Der Kapitalmarktausblick des Bankhaus Spängler für das vierte Quartal 2024 wirft ein Licht auf die derzeitige ungewöhnliche Situation an den Märkten. „Es ist schon ein seltsames Marktumfeld“, so Nils Kottke, Vorstandsmitglied des Bankhaus Spängler. „Einerseits gibt es große Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung, andererseits erreichen uns laufend Jubelmeldungen über neue Höchststände an den Kapitalmärkten.“ Tatsächlich zeigen zentrale Indikatoren, dass der globale Konjunkturmotor ins Stocken geraten ist – vor allem in Europa und den USA.
Unsichere Konjunkturaussichten
Der Industriesektor befindet sich laut Markus Dürnberger, Bereichsleiter Asset Management bei Spängler, in einem Stimmungstief. Einkaufsmanagerindizes in Europa und den USA deuten klar darauf hin. Auch China kämpft mit einer Abkühlung der Wirtschaft, während das Ziel, den Binnenmarkt zu stärken, bislang nicht erreicht wurde. Ein weiteres Indiz: Die rückläufigen Exporte Deutschlands nach China.
Inflation auf dem Rückzug, Zinssenkungen erwartet
Die Inflation nähert sich in den USA und der Eurozone dem von den Notenbanken angestrebten Zwei-Prozent-Ziel, das allerdings erst 2025 erreicht werden dürfte. „Sowohl die EZB als auch die Fed haben bereits Zinsen gesenkt und der Markt rechnet mit weiteren Schritten“, erklärt Kottke. In der Eurozone könnte der Leitzins bis Ende 2024 auf 3,15 Prozent sinken, mit einer weiteren Reduktion auf 2 Prozent bis September 2025. Ähnliche Entwicklungen werden für die USA erwartet.
Aktienmärkte trotzen den Krisen
Trotz der weltweiten Konjunktursorgen glänzen die Aktienmärkte weiter. „Getrieben von Technologiekonzernen verzeichnen wir in den USA ein Plus von 18 Prozent seit Jahresbeginn. Auch Europa kann mit einer Performance von 7,4 Prozent punkten“, sagt Dürnberger. In Asien gibt es eine moderate Erholung, während der chinesische Markt die japanischen Börsen in den letzten Wochen teils überflügelte.
US-Aktien überbewertet? Potenzial bleibt
Obwohl einige Investor:innen den US-Markt für überbewertet halten, sieht Dürnberger noch Chancen: „Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist hoch, doch es gibt Sektoren mit Aufholpotenzial, und die Gewinnerwartungen der Unternehmen sind weiterhin robust.“ Zudem zeige sich im dritten Quartal eine breitere Sektorenentwicklung, besonders in den Bereichen Versorger, Immobilien und Industrie, während der Energiesektor schwächelt.
Das Bankhaus Spängler bleibt in seinem Basisszenario optimistisch und rechnet nicht mit einer globalen Rezession, sondern mit moderatem Wachstum, vor allem in den USA. „Wir sehen weitere Zinssenkungen und moderate Gewinnerwartungen“, so Dürnberger. Dennoch sei Vorsicht geboten: „Die Industrie in Europa steckt in einer Rezession, und geopolitische Spannungen sowie die steigende Staatsverschuldung sind Risikofaktoren.“ Trotz der Herausforderungen bleibt die Strategie des Bankhauses neutral gewichtet – zu vorsichtig, um in Euphorie zu verfallen, aber bereit, von möglichen Marktanstiegen zu profitieren.