In den Vorstandsetagen von Österreichs börsennotierten Unternehmen sind Frauen weiterhin selten anzutreffen: Zwar stieg der prozentuelle Anteil der weiblichen Vorstandsmitglieder in den 64 im Wiener Börse Index (WBI) notierten Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr – Stichtag 30. Juli – minimal von 4,5 Prozent auf 4,6 Prozent an. Dieser Zuwachs ist allerdings nicht auf eine größere Zahl von Frauen, sondern auf eine geringere Zahl an Vorstandsposten – vier fielen im letzten Jahr weg – zurückzuführen. Die Anzahl an Frauen in den Vorstandsetagen blieb mit nur neun gleich niedrig wie im Vorjahr. Demgegenüber stehen 187 Männer.
Das sind einige der Ergebnisse einer Analyse der Struktur von Vorständen und Aufsichtsräten der im Wiener Börse Index gelisteten Unternehmen, die die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY jährlich durchführt
Neun von zehn Vorständen sind reine Männerdomänen
Nach wie vor findet sich nur in jedem zehnten (11%) börsennotierten Unternehmen in Österreich überhaupt eine Frau im Vorstand, bei fast 90 Prozent setzt sich der Vorstand ausschließlich aus Männern zusammen. Zumindest die Anzahl an Vorstandsetagen, in denen mehr als eine Frau vertreten ist, ist gestiegen – allerdings nur von eins auf zwei in absoluten Zahlen bzw. von 1,6 Prozent auf 3,1 Prozent.
Elfriede Baumann, Partnerin bei EY Österreich: „Beim Frauenanteil im Top-Management börsennotierter Unternehmen in Österreich gibt es momentan Stillstand statt Aufbruchsstimmung. Frauen sind in den Vorstandsetagen leider weiterhin die Ausnahme. Zweifellos ist das Bewusstsein dafür, wie wichtig Frauen und gemischtgeschlechtliche Führungsteams für den Unternehmenserfolg sind, in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das schlägt sich aber ganz offensichtlich noch immer nicht bei der Besetzung von Vorstandsposten nieder: Neun von zehn Vorständen sind immer noch männliche Monokulturen.“
Baumann ist jedoch zuversichtlich, dass die Unternehmen den Frauenanteil in Zukunft steigern können: „Gemischtgeschlechtliche Führungsteams sind nachweislich erfolgreicher. Viele Unternehmen haben das erkannt und arbeiten daran, systematische Frauenförderung zu etablieren und haben schon bei Neueinstellungen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen im Fokus. Das ist insbesondere wichtig, um bei der geplanten Besetzung von Vorstandsposten bereits innerhalb des Unternehmens ausreichend Auswahl unter qualifizierten Frauen zu haben. Diese Bemühungen werden sich bald auch in einem höheren Frauenanteil widerspiegeln.“
Jedes dritte weibliche Vorstandsmitglied ist CEO
Immerhin drei der insgesamt neun Frauen in Vorstandsetagen leiten das Unternehmen als CEO. Im Vorjahr standen mit Herta Stockbauer von der BKS Bank und Karin Trimmel vom Kräuterlikörhersteller Gurktaler zwei Frauen an der Spitze von im Wiener Börse Index gelisteten Unternehmen, in diesem Jahr kommt mit Elisabeth Stadler, seit 1. Jänner 2016 Vorstandsvorsitzende der Vienna Insurance Group und damit erste Frau an der Spitze eines ATX-Unternehmens, eine dritte hinzu. Ebenfalls drei Frauen verantworten eine Zentralfunktion im Vorstand ihres Unternehmens, zwei – und damit nur halb so viele wie im Vorjahr – stehen dem Finanz-Ressort vor.
Automobilbranche hat höchsten Frauenanteil – stärkster Anstieg in Finanzbranche
Am höchsten ist der Frauenanteil in den Chefetagen derzeit in der Automobilbranche (9%, 2015: 8%), die damit die Immobilienbranche (8%, 2015: 11%) von der Spitze verdrängt. Diese teilt sich den zweiten Platz mit der Finanzbranche: Bei Banken und Versicherungen liegt der Frauenanteil momentan bei acht Prozent – im Vergleich zum Vorjahr (3%) verzeichnet die Finanzbranche damit den stärksten Anstieg. Wie 2015 gibt es heuer immer noch fünf Branchen, in denen keine einzige Frau im Vorstand vertreten ist: Energie, Informationstechnologie, Telekommunikation, Transport & Logistik und „Sonstiges“.
Frauenanteil in Aufsichtsräten steigt leicht an
Deutlich höher ist der Frauenanteil hingegen in den Aufsichtsräten der im Wiener Börse Index notierten Unternehmen: Von insgesamt 591 Aufsichtsratsmitgliedern sind 104 Frauen – damit ist der Anteil weiblicher Aufsichtsräte von 16,3 Prozent auf 17,6 Prozent gestiegen. In zwei von drei Unternehmen (65,6%, 2015: 64%) ist zumindest eine Frau im Aufsichtsrat vertreten, in jedem dritten finden sich hingegen weiterhin ausschließlich Männer. Bei fast der Hälfte (45,3%) sind sogar mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder weiblich – deutlich mehr als im Vorjahr (40,6%).
„Im Gegensatz zu den Vorstandsebenen gibt es beim Frauenanteil in Aufsichtsräten in den letzten Jahren einen eindeutigen Aufwärtstrend. Die aktive Suche nach weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern macht sich bezahlt. Was für Aufsichtsräte gilt, gilt auch für Vorstände: Es gibt genügend qualifizierte Frauen für diese Stellen – und sie sind nicht schwer zu finden, wenn man gezielt sucht“, so Baumann.
Die meisten weiblichen Aufsichtsratsmitglieder finden sich aktuell in der Transport- und Logistikbranche (26%, 2015: 26%), gefolgt von der Finanzbranche (22%, 2015: 21%) und dem Energiesektor (20%, 2015: 19%). Den größten Anstieg gab es in der Konsumgüterbranche, wo mittlerweile 17 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder Frauen sind – im Vorjahr lag der Anteil bei zwölf Prozent. Besonders niedrig ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten weiterhin in der Automobilbranche (7%, 2015: 7%).
In eigener Sache: Frauenanteil bei EY
Mit Stichtag 31. August 2016 waren von den 37 Partnern von EY Österreich elf Frauen – das entspricht einem Anteil von 29,7 Prozent. Auf Management-Ebene liegt der Frauenanteil aktuell bei 39,1 Prozent. EY möchte den Frauenanteil auf Führungsebene weiter systematisch vergrößern und baut dabei auf Programme, die teilweise bereits seit mehreren Jahren schon bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansetzen. Der Frauenanteil in der gesamten Belegschaft von EY Österreich liegt momentan bei 57,1 Prozent.