Freitag, März 29, 2024

Wer Neues wagt, stärkt seine psychische Widerstandskraft. Psychologen sprechen dann von einer Stressimpfung. Psyche und Wohlbefinden sind aber vor allem auf den regelmäßigen Stressabbau angewiesen. Auf den gilt es bereits während und nicht erst nach dem Arbeitstag zu achten.

Im Sommer habe ich eine Kajakwoche in Tirol genossen. In unserer Gruppe waren auch drei Manager aus Deutschland. Kajaken war für alle drei etwas Neues. Gerade diese wackelig-feuchte Herausforderung war für die drei ausschlaggebend, sich den Tiroler Flüssen zu stellen. »Wir haben uns für das Kajakfahren entschieden, weil es etwas völlig anderes ist«, so einer der Manager. Damit haben sie bewusst oder auch unbewusst eine wichtige Maßnahme für ihr Stresslevel gesetzt. »Neues zu erleben, ist immer gut für das Gehirn. Ich verlasse die Komfortzone und begebe mich in ungewohnte Situationen.

Dadurch wird Stresskompetenz aufgebaut und erweitert. Je öfter ich so etwas mache, desto besser entwickelt sich meine Resilienz – die psychische Widerstandskraft im Leben«, informiert Stresscoach Brigitte Zadrobilek. Dasselbe gilt auch für Aktivitäten im Alpinklettergarten, Canyoning, Gleitschirmflüge oder Tandemfallschirmspringen. Entscheidend war für die Kajak-Frischlinge auch das Teamerlebnis und die Gruppendynamik. Beim Kajakfahren ist jeder für den anderen verantwortlich. Noch stärker ist das beim Rafting ausgeprägt. Hier kommt es auf jeden Einzelnen an, nur gemeinsam lässt sich der Weg meistern. »Jeder trägt Verantwortung«, weiß Zadrobilek aus eigener Erfahrung. Das schweißt sehr gut zusammen. Ähnliche Auswirkung haben gemeinsame Kletteraktivitäten, Stichwort Sicherung der Kollegen.

Abschalten

Aus der Komfortzone herauszugehen ist wichtig. Der Stress ist damit laut Zadrobilek aber nicht wirklich abgebaut. »Einzelerlebnisse bilden eher einen Funfaktor.« Für den Alltag sollte geordnete Entschleunigung das Thema sein und bereits während des gesamten Tages muss auf die Selbstfürsorge geachtet werden. Ihr Appell: Stressabbau muss beginnen, wenn er entsteht – nicht erst am Ende des Tages oder am Wochenende. »Das ist ein eklatanter Fehler, den viele machen.

Die Gehirnfrequenzen steigen im Laufe des Tages. Durch Mikropausen und sogenannte Good-Mood-Übungen gilt es, Spitzen zu vermeiden. Man kann sich im Sessel zurücklehnen, kurz die Augen schließen und einen Kurzurlaub mit der Kraft der Gedanken machen. Die Kraft des Urlaubes nimmt man damit zurück in den Alltag«, erklärt Zadrobilek. Einen kurzen Gedankenstopp einzulegen, wenn sich Hektik anbahnt, ist ebenso empfehlenswert. »Dafür konzentriere ich mich etwa bewusst für eine Minute auf die Atmung, öffne Fenster und tanke Frischluft. Ich kann mich auch zurücklehnen und an die heutigen Moments of Excellence denken, etwa: was ist mir heute schon alles gelungen«, nennt sie einige der Good-Mood-Übungen. Damit stimmt man sich positiv und motiviert sich für die nächsten Arbeitsstunden.

Öfter aufzustehen ist eine gute Möglichkeit abzuschalten und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Dafür braucht es keine Planung und keinen Ortswechsel, erforderlich ist nur gutes Zeitmanagement. Mikropausen dauern von ein paar Sekunden bis zu ein, zwei Minuten. »Diese Zeit hat jeder. Das ist eine Eigenverantwortung, die keiner abgeben darf«, meint Zadrobilek. Für geistige und körperliche Entspannung sorgen all jene Aktivitäten, die regelmäßig erfolgen und die ohne langes Nachdenken durchgeführt werden können, etwa langsames Laufen, moderates Radfahren und Schwimmen.

Ideal sind Ausdauersportarten und Übungsformen, die langsame, gleichmäßige Bewegungen mit konzentriertem Atmen verbinden. Beim Schwimmen zählt v.a. die synchrone Bewegung. Regelmäßiges Entspannungstraining wie Yoga, Progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Meditation helfen am Weg zur Gelassenheit, aber auch Wellnessanwendungen oder ein heißes Bad sind sehr entspannend. Bogenschießen und Tanzen eignen sich ebenso zum Abschalten.

Fehler beim Abschalten

Ist der innere Spannungspegel sehr hoch, wird es für die meisten Menschen schwer, Momente der Ruhe zu ertragen. Sie lenken sich ständig ab, um diese unangenehme innere Unruhe nicht zu spüren. Laut Stresscoach bringt es in dieser Situation nichts, auf dem Sofa zu liegen und auf Entspannung zu warten. Statt Ruhe und Entspannung zu empfinden, rasen die Gedanken vielfach weiter, kreisen um Ärgerliches und verpasste Chancen, um die Sorgen von morgen. Legt man den Fokus dagegen auf Körperwahrnehmung und Atmung, erleichtert das den Einstieg in die Entspannung, weil sofort ein Effekt einsetzt.

Sportliche Aktivitäten dürfen aber nicht zu spät abends erfolgen. Der Körper kann sonst nicht regenerieren. Die Körperfunktionen sind hochgefahren, Adrenalin und das Wachhormon Cortisol sind ausgeschüttet. Das verhindert das Herunterfahren. Ein weiterer Fehler: Je stressiger der Arbeitstag war, desto mehr Entschleunigung wird benötigt. Auspowern wie Squash, 30 Kilometer mit dem Mountainbike zu fahren oder mit Zeitlimits zehn Kilometer Joggen helfen nicht.

Damit wird noch mehr Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, das bewirkt das Gegenteil von Entschleunigung. Angesagt ist moderate Bewegung, d.h. Spazieren, Nordic Walking, Wandern, Skilanglauf, langsames  Laufen, gemäßigt Radfahren oder Rudern ohne Druck und Wettkampfcharakter. Bei Yoga und Qigong werden gezielt bestimmte Muskelgruppen sanft gedehnt und gleichzeitig gekräftigt. Die muskuläre Entspannung ist spürbar und entlastet den Übenden unmittelbar.

Ungebunden

Wichtig laut Brigitte Zadrobilek: Die Aktivitäten müssen auch ohne Planung und Organisation durchgeführt werden können. »Mit einmal so zwischendurch ist es nicht getan.« Besonders gut eignen sich alle Aktivitäten in der freien Natur. Weitere Möglichkeiten für geistige Regeneration: »Brain-Moves, das sind einfache und amüsante Gehirnjogging-Übungen, sowie Brain-Relax.« In Seminaren und Vorträgen bietet Zadrobilek auch Unternehmern einen umfassenden Einblick in Brainfitness zur Förderung von gesunder Leistungsfähigkeit.

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