Facebook, Twitter, Instagram & Co: Der Wildwuchs an Social-Media-Plattformen nimmt kein Ende. Der universale Erfolg dieser Vernetzung hat aber auch seine Schattenseiten.
Ohne Facebook-Account ist man heute nur ein halber Mensch, Twitter braucht man sowieso, das irgendwann auch angelegte Google-Plus-Konto vergammelt im Hintergrund, die Fotos teilt man auf Instagram und Flickr, Webfundstücke werden via Tumblr-Blog oder Pinterest dem Freundeskreis übermittelt und ohne LinkedIn- oder Xing-Profil hat man einen schweren Stand am Arbeitsmarkt. Die Social-Media-Revolution, die in den letzten Jahren jeden Internetnutzer vom passiven Sender zum Mitgestalter und vom einsamen Nerd zum hypervernetzten virtuellen Gesellschaftslöwen gemacht hat, will kein Ende nehmen. Beinahe im Wochentakt versuchen sich Startups an der Gründung neuer sozialer Netzwerke, die die Welt noch unbedingt braucht. 220 Social-Media-Plattformen listet der Wikipedia-Artikel zum Stichwort, mit dem Hinweis, dass nur die größeren Vertreter Platz gefunden hätten und verwaiste, leere Web-Ruinen und der Wildwuchs an Dating-Plattformen nicht berücksichtigt worden seien. Die Vielfalt ist enorm: Eine der kleinsten und zugleich ältesten Plattformen ist mit knapp 15.000 Nutzern das in der Social-Media-Steinzeit 2001 gegründete »Frühstückstreff«; der alles überragende Goliath ist natürlich Mark Zuckerbergs Gigant Facebook, dem aktuell jeder fünfte auf unserem Planeten lebende Mensch angehört. Dieser Dschungel der Social Media ist selbstverständlicher Lebensraum der meisten Internetbenutzer geworden – für viele sind diese Plattformen gar der wichtigste Grund, ins Netz zu gehen.
Facebookkrank
Mit der Allgegenwart mobiler Kommunikation und der verführerischen »Always on«-Mentalität begeisterter Social-Media-Nutzer steigt aber auch der Druck auf jeden Einzelnen. Zwanghaftes Checken der eigenen Timeline, das obsessive Dokumentieren jedes Schrittes auf Instagram oder die unablässige Beteiligung an mehreren Twitterdiskussionen gleichzeitig wird immer häufiger zur Belastung – Psychologen sprechen inzwischen von regelrechtem Suchtverhalten und Social-Media-Zwangsstörungen. Kein Wunder, dass sich zunehmend eine Gegenbewegung von Überdrüssigen bildet, die mit dem endgültigen Ausstieg aus den ungesund geliebten Netzwerken verlorene Lebensqualität zurückerlangen wollen. Doch nicht nur sie raufen sich die Haare, auch auf der anderen Seite ist Grübeln angesagt – immerhin sind die Benutzer der kostenlosen Social-Media-Angebote ja nicht primär Kunden, sondern aus Anbietersicht eine Ware, die möglichst gewinnbringend genutzt werden soll. Abgesehen vom Unmut, den sich die Seitenbetreiber bei allzu plumper Versilberung immer wieder zuziehen, ist aber die schiere Menge an verschiedenen Plattformen inzwischen sowohl für werbewillige Kunden als auch die Kanäle zur PR nutzende Firmen problematisch. Wo werben – bei Facebook sowieso, aber auch bei Google Plus? Wie am besten bei Twitter für Kundeninteresse oder nur Präsenz sorgen? Bei Ello? Oder gar bei hybriden Plattformen wie What’s App? Und auch wenn die Präsenz auf Facebook essentiell ist – wie erreiche ich dann trotzdem jene, die sich bewusst von diesem Lebenszeitfresser abgewendet haben? Für Firmen, aber auch NGOs, Non-Profit-Unternehmen oder Parteien, die die boomenden Social-Media-Kanäle sinnvoll nutzen wollen, ist in diesem Dschungel ohne professionelle Beratung längst kein Durchkommen mehr – doch auch die Profis werden manchmal von den unvorhersehbaren Dynamiken der jeweils eigenen Logiken folgenden Communitys überrumpelt: Auf jede Kampagne, die erfolgreich »viral« wird, kommen wohl mehrere, die kläglich versickern oder im schlimmsten Fall zur Lachnummer werden. Man sieht: Social Media sind ein Dschungel – nicht nur was ihr Wuchern, sondern auch, was ihre Unberechenbarkeit betrifft. Und: Sie sind ein Dschungel, der sich weiterhin ausdehnt. Ein Ende der Expedition ist nicht in Sicht.