Freitag, Dezember 13, 2024
"5G ist weit mehr als nur die nächste Generation des Mobilfunks"

Der im November vorgestellte "Österreichische Infrastrukturreport 2020" analysiert schwerpunktmäßig Österreichs digitale Infrastruktur der Zukunft: Herausgeber und Studienautor David Ungar-Klein über Infrastrukturthemen, die uns bewegen.

Report: Die neue Ausgabe des Österreichischen Infrastrukturreports beschäftigt sich mit den Infrastrukturen der Zukunft. Was fordert unsere Infrastruktur am meisten? 

David Ungar-Klein: Die große Herausforderung ist die strategisch fundierte Entwicklung unserer Infrastrukturen. Und dabei gibt es aus Sicht der Entscheidungsträger in der Wirtschaft klare Prioritäten. Für die von uns repräsentativ befragten Manager ist die größte Herausforderung für die Infrastruktur des Landes nicht der Klimawandel, sondern die Digitalisierung. 52 % nennen den digitalen Wandel als entscheidend, 33 % den Klimawandel und nur 13 % den demografischen Wandel. Der Gestaltungsauftrag der Entscheidungsträger aus der Wirtschaft an die nächste Bundesregierung und ihre infrastrukturpolitischen Prioritäten sind damit klar formuliert: Die digitale Infrastruktur muss Vorrang haben.

Report: Ein zentrales Thema ist dafür der 5G-Standard. Welche Befunde liefert der Infrastrukturreport zu diesem Thema?

Ungar-Klein: 5G ist weit mehr als nur die nächste Generation des Mobilfunks, sondern nach unseren Befunden die Meta-Infrastruktur der Zukunft. Sie ist die Grundlage dafür, damit digitale Transformation in den unterschiedlichsten Bereichen erfolgreich gestaltet werden kann. Dies gilt etwa für die Bereiche Industrie 4.0, autonome bzw. automatisierte Mobilität, Smart Cities und Smart Villages, E-Health, Cybersecurity, Künstliche Intelligenz oder dem Internet der Dinge. Für den flächendeckenden Rollout der 5G-Infrastruktur ist eine entsprechende Breitbandversorgung unverzichtbare Voraussetzung. Die befragten Manager sind sich der großen Bedeutung von 5G bewusst. In der Rangliste der spontan genannten wichtigsten Infrastrukturbereiche steigt der heuer erstmals abgefragte Infrastrukturfaktor 5G mit dem überaus hohen Zustimmungswert von 70 % ein.

Report: Welche Prioritäten sieht der Infrastrukturreport für den Bereich Energie?

Ungar-Klein: Unsere Erhebungen zeigen deutlich die hohe Sensibilität der Manager für den Bereich Energie. Im europäischen Vergleich schneidet Energie mit Abstand am besten von allen österreichischen Infrastruktur(teil)bereichen ab. Zur Erreichung der internationalen Klimaziele und zur Transformation des Energiesystems in Richtung Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit spielen Energietechnologien eine Schlüsselrolle. Für die Bewältigung der klimapolitischen Herausforderung durch Innovationen zeigen sich die Entscheidungsträger positiv gestimmt - ihnen geht es nicht um Angstmache, sondern um Lösungen. Zu den relevanten Energietechnologien zählt insbesondere die Wasserstoff-Technologie, der wir ein eigenes Kapitel gewidmet haben. Hier gibt es den großen Wunsch nach steuerlichen Begünstigungen.

Report: Was sind die Erwartungen an die neue Bundesregierung?

Ungar-Klein: Wir haben Entscheidungsträger aus der Wirtschaft befragt, welche Infrastrukturausbauprojekte für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs hohe Priorität haben. Dabei führen mit klarem Abstand die Forderungen nach dem Ausbau neuer Technologien für den Klimaschutz (89 %) bzw. für Energieeffizienz (81 %). Energie muss also ein Top-Thema der neuen Regierung sein.

Report: Die Finanzierung von Infrastrukturen ist eine kostenaufwändige Sache.

Ungar-Klein: Zu der es aber keine Alternativen gibt. Ich sage Ihnen dazu nur ein Beispiel: Gibt es etwa zu wenige Investitionen in Breitband und Digitalisierung, gehen 80 % der Befragten davon aus, dass der Wirtschaftsstandort Österreich zurückbleibt. 37 % befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Das können wir uns nicht leisten.

Report: Allein die Kosten für den 5G-Ausbau werden mit mindestens zehn Milliarden Euro angesetzt.

Ungar-Klein: Das Geld ist bestens investiert und bringt einen hohen Return of Investment. Wir können dies auch konkret belegen: Sind in Österreich die notwendigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen in den infrastrukturellen Schlüsselbereichen wie IKT und IT beziehungsweise Breitband und 5G gesichert, so könnte Österreich von einer erheblichen Produktivitätssteigerung durch den Einsatz neuer digitaler Anwendungen profitieren. Nach Schätzungen der Manager beträgt das Produktivitätssteigerungspotenzial durch neue digitale Anwendungen enorme 15,2 %. Unsere Modellrechnung auf Basis des Bruttoinlandsprodukts 2018 zeigt: Die Realisierung dieses Potenzials würde für Österreich eine Produktivitätssteigerung von rund 58,7 Milliarden Euro möglich machen. Das macht deutlich, wie wichtig diese Investitionen für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts sind. Gerade in konjunkturell fordernden Zeiten sind Investitionen in die digitale Infrastruktur Österreichs bestens investiert:  Ein investierter Euro bringt sechs Euro Wertschöpfung.

Report: Hat Infrastruktur in Österreich den Stellenwert, den sie verdient?

Ungar-Klein: Nach unseren Erhebungen trifft dies immer mehr zu: Für 69 % der befragten Manager stellt die Infrastruktur die wichtigste Größe für einen Wirtschaftsstandort dar. Das ist der höchste je erreichte Zustimmungswert. Zum Vergleich: 2007 waren dies nur 29 %. Die Wahrnehmung der Bedeutung des Infrastrukturfaktors hat sich damit in weniger als zehn Jahren mehr als verdoppelt. Infrastruktur ist heute ein Top-Standortfaktor.



Über Future Business Austria und den Report
Future Business Austria (FBA) ist die größte Infrastrukturinitiative Österreichs und wurde 2001 vom Kommunikationsexperten David Ungar-Klein ins Leben gerufen. FBA umfasst den Themenbereich Infrastruktur in seiner Gesamtheit UND seinen Teilbereichen wie Energie, Verkehr (Straße, Schiene, Luftfahrt, Schifffahrt), ITS, IKT, IT, Innovation und Forschung sowie Infrastruktur der Zukunft. Das wissenschaftliche Experten-Board beim "Österreichischen Infrastrukturreport 2020": Univ.-Prof. Dr. Bernhard Felderer, assoz. Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr. Elmar Wilhelm M. Fürst, Dr. Peter Hajek, Univ.-Prof. Dr. Sebastian Kummer, Andreas Rudas, Mag. Christian Vogelauer

Mehr dazu unter http://fba.create-connections.com/report-2/


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