Ein Land, das immer wieder zur Rückkehr verführt. Das Vipava-Tal versteckt sich hinter der Küste Sloweniens – ist es erst einmal entdeckt, entwickeln wir blühende Beziehungen zu üppigen Wiesen, wanderbaren Bergen, genialen Restaurants und authentischen Weinen.
Von Werner Ringhofer
Als Veronika zu sterben versucht, schickt Paulo Coelho seine Romanheldin nach Laibach, denn »niemand weiß, wo Slowenien liegt«. Da übertreibt der Bestsellerautor wohl. Aber eine Schönheit vom Lande wie das Vipava-Tal liegt noch immer im Schatten der slowenischen Küste, die Schmuckstücke wie Piran und Portoroz in die Auslage stellt. Zu Unrecht, denn die über 30 Kilometer zwischen Gorizia und der Autobahn Laibach-Triest haben eine schillernde Vielfalt zu bieten. »Ist diese Landschaft ein wohl durchdachter Plan oder ein Mosaik von wunderbaren Zufällen? Auf jeden Fall ist sie ein Anziehungspunkt, der zur Rückkehr verführt«, zitiert Spitzenwinzer Miha Batič gerne einen Dichter. In einem Reisepass hätte das Vipava-Tal unter »Besondere Eigenschaften« wohl Folgendes stehen: blühende Kirschbäume, kühn geschwungene Weinberge, die grün schimmernde Soča, feurig orange und gelb leuchtende Herbstwälder auf den nahen Bergketten.
>> Land der Extreme <<
Die Naturkräfte im Vipava-Tal sind die Essenz, lebensspendend, aber auch unbarmherzig. Die überreichliche Sonne kann das Tal im Sommer geißeln, gleichzeitig entlockt sie Weintrauben und Obst feinste Aromen. Über allem regiert aber die Bora oder Burja, wie sie hier genannt wird. 212 km/h wurden bereits gemessen, nicht umsonst stehen auf einigen Straßen große Anzeigentafeln mit der Windgeschwindigkeit. Die Burja soll sogar die Schlacht zwischen den römischen Kaisern Theodosius und Eugenius am Hubelj-Fluss 394 entschieden haben. Der Wind habe die Pfeile der Bogenschützen von Eugenius abgelenkt.
Im Nanos-Gebirge baut sich die Burja auf. »Hier treffen Meeres- und Kontinentalklima aufeinander«, erzählt Božo Jež vom Biobauernhof Abram. Wegen dieser Klimamischung gilt das Vipava-Tal als europäisches Paradies für Paraglider. Fegt der Fallwind mit voller Kraft, kommt das Leben allerdings zum Erliegen. Geschäfte und Schulen bleiben geschlossen, denn alles, was nicht befestigt ist, fliegt davon. »Die Burja ist aber nicht nur ein Feind«, meint Winzer Martin Krapež, »sie reinigt und vertreibt die Schädlinge, deshalb müssen wir keine Pestizide spritzen.«
Das Vipava-Tal ist Seelenbalsam, ein Vehikel zum Herumgondeln zu kleinen Orten mit hinreißenden Ein- und Ausblicken. Etwa in Vipava, das mit seinen Brücken als Klein-Venedig gilt, oder in Goče, wo sich rote Rosen aus den grauen Wänden der kleinen Steinhäuser zwängen. Aus Schutz vor der Burja rücken sie so eng zusammen, dass sich ein Mittelklassewagen nur mit Präzisionsarbeit durch die Gassen quetschen kann. Im Winzerdorf Podnanos liegt uns das Tal mit seinem schachbrettartigen Muster von kaffeebraunen Feldern und bunten Blumenwiesen zu Füßen. Und in Vipavski Križ beginnt eine Zeitreise ins Mittelalter. Leuchtend weiße Häuser mit roten Dächern thronen auf einem Hügel.
>> Naturweine <<
Die Zeit lässt sich hier Zeit. Etwa bei den Weinen, die sich in aller Ruhe auf ihren Auftritt vorbereiten. Spitzenwinzer wie Miha und Ivan Batič, Valter Mlečnik oder Primož und Mitja Lavrenčič vom Weingut Sutor gönnen ihren Rebsäften lange Reifezeit, kein Rütteln, kein Schütteln, keine Filtration – Natur pur. »Ich beobachte den Wein nur und versuche, ihn so wenig wie möglich zu beeinflussen«, erklärt Primož Lavrenčič. Miha Batič richtet sich bei der Flaschenfüllung sogar nach den Mondphasen. »Manche sagen, der Mond hat keinen Einfluss. Wenn man mit Chemie arbeitet, stimmt das, bei natürlichen Weinen erlebt man eine neue Geschmacksdimension.«
Besonders nett lassen sich die Weine im Pri Lojzetu in Schloss Zemono schlürfen. Betreiber Tomaž Kavcic gilt als eine Art genialer Gandalf. Auf der romantischen Terrasse dinieren wir umgeben von sattgrünen Bergen, die dahinter verschwindende Abendsonne zeichnet einen Heiligenschein. Ein Lolli aus Nanos-Käse, rohe Scampi mit Luft aus Brennnesseln und Cremen von Wacholderbeeren und Paprika werden serviert, dann Limoneneis mit Gin-Tonic-Gelatine und waberndem Stickstoffnebel mit Wacholderduft.
Wer es uriger will, schlemmt in den touristischen Bauernhöfen mit heimeligen Zimmern, hausgemachtem Prosciutto, Käse und feiner Hausmannskost. Etwa im Sinj Vrh mit eigenem Lammfleisch oder im Arkade mit einer Suppe aus wildem Knoblauch. Ob Chefin Silva Cigoj eine Slow-Food-Köchin ist? »Wieso Slow Food? Wir haben schon immer so gekocht.«
VIPAVATAL INFO
>Tourismusinfo und Vinothek. 45 Winzer zu Ab-Hof-Preisen. Glavni trg 1, 5271 Vipava,
+386 (0)5 36 87 040, www.vipavska-dolina.si
>Hiša posebne Sorte. Modernes Haus inmitten pittoresker Natur. Gutes Restaurant. DZ ab 60 Euro. Kodreti 15, 6222 Štanjel, +386 (0)5 76 90 000, www.sorta.si
>Arkade. Idyllischer Gutshof, kleine Gerichte, hausgemachter Prosciutto. DZ 60 Euro. 5262 Crnice 91, +386 (0)5 36 44 770, www.arkade-cigoj.com, R.: Mo.–Mi.
>Sinj Vrh. Blick bis zur Adria, Kunst an den Wänden. Ausgezeichnete Hausmannskost, Fleisch vom eigenen Hof. DZ ab 35 Euro mit HP. Kovk 19a,
5273 Col, +386 (0)5 36 49 608, R.: Mo., Di.
>Dam. Kreative mediterrane Spitzenküche. Ulica Vinka Vodopivca 24, Kromberk, 5000 Nova Gorica, +386 (0)5 33 31 147, www.restavracija-dam.si, R.: So.
>Pri Lojzetu. Top-Restaurant im Schloss, moderne Fischküche. Dvorec Zemono, 5271 Vipava, +386 (0)5 36 87 007, www.prilojzetu.com, R.: Mo., Di.
>Majerija. Neu interpretierte Traditionsgerichte in romantischer Meierei. Guter Weinkeller. Slap 18, 5271 Vipava, +386 (0)5 36 85 010, www.majerija.si, R.: Mo.–Do.
>Pikol. Eines der Top-Fischlokale in Slowenien. Vipavska 94, Rožna dolina, 5000 Nova Gorica, +386 (0)5 30 22 562, www.pikol.si, R.: Di., Mi., Sa.mittags
Gostilna Žeja. Ausgezeichnete Fischküche, zarte Fiorentina-Steaks. Ozeljan 32/i, 5261 Šempas, +386 (0)5 30 88 459,
>Batic. Bioweine, Tipp: Cabernet Franc. 5261 Šempas 130, (05) 30 88 676, www.batic.si
>Mlecnik. Spitzenweine ohne Temperaturkontrolle, Chemie und Filtration. Bukovica 31, 5293 Volcja Draga, +386 (0)5 39 55 323
>Sutor. Mitja Lavrencic gilt als Nummer eins im Vipava-Tal. Podraga 30, 5272 Podnanos,
+386 (0)5 36 69 367, www.sutor.si
>Burja. Mitjas Bruder Primož Lavrencic machte sich selbstständig. Hervorragende Bioweine. Podgric 12, 5272 Podnanos, +386 (0)41 363 272, www.burjaestate.com