Freitag, März 29, 2024
„Großer Unterschied zu den Analysen, die man bisher hatte“

Michael Ruzek, Geschäftsführer LOGIN Software, über Trends im Customer-Relationship-Management anhand des Werkzeugs SugarCRM.

Report: Wie ist LOGIN Software positioniert? Was ist Ihr Schwerpunkt?

Michael Ruzek: Unser Unternehmen wurde 1992 gegründet, mit Schwerpunkten auf die Bereiche Finanzbuchhaltung, Personalverrechnung und ERP. Als langjähriger Business-Partner von IBM wurden wir dann vor einigen Jahren auch SugarCRM-Partner. Mittlerweile macht SugarCRM unser Hauptgeschäft aus, mit Projekten in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Wir haben insgesamt 25 Mitarbeiter*innen am Firmensitz in Wien, in München und Entwickler international.

In den vergangenen Jahren haben wir sicherlich um die 200 Anbindungen von SugarCRM an ERP-Systeme, Webshops und Websites unternommen – mit den größten Kunden in Deutschland. Wir sind auch stark in der Softwareentwicklung, war uns bei der Umsetzung von Projekten zugutekommt.

Report: Welche Trends sehen Sie generell bei CRM-Lösungen? Was brauchen Ihre Kunden?

Ruzek:
Jede Branche hat andere Schwerpunkte, was in einem CRM benötigt wird und gezeigt werden soll. Aufgrund unserer ERP-Vergangenheit sind wir stark im Manufacturing vertreten. Wir sehen dort in der Regel komplexe ERP-Systeme bei den Unternehmen, an denen wir mit dem CRM über Schnittstellen andocken. In diesem Bereich werden kundenbezogene Dokumente wie Aufträge, Lieferscheine und Rechnungen – die aus dem ERP kommen – auch im CRM dargestellt. Der Grund ist, dass die Sales-Abteilungen sämtliche Daten zu Kunden auf einen Blick haben wollen. Würde dagegen der Verkauf dazu in unterschiedlichsten Systemen herumkurven müssen, ist das die beste Chance, dass eine CRM-Lösung nicht akzeptiert wird. Vielleicht gibt es zusätzlich noch einen tiefgehenden Report aus dem ERP, der Rest aber ist im CRM verfügbar.

Einen weiteren Schwerpunkt haben wir bei Softwareherstellern als Kunden. Diese Unternehmen haben ihren gesamten Produktkatalog auch im CRM abgebildet. Sie wollen wissen, welche Lizenzen bei den Kunden aktiv sind und welche Softwaremodule jeweils im Einsatz sind. Diese Informationen erleichtern das Cross-Selling und auch den Service, wenn etwa auch das Ticketsystem direkt im CRM integriert ist. Man weiß so, welche Reklamationen Kunden hatten und ob es noch offene Tickets gibt.

Report: Wie tiefgehende ist eine Integration zu etwa einem ERP-System möglich?

Ruzek:
Prinzipiell ist hier alles denkbar. Daten punktuell aus einem System zu exportieren und ins andere zu importieren – das wurde in der Vergangenheit gemacht. Unsere Schnittstellen werken heute in Echtzeit. Ein Referenzkunde in Deutschland ist die Fachhochschule des Mittelstands, die Bewerbungen für Studiengänge auf ihrer Website anbietet. Die Bewerber*innen geben die nötigen Daten in den Webformularen ein, laden Dokumente rauf, und diese Informationen werden automatisch im Hintergrund im CRM angelegt. So etwas ist eine vernünftige Integration, die viele manuelle Tätigkeiten erspart. Die Nutzer*innen bekommen weitere Informationen und auch kontextbezogene Wahlmöglichkeiten zu Lehrveranstaltungen und verfügbaren Terminen zurückgespielt. Wir können hier jegliche Quellen – ob das nun ein Datawarehouse ist, SAP oder Dynamics NAV – anbinden. Mit unserem Integration Framework werden die unterschiedlichsten Herausforderungen gelöst, auch zur Datenhoheit – wer über Daten verfügt und wem diese gehören.

Report: Was ist das Besondere an SugarCRM? Ist es in der Basis frei nutzbar?

Ruzek:
SugarCRM ist sehr vielseitig und flexibel – so lassen sich ohne Weiteres Module dazubauen und neue Features entwickeln. Als Open-Source-Lösung war es in einer ersten Marktphase tatsächlich auch als kostenlose „Community Edition“ verfügbar. Nach einigen Jahren und einer wachsenden Nutzergröße hatte der Hersteller mit dem neuen Modell „Commercial Open Source“ entsprechende Lizenzierungen eingeführt. Aber die aktuelle Version SugarCRM 11 ist mir ihrer enormen Funktionsbreite und dem Design überhaupt nicht mehr vergleichbar mit früheren Editionen.

Report: Ziehen auch Machine-Learning- und KI-Features in CRM-Lösungen wie Sugar ein?

Ruzek:
Mit „SugarPredict“ erhalten die Nutzer*innen KI-basierte Empfehlungen, welche Leads oder Verkaufschancen besonders erfolgsversprechend sind. Die Software errechnet aus historischen Daten im Unternehmen, verknüpft mit allgemeinen Informationen aus dem Weltgeschehen, aus Statistiken und Markttrends Chancen für einen künftigen Vertriebserfolg. Es sind die ersten Schritte von KI-Systemen in Business-Software. Damit sollen auch nicht die erfahrenen Sales-Expert*innen entmündigt werden, sondern sie bekommen eine Unterstützung. Eine KI kann sehr wohl neue Schlüsse aus Datenmaterial ziehen, die mitunter vielleicht im Tagesgeschäft sonst untergehen würden – und gibt auch entsprechende Empfehlungen. Das ist der große Unterschied zu den Analysen, die man bisher hatte.

Report: Welchen Nutzen können Unternehmen prinzipiell aus moderneren CRM-Umgebungen ziehen?

Ruzek:
Sie erhalten mit einer 360-Grad-Sicht auf den Kunden alle relevanten Informationen – angefangen bei der Entstehungsgeschichte einer Kundenbeziehung, alle gekauften Produkte, etwaige Reklamationen und generell die E-Mail-Korrespondenz, Infos zu Telefonaten und Daten auch jeglichen anderen Systemen und Kanälen. Abgebildet wird die komplette Lebensgeschichte einer Kundenbeziehung. Das ist nicht für die bessere Betreuung wichtig, sondern auch bei einem Personalwechsel im Vertrieb oder generell bei einer arbeitsteiligen Organisation mit Innen- und Außendienst – so wissen alle über den Kunden Bescheid und können diesem auch bei einem ungeplanten Servicefall etwa gleich gut betreuen. Das ermöglicht also die Auskunftsfähigkeit bei einem Anbieter oder Dienstleister ebenso wie die Möglichkeit, ein Geschäft mit Kunden weiterzuentwickeln. Beispielsweise können über die Marketing-Engine von Sugar auf die Kunden abgestimmte Aussendungen durchgeführt werden. Diese Integration sowohl von Informationen als auch von Features sehe ich als den Kern moderner CRM-Umgebungen.

Report: Wie kann auch der Typus Sales-Mitarbeiter*in, der oder die in der Vergangenheit kaum zur regelmäßigen Nutzung von CRM-Systemen – und einer Dokumentierung von Wissen – zu bewegen war, mit einer Lösung erreicht werden?

Ruzek:
Früher war es tatsächlich so, dass der Wert eines CRMs genau jene Daten ausgemacht hatten, die zuvor manuell eingegeben wurden. Das ist heute anders: Mittlerweile gibt es Datenprovider, die öffentlich verfügbare berufliche Informationen auch aus Social Media zu einem Namen und einer E-Mail-Adresse bereitstellen. Auch Sugar bietet ein eigenes Tool dazu. Das ist so ein Motivator für einen Sales-Mitarbeiter, ein CRM zu verwenden. Er oder sie muss bei der Recherche nicht in fünf verschiedenen Kanälen herumkurven, sondern bekommt relevante und aktuelle Informationen zu Firmen und Ansprechpersonen nun auch aus dem CRM heraus.

Report: Ist das die Zukunft von CRM-Lösungen? Die zunehmend automatisierte Bereitstellung von kundenbezogenen Informationen für die Anwender*innen?

Ruzek:
Dieser Trend wird sich auf jeden Fall verstärken – bei der Integration mit Mail-Programmen und auch bei Video-Calls. Ein weiteres Feld ist die zunehmende Unterstützung durch Machine Learning nicht nur im klassischen CRM, sondern bei Analysen und Auswertungen für die Marketingabteilungen. Zielgerichtet und treffsicher aufzutreten und zu agieren, wird künftig den Unterschied zu Mitbewerbern ausmachen.

Report: Wieviel Science-Fiction steckt denn derzeit noch in KI-Lösungen? Was raten Sie Unternehmen hierzu?

Ruzek:
Wir stehen damit in der Business-Software sicherlich an einem Anfang und es gibt natürlich noch nicht die ausgereiften, seit zehn Jahren im Einsatz befindlichen Anwendungen. Aber Unternehmen, die sich jetzt schon damit beschäftigen, verschaffen sich einen Vorteil. Es ist wie mit der Digitalisierung. Jene, die den Schritt zu digitalen Geschäftsprozessen und damit auch einer Flexibilität und mitunter auch Unabhängigkeit von Arbeitsorten früher als andere gesetzt hatten, haben heute einen Riesenvorteil. Es wird auch bei der KI unterschiedliche Geschwindigkeiten der Unternehmen geben. Ich bin überzeugt, dass ein frühes Sammeln von Erfahrung später im Vergleich dazu fast nicht mehr aufzuholen ist.

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