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Erich Frommwald, Geschäftsführer der Kirchdorfer Gruppe, über den Rettungsanker Tiefbau, spektakuläre Akquisitionen und warum die Politik zu schnell auf die Krise reagiert hat.

(+) plus: 2008 meldete die Kirchdorfer Gruppe einen Umsatz von rund 190 Millionen Euro. Im September 2009 wurden für das laufende Geschäftsjahr ähnliche Zahlen angekündigt. Werden Sie das Vorjahresniveau halten können?
Erich Frommwald: Die Umsatzentwicklung 2009 ist nach Plan verlaufen. Vor allem der Herbst hat sich sehr positiv entwickelt. Wir werden unsere Ziele sowohl umsatz- als auch ertragsseitig erreichen.

(+) plus: Die Kirchdorfer Gruppe hat die Krise also vorläufig ganz gut überstanden?
Frommwald: Das liegt daran, dass wir als Gruppe sehr breit aufgestellt sind. Punktuell hat die Krise aber schon sehr heftig zugeschlagen. Da sind ganze Märkte wie etwa der Industriebau völlig eingebrochen. Zwei unserer Firmen, eine in Österreich, eine in Tschechien, die auf dieses Segment spezialisiert sind, verzeichneten Umsatzrückgänge von bis zu 50 %. Auch in Südosteuropa haben wir die Krise deutlich zu spüren bekommen. In Bulgarien und Rumänien ist die Bautätigkeit von einem Tag auf den anderen praktisch eingestellt worden. Da sind unsere Umsätze um 60 bis 70 % zurückgegangen. Andere Bereiche haben sich aber sehr positiv entwickelt. Wir sind als Gruppe auch eher für eine Krisensituation als für eine Boomphase aufgestellt. Denn unsere Schwerpunkte wie Schienen- und Straßenbau leben von öffentlichen Auftraggebern.

(+) plus: Das positive Jahresergebnis ist also in erster Linie auf den Tiefbau zurückzuführen.
Frommwald: Ganz genau. Sowohl national als auch international hat der Tiefbau für gute Ergebnisse gesorgt. Die Auslastung ist in diesem Bereich sehr gut. Gegenüber 2008 verzeichnen wir sogar ein deutliches Wachstum. Das liegt zumindest zum Teil auch an der Euro 2008. Zahlreiche Bauvorhaben wurden verschoben und so sind wir unter unseren Erwartungen geblieben. Das haben wir heuer wieder aufgeholt.

(+) plus: Weite Teile der angekündigten Konjunkturpakete werden voraussichtlich erst 2010 greifen. Als Kirchdorfer Gruppe profitieren Sie von einer investitionsfreudigen öffentlichen Hand. Können Sie beruhigt in das Jahr 2010 gehen?
Frommwald: Ich glaube nicht, dass 2010 in Sachen Infrastrukturmaßnahmen besser wird als 2009. Im Bereich Straßenbau sehe ich kaum Bewegung. 2009 gab es in Oberösterreich mit der Erneuerung der Autobahndecke zwischen Regau und Seewalchen ein großes Baulos, für 2010 gibt es keine einzige Autobahndecke. Deshalb budgetieren wir im Zementbereich auch mit einem deutlichen Rückgang von bis zu 15 %.

(+) plus: Wie sind die Erwartungen an die gesamte Gruppe?
Frommwald: Die Gruppe wird 2010 wachsen, und zwar durch einen Zukauf im Hochbau-Bereich. Wir übernehmen die Firma Katzenberger Beton- und Fertigteilwerke GmbH in Gerasdorf bei Wien. Damit sollten wir auch im nächsten Jahr die Umsätze von heuer erreichen.

(+) plus: Wie wird diese Übernahme finanziert? Viele Banken zieren sich ja derzeit etwas.
Frommwald: Wir haben eine gute Eigenkapitalausstattung. Dadurch ist es für uns kein Problem, frisches Geld aufzustellen. Wir haben ein sehr gutes Rating bei den Banken.

(+) plus: Welche Erwartungen haben Sie über 2010 hinaus?
Frommwald: Ich bin für 2011 und darüber hinaus skeptischer als für das Jahr 2010, und zwar wegen der budgetären Situation der Gemeinden. Man darf nicht vergessen, dass die Kommunen sehr wichtige Investoren sind. Wenn jetzt ein Viertel der Gemeinden in den roten Zahlen ist, dann fehlt natürlich Geld für Bautätigkeiten. Und das wird die gesamte Baubranche zu spüren bekommen.

(+) plus: Wie kann man dieser Entwicklung entgegensteuern?
Frommwald: Durch das, was ohnehin immer gefordert wird: Es braucht weitreichende Verwaltungs- und Gesundheitsreformen. Damit könnte man einige Milliarden Euro einsparen und anderweitig sinnvoll investieren. Es stellt sich allerdings die Frage, wie lange es dauert, bis die Reformen tatsächlich greifen. Noch werden sie ja nicht einmal in Angriff genommen. Auch wenn es derzeit noch niemand aussprechen will, aber kurzfristig wird es einnahmenseitige Aktionen zur Konsolidierung des Budgets geben müssen.

(+) plus: Wie bewerten Sie die Reaktion der Politik im Angesicht der Krise?
Frommwald: Im Großen und Ganzen hat die Politik gut reagiert. Die Kritik, dass vieles zu lange gedauert hat, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Vor allem in Oberösterreich ist vieles sogar zu schnell gegangen. Da hatten wir teilweise sogar eine überhitzte Situation. Die Auslastung durch Aufträge aus 2008 war im ersten Halbjahr noch sehr gut. Da hätte man das eine oder andere Neuprojekt noch im Talon lassen können. Denn 2010 werden uns diese Projekte sicher fehlen.

(+) plus: Thema CO2-Zertifikate: Ab 2012 ist Schluss mit der Gratiszuteilung, dann müssen die Zertifikate ersteigert werden. Welche Auswirkungen erwarten Sie auf Ihr Unternehmen, auf die Branche und den Standort Österreich?
Frommwald: Vieles wird davon abhängen, wie die zukünftigen Klimaschutzziele konkret aussehen werden. Mit einer Reduktion von 20 % werden wir als Kirchdorfer Gruppe leben können. Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass die weltweite Zementnachfrage wieder ansteigen wird.

(+) plus: Außerhalb Europas geht man mit dem CO2-Thema deutlich entspannter um. Haben Sie Expansions- und Abwanderungspläne in der Schublade?
Frommwald: Wenn das CO2-Regime zu streng wird, dann wird es andere Alternativen geben müssen. Wir werden sicher nicht irgendwo ein Zementwerk bauen, aber Kooperationen sind langfristig natürlich ein Thema.

(+) plus: Einige Änderungen hat es auch bei der Fertighaus-Tochter Maba gegeben. Seit September treten die Marken »Egohaus« und »Liaporhaus« unter dem Namen »MABA Haus – massiv bauen« auf. Wie hat sich das Fertighausgeschäft 2009 entwickelt?
Frommwald: Die Krise hat auch hier ihre Spuren hinterlassen. Im Highend-Bereich konnten wir das Vorjahresniveau halten. Verluste gab es vor allem in der mittleren und unteren Preisklasse und im Projektgeschäft. Da macht sich auch der verspätete Baubeginn 2009 durch den strengen Winter bemerkbar.

(+) plus: Gibt es schon Auswirkungen der neuen Monobrand-Strategie?
Frommwald: Der Monobrand in Kombination mit den verschiedenen Varianten kommt beim Konsumenten sehr gut an. Individualität ist auch im Fertighausbereich gefragter denn je. Das ist natürlich auch teurer, aber wer Geld hat, der investiert jetzt. Denn so billig wie jetzt wird man nicht mehr an Geld kommen.

(+) plus: Mit welchen Erwartungen geht Maba ins Jahr 2010?
Frommwald: Wir gehen mit einem großen Umsatzpolster ins neue Jahr. Damit sollten die Umsätze zumindest das Niveau von 2009 erreichen.

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