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Gestärkt aus der Krise

Geht es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut, geht es dem Unternehmen gut. Firmen sollten jetzt besonders auf die psychische und physische Gesundheit achten.

Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine Führungsaufgabe. Gerade in herausfordernden Zeiten sollten Führungskräfte besonders aufmerksam sein, was die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anbelangt – und ein offenes Ohr für deren Bedürfnisse und Sorgen haben.

Bild oben: Georg Konjovic, karriere.at: »Das coronabedingte Homeoffice lässt die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit zunehmend verschwimmen.«

Ergonomische Bürosessel, deren Anschaffung durch das neue Homeoffice-Gesetz gefördert wird, betreffen nur einen Teil des Problems. Schwerer wiegt für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die mentale Belastung. In der Abgeschiedenheit geht der soziale Zusammenhalt verloren, dazu kommen Existenzängste infolge von Kurzarbeit oder Kündigungen. Schlafstörungen und Depressionen nehmen laut einer Studie der Donau-Universität Krems signifikant zu.

Auch die Motivation und Leistungsfähigkeit können leiden, wenn eine Videokonferenz die nächste ablöst. Fachleute bezeichnen diesen Erschöpfungszustand bereits als »Zoom-Fatigue«.

Soziale Isolation

Nach mehr als einem Jahr Pandemie stehen positive Effekte wie der Wegfall von Wegzeiten zunehmend negativen Erfahrungen gegenüber. Abhängig von den individuellen Lebensbedingungen – ökonomisch schwächere Familien sind deutlich stärker betroffen – machen zunehmend beengte Wohnverhältnisse, die Betreuung schulpflichtiger Kinder und fehlende Wertschätzung zu schaffen.

Gemeinsame Erfolgserlebnisse und Sinngebung der Arbeit, zwei wesentliche Elemente der Arbeitszufriedenheit, kommen zu kurz. »Soziale Isolation im Homeoffice ist eine ernsthafte psychische Bedrohung«, sagt Gerhard Klicka, Geschäftsführer des Instituts für Betriebliche Gesundheitsförderung (IBG). »Wenn die Rahmenbedingungen bei den Arbeitnehmern passen, gehe ich davon aus, dass aus arbeitspsychologischer Sicht maximal zwei Homeoffice-Tage pro Woche vertretbar sind.«

Bild oben: Gerhard Klicka, IBG: »Ich glaube nicht, dass durch das Virus ein Bewusstsein entwickelt wurde, das Mitarbeitern weniger Stress zumutet.«

Gleichzeitig erzeugt das Gefühl, für die Firma ständig erreichbar sein zu müssen, Stress. Klare Regeln gibt es nur selten – in einer Umfrage des Online-Portals karriere.at anlässlich des Weltgesundheitstages gaben rund 75 Prozent der Befragten an, auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten erreichbar zu sein, 37 Prozent davon immer und jederzeit. »Das coronabedingte Homeoffice lässt die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit zunehmend verschwimmen. Viele Unternehmen haben noch nicht erkannt, dass die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Erfolg des Unternehmens maßgeblich beeinflusst«, warnt Georg Konjovic, CEO von karriere.at.

Die Pandemie habe zwar den Wert von Gesundheit in den Vordergrund gerückt, meint IBG-Geschäftsführer Klicka, allerdings nur hinsichtlich hygienespezifischer Maßnahmen: »Ich glaube nicht, dass durch das Virus ein Bewusstsein entwickelt wurde, das Mitarbeitern weniger Stress zumutet.«

Beziehungsebene

Georg Bauer, Leiter der Forschungsabteilung »Public & Organisational Health« an der Universität Zürich, plädiert für eine stärkere Differenzierung. Während das Arbeitsengagement und die Arbeitszufriedenheit in manchen Gruppen aufgrund der größeren Autonomie zunahm, kamen andere Beschäftigte mit der neuen Situation weniger gut zurecht: »Gerade in dieser Phase sollten auf keinen Fall die Beziehungsebenen im Unternehmen vernachlässigt werden. Wenn die Beziehungsebene stabil ist, kann man sich gegenseitig in der Krisenbewältigung unterstützen und sich als Team stärker als lernende Einheit begreifen.«

Unternehmen, die wissen, wie es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht und sie unterstützen, sind auch als Organisation resilienter und können sogar gestärkt aus der Krise kommen. Betriebe mit hohem Sozialkapital investieren deshalb vorausschauend in Gesundheitsmaßnahmen.

Das schwedische Möbelhaus Ikea legt in Kooperation mit pro mente Austria den Fokus künftig auf die physische und psychische Resilienz der Beschäftigten und deren Familienangehörigen. Diverse Initiativen wie Anti-Stress-Training oder Online-Yoga helfen, Belastungen abzubauen. »Es ist uns wichtig, auch in herausfordernden Zeiten ein sicheres Umfeld, einen gesunden Arbeitsplatz und positive Perspektiven zu bieten«, sagt Katharina Masser, Health & Wellbeing Leader bei IKEA Österreich.

Die neue Sensibilisierungkampagne »R U OK?« soll den offenen Dialog über Probleme anregen und psychische Krankheiten entstigmatisieren. Mithilfe von Gesprächsleitfäden, Infomaterialien und Trainings sowie der internen Thematisierung psychischer Probleme werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu ermutigt, im Team über Belastungen zu sprechen und passende Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Alle Beschäftigten erhalten außerdem mit dem Angebot »Me Day« einen freien Tag zusätzlich, um abzuschalten und sich zu erholen. 


Tipps für den Corona-Alltag

- Versuchen Sie, eine Tagesroutine beizubehalten.
- Achten Sie auf Ihre Gefühle und Bedürfnisse.
- Bewegen Sie sich regelmäßig.
- Ernähren Sie sich gesund.
- Halten Sie Ihren Schlafrhythmus ein.
- Nehmen Sie in Krisensituationen Hilfsangebote wahr.
- Bleiben Sie mit Ihrem sozialen Netzwerk in Verbindung.

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