Erfolgreiche Unternehmen verstehen Information als eigenständigen Unternehmenswert und nutzen diesen möglichst effektiv. Die Basis einer solchen Nutzung bilden vier Säulen: Lebenszyklus, Qualität, Gesamtsicht sowie die AKV – eine konkrete Darstellung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten.
Von Daniel Liebhart
Der Unterschied zwischen einem erfolgreichen und einem weniger erfolgreichen Unternehmen ist in 80 % der Fälle darin begründet, wie Informationen als zentraler Treiber für die Leistungsfähigkeit der Firma genutzt werden. Laut dem Information Opportunity Report der Firma CAP Gemini kann die gezielte Nutzung von Informationen den operativen Gewinn um über 25 % steigern. Bessere Informationen führen zu Kostenersparnissen, verbessern die Erfüllung von Kundenerwartungen und steigern die Produktivität der Mitarbeiter. Außerdem helfen sie, unternehmerische Risiken zu reduzieren und gesetzliche und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. Doch damit nicht genug: Sie ermöglichen es auch, den eigenen Ruf zu schützen, Strategien der Konkurrenz zu erkennen, Marktdynamiken zu erfassen oder effektiver mit Partnern und Lieferanten zusammenzuarbeiten. Jedes Unternehmen verwendet für seine Geschäftstätigkeit eine Vielzahl von externen und internen Informationen. Werden die zugehörigen Systeme, Prozesse und Datenflüsse analysiert, so stellt sich in den meisten Fällen heraus, dass in der täglichen Arbeit zwischen zwölf und 15 zentrale Informationsobjekte verwendet werden. Typischerweise sind dies Kunde, Produkt, Angebot, Bestellung, Rechnung oder die Organisationseinheit. Diese zentralen Informationen variieren je nach Branche und Größe des Unternehmens. Die wichtigste Grundvoraussetzung für die Verwaltung von Informationen ist eine Bewertung der wirklich zentralen Objekte. Obwohl es objektive, standardisierte Bewertungsansätze für Informationen wie beispielsweise die Informations-Produktivität, den taktischen Wert von Informationen, die Kosten fehlender Informationen bis hin zur Bilanzierung als Strukturwert gemäß IAS (International Accounting Standard) gibt, hat sich dazu in der Praxis eine subjektive – also unternehmensinterne – Bewertung am besten bewährt. Wichtig ist hierbei vor allem Unterscheidung von kritischen Daten, Performance-Daten, wichtigen Daten, sensiblen Daten und nicht-kritischen Daten. Kritische Daten sind Informationen, die für die wichtigen Geschäftsprozesse benötigt werden und deren Verlust zu einer operativen Katastrophe führen kann – sprich den unmittelbaren Stillstand der Geschäftstätigkeit zur Folge hätte. Außerdem gehören dazu Daten, die aus rechtlichen Gründen über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden müssen. Beispiele solcher Informationen sind die Kontoinformationen einer Bank, Verträge eines Rückversicherers, Bestelleingänge eines Versandhandels, Produktionsdaten eines Autoherstellers oder auch Daten für Nachweispflicht korrekter steuerrelevanter Vermögensangaben oder Krankenakten.
Bei Performance-Daten handelt es sich um Informationen, die für die Steuerung und die Planung eines Unternehmens relevant sind und deren Verlust oder ungewollte Veränderung zu einer unternehmerischen Katastrophe führen kann. Sie werden für das Tagesgeschäft verwendet und sind damit essentieller Teil des Business-Know-hows eines jeden Unternehmens. Nicht-kritische und sensible Daten sind entweder schnell wiederherzustellen oder können durch alternative Informationen ersetzt werden.
Der Lebenszyklus der Informationen
Die aktive Verwaltung der Daten über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg umfasst die konkrete Umsetzung eines Regelwerkes, das aus verschiedenen Methoden, Prozessen und Technologien besteht. Es gilt Vorgaben wie den unternehmerischen Wert einer Information, die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Aufbewahrungsfristen sowie die erforderlichen Zugriffsrechte und Service-Level-Agreements zu berücksichtigen und auf die eigentlichen Informationsobjekte abzubilden. Eine solche Abbildung erfolgt auf der Ebene der logischen Units. Zu diesen zählen unter anderem Datenträger, Dateien, Verzeichnisse, Datenbanken, Records und E-Mails. In der Praxis haben sich dazu vierstufige Lebenszyklen bewährt: »verwendet«, »analysiert«, »archiviert« und »gelöscht«. Entscheidend für die sinnvolle Verwaltung von Daten ist eine klare Definition von Regeln, die den Übergang zwischen den Phasen ihres jeweiligen Lebenszyklus markieren. Sie beziehen sich auf einzelne Informationsobjekte und definieren unter anderem Aufbewahrungsfristen und Kritikalität.
Die Datenqualität
Zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Information am richtigen Ort – das zu gewährleisten ist die Aufgabe der Datenqualität. Die Business-Anforderungen können direkt aus den Geschäftsprozessen abgelesen werden. Dabei ist klar zu definieren, zu welchem Zeitpunkt innerhalb des Geschäftsprozesses die Datenqualität zu messen ist, was genau zu erfassen ist und welche Schwellwerte dabei einzuhalten sind. Für die Messung der Datenqualität gibt es eine Vielzahl von verschiedenen methodischen Ansätzen – von Total Quality Management (TQM) über Capability-Modelle bis hin zu Six Sigma und ISO 9000. In der Praxis hat sich der Einsatz von sogenannten Quality Gates – einem Messfühler für die Datenqualität in Prozessen – bewährt. Nach dieser Methode werden verschiedene Qualitätsattribute wie beispielsweise Vollständigkeit, Relevanz, Genauigkeit oder Glaubhaftigkeit von Informationen gemessen und mit firmenspezifisch festgelegten Sollwerten verglichen.
Die Gesamtsicht auf Informationen und Informationsflüsse
Der Wert der zentralen Informationsobjekte, deren konkrete Phase im Lebenszyklus und deren Qualität kann jedoch nur dann zielführend beurteilt oder geprüft werden, wenn ein Unternehmen tatsächlich eine Gesamtsicht über sämtliche Prozesse, Daten und Informationssysteme hat. Entscheider müssen also genau wissen, welche Informationen vorhanden sind und wo und wie sie verwendet werden. Im Idealfall sind sämtliche Prozesse, Daten und Anwendungen zu diesem Zweck in einer Unternehmensarchitektur erfasst und in einem umfassenden Meta-Modell abgebildet. Um den notwendigen Überblick zu erhalten, hat sich eine einfache Gegenüberstellung von Prozessen, zentralen Informationsobjekten und den wichtigsten Anwendungen bewährt. Diese drei Bausteine innerhalb einer Gesamtarchitektur zeigen, welcher Prozess und welche Anwendung welche Information wie verwendet. Um gutes Datenmanagement auf Unternehmensebene umzusetzen, besteht auch an dieser Stelle in vielen Unternehmen Konkretisierungsbedarf.
Die organisatorische Verankerung
Bewertung, Lebenszyklus, Qualitätsmaßnahmen und Gesamtsicht bleiben überschaubar, wenn nicht die kontinuierliche Verbesserung dieser Maßnahmen garantiert werden kann. Doch dies ist nur dann möglich, wenn das Datenmanagement in einem Unternehmen organisatorisch verankert wird. Eine solche Organisation regelt Zuständigkeiten, Verantwortungen und Aufgaben auf jeder Ebene. Beispielsweise ist ein Information Manager für ein bestimmtes Informationsobjekt auf fachlicher Ebene zuständig. Sein technisches Gegenüber – zuständig für eine gute Umsetzung – ist der Information Architect.
Auf dem Weg zur Datability
Datability im Sinne einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Nutzung von Daten im Unternehmen ist nur dann erfolgreich, wenn auch die notwendige Basis dafür vorhanden ist. Die große Mehrheit der Unternehmen ist deshalb gut beraten, über ein gezieltes Datenmanagement nachzudenken. Dieses sollte die zentralen Informationsobjekte eines Unternehmens durchgehend bewerten und ihrem Lebenszyklus entsprechend verwalten. Ausgestattet mit einem effizienten Datenmanagement können Unternehmen jeder Größe vorhandene Informationen gewinnbringend nutzen und sind optimal auf künftige Herausforderungen von Big Data vorbereitet.
Zum Autor:
Daniel Liebhart ist Dozent für Informatik an der ZHAW (Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften), Berater für Enterprise Architekturen und Solution Manager der Trivadis AG. Er ist Autor des Buches »SOA goes real« (Hanser Verlag) und Autor verschiedener Fachbücher.