Die zahlreichen Hotelneueröffnungen im Premiumsegment haben in Wien zu einem brutalen Preiskampf geführt. Während sich die Gäste über Luxus zu moderaten Preisen freuen, verzeichnen die Betreiber sinkende Margen. Geld kann man zwar immer noch verdienen, es wird aber schwieriger. Gefragt sind echte Alleinstellungsmerkmale, Luxus und Service alleine reichen längst nicht mehr.
Früher war alles besser. Das gilt zumindest für die Betreiber von Luxushotels in Wien. Da gab es das Sacher, das Bristol, das Imperial und das Grand Hotel. Über Jahrzehnte teilten die altehrwürdigen Häuser den Markt unter sich auf. Neueröffnungen gab es kaum, die wenigen Häuser, die dazukamen, richteten sich fast ausschließlich an Geschäftskunden und erregten kaum das Interesse der breiten Öffentlichkeit. Die Bundeshauptstadt lag im sprichwörtlichen Dornröschenschlaf. Die großen internationalen Luxushotelketten machten einen weiten Bogen um die Stadt. Brands, die in jeder Metropole der Welt anzutreffen sind, waren in Wien nicht vertreten. Der Prinz, der Wien wachküssen sollte, war Mohamed Al Jaber. Mit dem 2007 eröffneten »The Ring« kam Bewegung in das bislang so behäbige Luxussegment. Auch wenn das heute als Casual Luxury Hotel geführte Haus den Vorschusslorbeeren nicht ganz gerecht werden konnte, nahm die Entwicklung des Marktes mit dieser Neueröffnung so richtig Fahrt auf. Es folgten 2009 das Hotel Steigenberger in der Herrengasse, 2010 das Sofitel am Donaukanal, 2012 nach einigen Turbulenzen das Ritz-Carlton am Schubertring, 2013 das Kempinski im Palais Hansen am Schottenring und heuer im Sommer das Park Hyatt in der ehemaligen Länderbank-Zentrale Am Hof. Plötzlich waren sie alle da, die großen Ketten, die man in Wien bislang vergeblich suchte. So richtig glücklich scheinen darüber aber nur die wenigsten von ihnen zu sein. Der jähe Angebotsüberschuss hat zu einem brutalen Preiskampf geführt. 2013 kam Wien im Luxussegment auf insgesamt 7.627 Zimmer in 22 Hotels. Was die Ergebnisse anbelangt, gilt Wien laut Michaela Reitterer, Präsidentin der österreichischen Hoteliervereinigung, als »Underperformer«. Die schwierige Marktsituation wird von fast allen Hoteldirektoren bestätigt. Horst Mayer, Generaldirektor des Grand Hotel, sieht das Wiener Preisniveau deutlich unter dem vergleichbarer europäischer Metropolen. Und auch Thomas Willms, Senior Vice President und Regional Director East & Central Europe, Starwood Hotels & Resorts, die in Wien das Imperial, das Bristol und das Le Meridien betreiben, ärgert sich, dass durch die niedrigen Preise die hohe Qualität der Häuser nicht entsprechend gewürdigt wird. In kaum einer vergleichbaren Stadt bekommt der Gast so viel Qualität für so wenig Geld. »Mit Verhandlungsgeschick, Geduld und einschlägigen Internetseiten wie Trivago oder Kayak kann man als Gast Preise erzielen, wie sie vor 2008 sogar im gehobenen 3-Sterne-Bereich verlangt wurden, aber niemals im Luxussegment«, erklärt Werner Sagerschnig, Marketingchef des Designhotels Das Triest.
Unterscheidungsmerkmale gefragt
Wie hart der Wettbewerb im Luxussegment tatsächlich ist, belegt auch die Statistik. Im letzten Jahr gab es laut aktuellen Zahlen von Wien-
Tourismus in allen Kategorien ein Nächtigungsplus – mit Ausnahme des 5-Sterne-Segments. Dort war ein Rückgang von 68,5 Prozent auf 66,1 Prozent zu verzeichnen. Ein Ergebnis, das laut Annika Trastullo, Marketingleiterin im Ritz Carlton, 2014 noch einmal unterschritten werden wird. Derzeit gibt es für 2014 nur die Hochrechnung der ersten vier Monate. Und die bestätigt Trastullos Annahme. In diesem Zeitraum lag die Zimmerauslastung für die Wiener 5-Sterne-Hotellerie bei 56,5 % und damit unter der Auslastung für 4 Sterne mit 58,7 % und 3 Sterne mit 61,3 %. Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, dass nur sehr ungern über konkrete Zahlen gesprochen wird. Die Auslastung ist dann »erfreulich« (Steigenberger), »den Erwartungen entsprechend« (Grand Hotel), »zufriedenstellend« (Sofitel) oder auch »sehr zufriedenstellend« (Park Hyatt). Andere wie etwa das Ritz-Carlton oder die Palais Coburg Residenz schweigen sich zu dem Thema ganz aus. Deutlich auskunftsfreudiger zeigt sich Thomas Willms: »Im Le Meridien erreichen wir eine Auslastung von rund 80 %, im Bristol von 70 bis 75 % und im Imperial von 65 %«, so der Starwood-Vizepräsident. Allerdings ist in der Hotellerie die Auslastung nicht alles. Viel wichtiger ist der sogenannte RevPar, der »Revenue per available Room«. Der ist durch das große Angebot und den herrschenden Preiskampf in Wien stark unter Druck. Der RevPar relativiert auch die vermeintlich schlechtere Auslastung des Imperial, das gemeinsam mit dem Hotel Sacher traditionell die besten Raten vorweisen kann. Neueinsteiger mussten ihre hochtrabenden Pläne von 500 Euro und mehr pro Zimmer relativ rasch aufgeben. Geld kann man in der Wiener Luxushotellerie immer noch verdienen, es wird aber schwieriger. »Häuser ohne ein echtes Alleinstellungsmerkmal werden es schwer haben«, ist Lukas Hochedlinger, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Christie + Co, überzeugt. Luxus und Service alleine reichen nicht aus, um die betuchte Klientel anzuziehen. So versucht sich etwa das Le Meridien mit den Themen Design und Kunst vom Markt abzuheben. Das als Boutiquehotel geführte Sans Souci in der Wiener Burggasse setzt ebenso wie die Palais Coburg Residenzen auf familiäre Individualität, das Bristol bezeichnet Generaldirektor Gerald Krischek als »eines der wenigen wirklich historischen und einziges Art-Deco-Hotel der Stadt«. Und das Sacher und das Imperial punkten mit Authentizität. Auch die Falkensteiner-Gruppe mischt seit rund einem Jahr in der Wiener Luxushotellerie mit. Mit dem Hotel Wien-Margareten hat man ganz bewusst versucht, das touristische Know-how aus den Ferienresorts in das Premium-City-Konzept zu integrieren. »Wir bringen unser Acquapura SPA, das Falky-Programm für Kinder, die Falkensteiner Alpe-Adria Kulinarik und die Themen Architektur und Design noch spürbarer in die Stadthotels«, will sich Falkensteiner-Chef Othmar Michaeler mit dieser Kobination vom Markt abheben.
Das Park Hyatt wiederum kokettiert ganz bewusst mit der Geschichte des Gebäudes. Der Pool befindet sich im ehemaligen Tresorraum, das Restaurant hört auf den Namen »The Bank«. Der fast überbordende Prunk und die akribische Restaurierung der historischen Substanz nötigen Experten wie Mitbewerbern Respekt ab. Die Frage nach dem aktuell besten Haus der Stadt wird fast unisono mit »Park Hyatt« beantwortet.
Geht noch mehr?
Ob der Wiener Markt noch Potenzial für weitere Luxushotels bietet, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Ein Four Seasons in der Riemergasse geistert seit Jahren durch die Branche, ebenso wie ein Hotel im Palais Schwarzenberg. Konkreter dürften die Pläne im ehemaligen Radisson Blu am Stadtpark sein. Dort wird derzeit fleißig renoviert und noch 2015 soll ein 5-Sterne-Superior-Hotel Einzug halten. Monique Dekker, Generaldirektorin im Park Hyatt, sieht darin kein Problem. »Der Markt ist immer noch sehr gut und der harte Wettbewerb macht Wien als Destination noch interessanter.« Michaela Reitterer hingegen wünscht sich »vorerst etwas mehr Ruhe bei der Entwicklung der Zimmerkapazitäten, um das Potenzial bei Auslastung und Preis ausschöpfen zu können«. Noch deutlicher wird Bristol-Direktor Krischek, der ebenso wie Triest-Marketing-Chef Sagerschnig »keine Möglichkeit für weitere Neueröffnungen ohne Einbußen für die bestehenden Hotels« sieht. Von der Politik wünschen sich die meisten Betreiber zur Stärkung des Hotelstandorts Wien eine Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten, einen Ausbau der Flug- und Hochgeschwindigkeitszugverbindungen sowie noch mehr Kongresse und Großveranstaltungen wie den Song Contest oder Fußball-Europameisterschaft. Einen Schritt weiter geht Othmar Michaeler, der sich selbst zwar als »absoluten Verfechter des freien Marktes« sieht, aber in Sachen Hotelneueröffnungen »ein Regulierungskonzept der Stadt Wien sehr begrüßen« würde. Fakt ist, dass der harte Wettbewerb die Betreiber zwingt, sich laufend neu zu erfinden. »Auf den Lorbeeren von gestern kann sich keiner mehr ausruhen«, weiß Starwood-Vizepräsident Willms. Und davon profitieren letztendlich der Markt und die Gäste.