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Programmieren ohne Coding: Software nach Do-it-yourself-Prinzip
Thomas Riedl, Managing Director bei Nagarro: "rechtzeitig einen Vorsprung verschaffen."

Mangel an Software-Expertise, wohin man blickt. Werkzeuge für RPA, Low Code und No Code versprechen Abhilfe. Ohne umfangreiche Programmierkenntnisse kann man mit Hilfe algorithmischer Systeme und Plattformen die Software-Entwicklung künftig den Fachabteilungen überlassen. Lohnt sich die nähere Betrachtung? Einige Aspekte sollte man beim neuen Trendthema bedenken. Ein Gastkommentar von Thomas Riedl, Managing Director bei Nagarro

Die Idee ist ausgesprochen verlockend: Formulare und andere Anwendungen per Knopfdruck erstellen, Daten automatisch bereinigen, Informationen aus verschiedenen Quellen zusammenführen, ohne in SAP einzugreifen. Nachdem Unternehmen seit vielen Jahren um gute Leute für ihre Software-Entwicklung kämpfen, versprechen Robotic-Process- Automation (RPA) und Low-Code-Lösungen Erleichterung.

Was die technisch unterschiedlichen Lösungen eint, ist ihr Zweck: Beide ermöglichen die Realisierung von Software-Anwendungen, ohne die IT zu strapazieren oder Programmierkenntnisse vorauszusetzen. Jede*r, die bzw. der den Prozess kennt, kann ihn auch in Software umsetzen.

Bei Low Coding wird über grafische Benutzeroberflächen gearbeitet, RPA ist über diverse Plattformen zu beziehen. Auf diesem Wege wird nicht nur der Ressourcenmangel überbrückt, sondern auch Kosten reduziert – ein Pluspunkt für die immer umfangreicheren Infrastrukturen von Unternehmen. Gibt es in dieser neuen Welt das Nadelöhr IT für Entwicklungsprojekte also nicht mehr?

Vernünftige Plattformen verfügbar
Was die Tragfähigkeit der am Markt befindlichen Lösungen anbelangt, können wir bei Nagarro von guten Ergebnissen z.B. mit UI Path und Automation Anywhere berichten. Auch Kundenprojekte wurden bereits umgesetzt. Mit Hilfe der RPA-Plattform Simplifier konnten etwa ein globales Reporting und eine Formular-Applikation für ein österreichisches Maschinenbau-Unternehmen in sehr kurzer Zeit realisiert werden. Wobei es Sinn macht, sich Unterstützung zu holen, sind die geeignete Auswahl der Plattform, deren Einrichtung und das Produkt-Design. Noch gibt es einige Herausforderungen im Zusammenhang mit RPA und Low-Code-Lösungen zu bedenken.

Einiges vorher klären
Ich empfehle, im Vorfeld unbedingt Compliance- und Governance-Fragen zu klären. Wenn jede*r problemlos Anwendungen erstellen kann, sind Transparenz und Nachvollziehbarkeit gefordert. Auch Eskalationen und Wartungsfragen sollte die IT im eigenen Interesse regeln, um neue Stauzonen zu vermeiden.

Ein weiterer Punkt ist die Architektur. Schon aus Security-Gründen werden RPA und Low-Code-Lösungen nicht allzu stark mit der IT verknüpft, sondern über Schnittstellen verbunden. Im Vorfeld sollte man prüfen, ob bzw. welche Schnittstellen verfügbar sind und wie es um Lizenzkosten bestellt ist. Hier lauert eine Kostenfalle! Fachabteilungen können die undurchsichtigen Lizenzmodelle, die in der Cloud laufen, oftmals nur schwer beurteilen, geschweige denn budgetieren – hierfür lohnt sich eine fachliche Konzeption zur Auslastungs- und Kostenkontrolle.

Auch eine Schulung der Mit-arbeiter*innen ist sehr zu empfehlen. Aktuell sträuben sich nach unserer Beobachtung die Fachabteilungen noch gegen die neue Programmierfreiheit. Hier muss die IT erst werben, entsprechende Hilfestellungen bieten und Rahmenbedingungen schaffen, bevor eine Entlastung in Sicht ist.

Momentan stehen wir am Anfang der RPA- und Low-Code-Bewegung, aber ich bin überzeugt: Sobald die Plattformen den nächsten Reifegrad erreichen, werden wir einen wahren Boom erleben. Wer sich rechtzeitig mit Anwendbarkeit und Guidelines beschäftigt, kann sich einen wertvollen Vorsprung verschaffen.

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