Donnerstag, April 25, 2024
Die große Umfrage: Krieg in der Ukraine

Der russische Angriff auf die Ukraine zieht nicht nur eine humanitäre Katastrophe nach sich, sondern hat auch in kurzer Zeit die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen verändert. Österreichische Unternehmen haben in Russland 650 und in der Ukraine 200 Niederlassungen. Schon bisherige Sanktionen kosteten ihnen jährlich rund 400 Millionen Euro an Wertschöpfung. Nun bangen sie um ihre Betriebe und die dort beschäftigten Mitarbeiter*innen. Report(+)PLUS hat bei betroffenen Unternehmern nachgefragt, wie sie in dieser Situation agieren. 


Welche Auswirkungen hat der Krieg für Ihr Unternehmen?

Harald Kogler,
CEO Hirsch Servo AG

Wir haben in der Ukraine zwei Standorte, darunter das Werk in Tscherkassy. Die lokale Geschäftsführung entscheidet von Tag zu Tag gemeinsam mit den rund 80 Mitarbeiter*innen auf freiwilliger Basis, ob die Arbeit fortgesetzt werden kann. Das Büro in Kiew ist jedoch sofort zu Kriegsbeginn verlassen worden. Das zweite Werk in Beregovo im Westen des Landes bereitete sich bereits vor dem Angriff auf einen Umzug vor und ist deshalb geschlossen.

Axel Kühner, CEO Greiner AG

Die unternehmerischen Auswirkungen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar. Wir müssen davon ausgehen, dass der Krieg Europa stark verändern wird, politisch, wirtschaftlich und auch kulturell. Kurzfristig rechnen wir nicht mit Auswirkungen, mittelfristig erwarten wir Einschränkungen im Warenverkehr von und nach Russland.

Wie stehen Sie zu den verhängten Sanktionen?

Harald Kogler

Wir haben all unsere Geschäftstätigkeiten mit Kunden aus Russland und Weißrussland sofort eingestellt. Wir sind hier hauptsächlich Lieferant von Maschinen und Anlagen für die styroporverarbeitende Industrie.

Axel Kühner

Wir lehnen Krieg ab. Gewalt ist immer die falsche Antwort. Trotz der russischen Aggression gegen die Ukraine stehen wir zu unseren Standorten in Russland und betrachten sie wie bisher bzw. gerade jetzt als Teil der Greiner-Familie. Wir beschäftigen in Kaliningrad, Vladimir und Noginsk knapp 500 Mitarbeiter*innen, für die wir trotz der täglich erschwerenden Rahmenbedingungen selbstverständlich Verantwortung tragen. Das bedeutet, unseren russischen Mitarbeiter*innen nicht ihre Lebensgrundlage zu entziehen und sie nicht für einen Krieg verantwortlich zu machen, den eine politische Elite zu verantworten hat. Denn die kriegerische Auseinandersetzung steht in weiten Teilen nicht im Einklang mit den Überzeugungen des russischen Volkes.

Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, uns nicht aus Russland zurückziehen. Als Hersteller von Medizin- und Laborprodukten versorgt die Greiner Bio-One die russische Bevölkerung mit für die medizinische Versorgung zum Teil lebensnotwendigen Produkten. In unseren beiden russischen Werken der Sparte Greiner Packaging werden Verpackungen für Lebensmittel produziert. Diese Produkte sind unverzichtbar für die Haltbarkeit, Transportfähigkeit und Hygiene von Nahrungsmitteln und gewinnen gerade in solchen Krisen zusätzlich an Bedeutung. Zum Produktportfolio der Sparte NEVEON zählen neben den Erzeugnissen unseres russischen Schneidebetriebes u. a. Matratzen, ein Alltagsprodukt, für das es in den Notquartieren derzeit einen besonders hohen Bedarf gibt. Soweit das die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bzw. die verhängten Sanktionen erlauben, werden wir auch in Zukunft im bzw. für den russischen Markt produzieren.

Beteiligen Sie sich an humanitären Aktionen?

Harald Kogler

Wir haben als erste Sofortmaßnahme unseren Mitarbeiter* innen in der Ukraine einen zusätzlichen Lohn ausbezahlt, damit diese sich mit Vorräten eindecken können. Weiters unterstützen wir die lokalen Hilfsgütertransporte – sowohl mit Sachspenden, als auch mit der Übernahme von Transportkosten. Aktuell versuchen wir, dass unser Werk in Beregovo für die Verteilung von Hilfsgütern aus Österreich genutzt werden kann.

Axel Kühner

Im Fokus unserer humanitären Maßnahmen stehen Geldspenden und die Lieferung von unmittelbar benötigten Hilfsgütern (Nahrungsmittel, Wasser, Hygieneartikel) in enger Zusammenarbeit mit vor Ort tätigen Hilfsorganisationen. Aus der Produktion der Schaumstoffsparte NEVEON erfolgten Sachspenden in Form von 12.000 Matratzen für Schlafplätze in den Notquartieren des Roten Kreuzes direkt in der Ukraine und in den Grenzgebieten zu Polen und Rumänien. Im engen Austausch mit dem Roten Kreuz wird laufend evaluiert, welche weiteren Produkte aus dem Unternehmensportfolio eine wertvolle Unterstützung leisten können.

Die betroffenen ukrainischen Mitarbeiter*innen, die die Greiner AG an den Standorten in der Ukraine, Polen und Tschechien beschäftigt, werden in intensiver Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz bei allem unterstützt, was derzeit benötigt wird. Dazu zählen unter anderem Hilfe bei der Ausreise aus der Ukraine, Unterstützung bei der Beantragung und Verlängerung von Visa, Unterstützung bei der Nachholung und dem Grenzübertritt von Familienangehörigen, Mobilisierung von Fahrzeugen in den Grenzgebieten, Unterstützung bei der Ankunft nach Grenzübertritt und Zurverfügungstellung von Geldwerten in der Ukraine für den täglichen Bedarf.

Bei Greiner stehen wir für ein friedliches Miteinander und für ein vereintes Europa. Wir lehnen diese Missachtung des Völkerrechts und die Verletzung der Menschenrechte daher zutiefst ab. Wir sind davon überzeugt, dass wir jetzt zusammenhalten müssen. Es ist unsere Verantwortung, den Menschen beizustehen, die es gerade am dringendsten brauchen, und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen.

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