Samstag, April 20, 2024

Kunden werden manchmal bewusst oder unbewusst in die Irre geführt, meinen Peter Strassl, Senior Interaction Designer, und Angelika Kunz, Teamleiterin Experience Consulting bei Usecon.

(+) Plus: Was sagen Augenbewegungen aus?

Angelika Kunz: Man sollte Eye Tracking immer mit einer Fragestellung verbinden: Wo schauen Menschen auf einer Webseite hin? Wird der Button gut gesehen? Die Aufmerksamkeit ist dort. Das ist ein wertvolles Indiz, an das ich anknüpfen kann. Wir fragen dann nach, warum das interessant ist. Man kann sonst nie sagen, was die Intention der Testperson war.

(+) Plus: Sind Geschäfte benutzerfreundlich ausgerichtet?

Peter Strassl: Wir haben eine Supermarktkette bezüglich ihrer Preisauszeichnung beraten. Kunden gehen prinzipiell davon aus, dass die Preise unter den Produkten zu finden sind. Das war dort nicht der Fall. Die intuitiven Blickverläufe gehen immer hinunter und nicht hinauf, das konnten wir ganz klar nachweisen. Wenn ein Regal bis oben gefüllt ist, ist der Abstand zwischen Preisschild und Ware noch minimal. Im Laufe des Tages wird der Stapel aber immer niedriger und das Preisschild darunter ist dann wesentlich näher. Das größte Problem sind aber Über-Kopf-Schilder, die von oben herunterhängen und noch weiter von den Produkten entfernt sind. Die Kunden werden in die Irre geführt.

(+) Plus: Was nimmt man wahr, wenn man ein Geschäft betritt?

Strassl: Wir haben grundsätzlich eine extreme Reizüberflutung festgestellt. Artikel, die durch Angebote hervorgehoben werden sollen, nimmt man oft gar nicht wahr, weil so viele Eindrücke auf einen zukommen. Inzwischen gibt es schon wieder Gegentrends: Nike versucht beispielsweise mit Erlebnisshops eine »natürliche« Umgebung mit freundlichen Farben, Pflanzen und plätscherndem Wasser zu schaffen. Poppig und grell zieht nicht mehr.

(+) Plus: Warum findet man sich auf Bahnhöfen und Flughäfen manchmal so schwer zurecht?

Strassl: Zielleitung im öffentlichen Raum kann man mittels Eye Tracking sehr gut testen. Wie finde ich mein Gate, das WC, den Ticketautomaten, die Anzeigetafel? Das muss auch für Menschen verständlich sein, die unser Alphabet nicht beherrschen. Natürlich wollen auch viele Menschen etwas einkaufen, aber das sind Nebensächlichkeiten. Wir werden leider oft erst im Nachhinein herangezogen, wenn etwas nicht gut funktioniert. Aber bauliche Veränderungen sind später immer sehr schwierig.

Kunz: Auftraggeber haben oft finanzielle Eigeninteressen, die man berücksichtigen muss. Wir sehen uns aber immer auch als Anwälte der Benutzerinnen und Benutzer – egal ob es ein Kunde ist, der in ein Geschäft geht, oder ein Mitarbeiter, der eine Software anwendet.

(+) Plus: Wohin geht die technische Entwicklung?

Strassl: Second Screen ist ein großes Thema. Vor allem junge Leute schauen ja nicht nur fern, sondern benützen nebenbei auch ein Notebook oder ein Handy. Mit Mobile Eye Tracking kann man aufzeichnen, wie stark die Interaktion mit dem zweiten Screen ist. Wie stark wird man abgelenkt, welche Zusatzinformationen zu einem Film sind gewünscht? Nützt es, passende TV-Werbung zu schalten? Es wird auch Steuerungssysteme geben, die bereits im Fernseher oder Computer integriert sind. Man muss dann nicht mehr die Maus oder die Fernbedienung angreifen, sondern kann den Bildschirm mit den Augen steuern. Das geht sogar im Dunkeln.

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