vielfach unberücksichtigt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen agieren zögerlich; im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes sollten sie überprüfen, wann und wo eine Virtualisierung sinnvoll ist. Von Michael Hohn, transtec.
Der Themenkomplex Virtualisierung erstreckt sich von virtualisierten Server- und Speicherinfrastrukturen bis hin zur Desktop- und Applikationsvirtualisierung. Die Beweggründe für die Einführung einer Virtualisierungslösung sind unterschiedlichster Natur: Sie reichen von einer Vereinfachung und Flexibilisierung des Betriebes von Servern und Diensten über die zentralisierte Bereitstellung von „Arbeitsplätzen“ bis hin zur sicheren Verwaltung von Daten.
Das Angebot an Virtualisierungslösungen ist umfassend und gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die nur über begrenztes Virtualisierungs-Know-how verfügen, nur schwer zu durchschauen. Ein Lösungspartner ist hier vielfach unverzichtbar. Gemeinsam mit ihm muss ein Unternehmen dann bereits im Vorfeld einer Lösungsevaluierung und -implementierung die richtigen Weichen stellen. Fragen, die schon in der Planungsphase zu berücksichtigen sind, lauten etwa:
• In welchen Bereichen macht Virtualisierung überhaupt Sinn (Server, Speicher, Desktop oder Applikationen)?
• Welche Lösungen eignen sich für die eigene Umgebung am besten?
• Welche Funktionalitäten werden wirklich benötigt?
• Welcher Grad der Virtualisierung ist sinnvoll?
• Welche Anforderungen stellen Fachabteilungen an die Infrastruktur?
• Welche Investitions- und Betriebskosten entstehen?
• Was ändert sich für die Administration und die Betriebsprozesse bei einer Virtualisierung?
Dass für die meisten Unternehmen kein Weg an einer Server- und Storage-Virtualisierung vorbeiführt, dürfte heute außer Frage stehen, da die Vorteile nicht wegzudiskutieren sind. Sie zeigen sich vor allem im Hinblick auf das Thema Kostenreduzierung. Durch den Einsatz von Virtualisierungstechnologien kann die Anzahl der erforderlichen physischen IT-Ressourcen deutlich gesenkt werden. So werden beispielsweise auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen heute immer weniger dedizierte Web-, Mail- oder File-Server eingesetzt, die jeweils nur einen geringen Anteil der Prozessor-Leistung beanspruchen und damit äußerst ineffizient sind. Laut Marktforscher Gartner liegt der Virtualisierungsgrad aller Serverinstallationen heute schon bei über 50 Prozent. Prognostiziert wird, dass 2016 bis zu 86 Prozent aller Server-Workloads virtualisiert sein könnten. Und auch Storage-Virtualisierung ist heute angesichts eines kontinuierlich steigenden Datenaufkommens ein immer wichtigeres Thema.
Zurückhaltender sind viele Unternehmen bei der Virtualisierung von Desktops und Applikationen. Doch auch hier beginnt langsam ein Umdenken. Das hat sich gerade aktuell bei der Einstellung des Supports für Windows XP gezeigt. Nicht zu vergessen ist dabei, dass auch Office 2003 und Exchange 2003 im April 2014 End-of-Life gingen. Viele Unternehmen – gerade kleine und mittlere – haben sich im Zuge dessen erstmals mit Lösungen im Bereich Desktop- und Applikationsvirtualisierung beschäftigt. Ein weiterer Grund war, dass bei Firmen mit Windows-basierten Netzwerken unterschiedliche Lizenzen für die Office-Versionen 2003 bis 2013 vorhanden waren. Permanente Kompatibilitätsprobleme auf Anwenderseite waren die Folge. Und für die IT-Abteilungen war es dadurch nahezu unmöglich, Standard-Images zu nutzen und Updates einzuspielen, ohne dass es zu Störungen kam. Auch dies hat die Nachfrage nach Applikations- und Desktopvirtualisierung erhöht.
Client-Virtualisierung bietet zusätzliche Reduzierung
Analog zu Servern und Storage-Systemen lassen sich auch Clients virtualisieren und als virtuelle Maschinen im Rechenzentrum betreiben. Dabei können Unternehmen unterschiedlichste Virtualisierungsoptionen wählen: von der zentralen Applikationsbereitstellung auf Terminal-Servern oder mittels Applikationsvirtualisierung über das Hosten individueller Desktops im Rechenzentrum durch den Aufbau einer Virtual Desktop Infrastructure (VDI) bis hin zu einem Anwendungs-Streaming bei Bedarf. Zur Umsetzung der unterschiedlichen Konzepte stehen Unternehmen mehrere Virtualisierungslösungen zur Verfügung, zum Beispiel Citrix XenDesktop, Citrix XenApp, Microsoft Remote Desktop Services (RDS) oder VMware Horizon View.
Der entscheidende Vorteil der Client-Virtualisierung liegt in der Reduzierung des hohen Aufwandes für die Administration einzelner Arbeitsplätze. Vor allem Unternehmen mit einer dezentralen Organisationsstruktur können damit die Verwaltung ihrer Desktop-Infrastruktur erheblich vereinfachen. Mit Hilfe der Desktop-Virtualisierung können IT-Administratoren virtuelle Desktops im Rechenzentrum auf Servern bereitstellen und zentral verwalten. Für den einzelnen Anwender hat das keinerlei Auswirkungen. Er kann wie gewohnt arbeiten.
Im Wesentlichen bieten sich dabei für kleine und mittelständische Unternehmen vor allem zwei unterschiedliche Lösungsansätze an: die Implementierung von virtuellen Desktops in einer Virtual Desktop Infrastructure oder von Shared Desktops.
Bei einer Virtual Desktop Infrastructure werden wie bei der Servervirtualisierung das Betriebssystem und die Applikationen durch einen Hypervisor von der physischen Hardware im Rechenzentrum getrennt. Jeder Benutzer hat im Gegensatz zu einem Shared Desktop einen dedizierten Desktop. Zentraler Vorteil ist ein deutlich verringerter Aufwand bei der Administration, beispielsweise mit schnelleren Reaktionszeiten bei erforderlichen Änderungen wie Upgrades, Updates oder Migrationen. Durch die zentrale Datenhaltung im Rechenzentrum wird auch die Datensicherheit deutlich erhöht. Und nicht zuletzt können durch den Einsatz einfacher Endgeräte wie Thin Clients auch die Kosten gesenkt werden, gerade im Hinblick auf den niedrigeren Energieverbrauch.
Da die Anforderungen an die benötigten Clients minimal sind, können bei der Umsetzung eines virtuellen Desktop-Ansatzes na-hezu alle möglichen Endgeräte verwendet werden, von Smartphones oder Notebooks über Tablets bin hin zu Thin- und Zero-Clients. Auch vorhandene Desktop-PC-Systeme können problemlos weiter genutzt werden.
Ein virtueller Desktop empfiehlt sich hauptsächlich für last-intensive Applikationen, außerdem für Anwendungen, die nicht auf einem Terminal-Server ablauffähig sind und nur auf PCs betrieben werden können oder dürfen. Generell gibt es im Hinblick auf die Anwendungen, die auf virtuellen Desktops nutzbar sind, heute nahezu keine Einschränkungen mehr. Beispielsweise ist es mit aktuellen Lösungen und Technologien wie einem virtuellen Desktop Citrix XenDesktop mit HDX 3D Pro oder NICE Desktop Cloud Visualization (DCV) und Grid-GPUs von Nvidia möglich, auch Thin-Clients höchste Grafik- und Rechenleistung bereitzustellen. Selbst komplexe CAD-, CAM- oder CAE-Aufgaben können damit problemlos durchgeführt werden.
VDI-Lösungen rücken für viele Unternehmen momentan vor allem auch im Hinblick auf den aktuellen Mobility-Trend zunehmend ins Blickfeld. Das hat auch eine IDC-Studie 2013 ergeben, in der das mobile Arbeiten als zentraler „Antriebsfaktor“ für die Bereitstellung virtueller Arbeitsplätze herausgehoben wurde. Gerade für eine konsistente und sichere Umsetzung von BYOD (Bring Your Own Device)- und CYOD (Choose Your Own Device)-Konzepten sind VDI-Plattformen die optimale Basis.
Im Unterschied zu den virtuellen Desktops teilen sich bei Shared Desktops eine große Anzahl von Benutzern ein Betriebssystem auf einem Terminal-Server. Dies steigert die Effizienz und senkt die Kosten pro Benutzer signifikant. Auch im Hinblick auf die benötigten Softwarelizenzen fallen weniger Kosten an als bei einer VDI-Lösung.
Shared-Desktop-Lösungen können nach Erfahrungswerten von transtec für durchschnittlich 70 bis 80 Prozent der Mitarbeiter eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens eingesetzt werden, da diese ein identisches Applikations-Setup benötigen. Es handelt sich dabei in der Regel um so genannte Task Worker, die einen zu 100 Prozent definierten Desktop-Arbeitsplatz benötigen, zum Beispiel für SAP ERP oder Microsoft-Anwendungen wie Word, Excel und Powerpoint. Hierfür ist eine Shared-Desktop-Umgebung ideal geeignet.
Kleine und mittelständische Unternehmen können eine solche Architektur beispielsweise mit der Lösung Citrix XenApp aufbauen, die ein zentrales Hosting und Management von Applikationen im Rechenzentrum ermöglicht.
Auch Applikationen eignen sich für die Virtualisierung
Generell ist festzuhalten, dass Applikationsvirtualisierung mehr ist als eine sinnvolle Ergänzung. Die beschriebenen Funktionsweisen bei VDI- und Shared-Desktop-Lösungen zeigen, wie eine dynamische Infrastruktur aufgebaut werden kann. Ähnlich dynamisch und verteilt können auch Applikationen bereitgestellt werden. Auch sie können zentral im Rechenzentrum betrieben und für den Multi-User-Zugriff vorgehalten werden.
Applikationen, die sich für eine solche Virtualisierung anbieten, sind zum Beispiel die Microsoft-Office-Programme, Internet-Browser wie Internet Explorer oder Firefox, E-Mail-Programme, der Adobe Flash Player oder ERP-Lösungen von SAP und Sage. Prinzipiell eignet sich die Virtualisierung für Anwendungen, die von einer Vielzahl von Anwendern in identischer Art und Weise genutzt werden.
Allerdings ist auch zu berücksichtigen, das nicht alle Applikationen für einen Multi-Zugriff geeignet sind. Zu nennen sind hier zum Beispiel Eigenentwicklungen oder CAD- und CAE-Software.
Client-Virtualisierung bietet weitreichende Vorteile
Die Vorteile einer Desktop- und Applikationsvirtualisierung liegen auf der Hand. Im Wesentlichen betrifft das folgende Punkte:
• Schnelle und einfache Desktop- und Applikationsbereitstellung
• Unterstützung unterschiedlichster Plattformen
• Hohe Sicherheit durch zentrale Datenhaltung und einfachere Umsetzung von Sicherheits- und Compliance-Richtlinien
• Geringere Anschaffungs-, Betriebs- sowie Lizenzkosten
• Vereinfachtes zentrales Management sowohl von Desktops als auch von Applikationen.
Bei jeder Einführung einer Desktop- und Applikationsvirtualisierungslösung muss ein Unternehmen allerdings auch die damit verbundenen Herausforderungen exakt analysieren. Das betrifft insbesondere die Sizing-Thematik im Rechenzentrum, das heißt, die im Zuge der Virtualisierungseinführung erforderliche Erweiterung der Infrastruktur im Hinblick auf Aspekte wie CPU-Leistung, Arbeitsspeicher, Storage-Kapazität oder Netzwerk. Bei der Dimensionierung sind auch Spitzenlasten zu berücksichtigen wie sie bei den so genannten Boot-Storms morgens, mittags oder abends auftreten.
Gerade für viele kleine und mittelständische Firmen ist die Klärung dieser Fragen eine große Herausforderung, allein schon aufgrund fehlender personeller Ressourcen. Hier setzt auch das Lösungsangebot von transtec an, dass nicht nur die Bereitstellung und Lieferung von Lösungen umfasst, sondern auch Consulting, Implementierung, Service und Support einschließlich Schulungen. Auf Basis einer detaillierten Ist-Analyse und Ermittlung der für eine Virtualisierung geeigneten Installationen definiert transtec gemein-sam mit dem Kunden die Ziel-Infrastruktur. Konkret reicht das Angebot vom Sizing Assessment, in dem der Hardware-Bedarf spezifiziert wird, und der Software-Beratung über das Design der virtualisierten Systemumgebung bis hin zur Migration und Durchführung der Rollouts.
Insgesamt zeigt sich, dass Virtualisierung nicht nur ein Thema im Server- und Storage-Bereich sein muss. Ein umfassendes Virtualisierungskonzept sollte auch die Desktop-Infrastruktur und Applikationslandschaft einbeziehen. Unterschiedliche Virtualisierungslösungen ermöglichen es heute Unternehmen jeder Größe, die Ressourcen ihrer Hardware voll auszuschöpfen und eine sichere, kostengünstige Client-Infrastruktur aufzubauen.
Zum Autor
Michael Hohl ist Head of PreSales & Consulting bei der transtec AG in Deutschland.