Freitag, März 29, 2024
"Massen an Daten mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr bewältigbar"
Foto: Oracle

Für Martin Winkler, Country Manager des Cloud-Anbieters Oracle, sind zwei Dinge fix: IT-Anwendungen wandern weiter in die Wolke und Unternehmen werden hierzu auf vollautomatisierte Prozesse setzen müssen.

(+) plus: Die IT-Infrastruktur in Unternehmen wandert zunehmend in große Rechenzentren und wird aus der »Wolke« heraus geliefert. Wie ist dazu Oracle positioniert?

Martin Winkler: Wir haben vor Jahren bereits einen klaren Weg als Cloud-Provider eingeschlagen und sind damit sehr erfolgreich. Unsere Cloud ist für den Einsatz von unternehmenskritischen, hochsicheren Applikationen gebaut. Auch im ERP-Umfeld und im Datenbankbereich mit kritischen Daten und Unternehmensprozessen sind wir typischerweise in Rechenzentren zu finden. Diese Strategie und dieses Mindset übernehmen wir auch in die Cloud.

Unser Anspruch ist, IT in der Cloud noch sicherer zu machen, als es bei den Unternehmen im eigenen Haus wäre. Die Kunden werden dadurch auch in der Skalierung ihrer IT-Ressourcen flexibler – sowohl nach oben als auch nach unten. Die Basis für das Cloudgeschäft haben wir mit mittlerweile 35 eigenen Rechenzentren weltweit, davon einige in Europa – etwa in München und in Frankfurt. Letzten September wurde unserer modernster Standort in Zürich eröffnet.

(+) plus: Gilt nach wie vor: IT-Infrastruktur in der Cloud ist nicht billiger, aber flexibler und sicherer?

Winkler: Die IT-Kosten werden damit zumindest besser planbar. Der »Pay-as-you-use«-Ansatz wird bei uns wirklich durchgezogen: Auf Knopfdruck können Ressourcen – Speicherkapazitäten oder CPUs etwa – hinauf- und auch wieder hinuntergeschaltet werden. Das passiert hochautomatisiert und die Verrechnung erfolgt entlang dieser Nutzung. Und ja, die Datenbank war immer schon der sicherste Ort für Daten, das gleiche gilt jetzt auch für die Cloud. Oracle hat dazu vor kurzem ein Redesign seiner Infrastructure-as-a-Service vorgestellt, die als Oracle-Cloud-Infrastructure-Platform verfügbar ist und von den Kunden gut angenommen wird.

(+) plus: Das laufende Datenwachstum ist eine große Herausforderung für Unternehmen. Wie ist dies auf Dauer überhaupt bewältigbar?

Winkler: Die Digitalisierung mit all ihren wunderbaren neuen Lösungen treibt das Datenwachstum auf die Spitze. Es ist ein explosionsartiges Vermehren von digitalen Informationen auf unserem Planeten. Dabei können wir uns gar nicht vorstellen, wo das enden wird. Ein Beispiel liefert autonomes Fahren. Ein fahrerloses Google-Auto oder andere selbstfahrende Fahrzeuge produzieren pro Auto zwischen zwei und vier Petabyte Daten – jedes Jahr. Stellen Sie sich vor, wir haben das autonome Fahren flächendeckend in zehn Jahren – und das ist nur ein Beispiel. Ein ähnliches Datenwachstum gibt es in jeder Industrie und in jedem Bereich.

Die Herausforderung für Unternehmen wird damit noch mehr sein, die Schätze in diesen Datenbergen zu heben – für eine Verbesserung des Geschäfts, für bessere Services und einen besseren Kundenzugang und vieles mehr. Mit Analysetools können entsprechende Werte aus den Massendaten herausgeholt werden. Hier ist Oracle sicherlich am weitesten fortgeschritten, die entsprechenden Antworten zu geben. Unser Ansatz ist die »Autonomous Database«, das automatisierte Datenmanagement. Wir wissen, dass wir die Massen an Daten mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr bewältigen können.

(+) plus: Welche Prozesse laufen in dieser Datenbank automatisch ab?

Winkler: Die Datenbank läuft autonom rund um die Uhr ohne Ausfallszeiten, holt sich selbstständig Patches und Upgrades im laufenden Betrieb, teilt sich selbst ihre Strukturen anhand von Algorithmen ein, die man unter Machine Learning oder Artificial Intelligence zusammenfassen könnte, und lernt entlang der darauf zugreifenden Applikationen selbst zu optimieren.

(+) plus: IT-Infrastruktur, die sich beliebig selbst patcht – ist das nicht auch ein Risiko für komplexe Systeme?

Winkler: Wir sehen hier einen Paradigmenwechsel. In Rechenzentren gab es früher jährlich zwei bis drei generelle Patchfens­ter für Datenbanken und Applikationen. Dazwischen kehrte Ruhe ein. Das ist heute nicht mehr denkbar. Mehr als die Hälfte der gro­ßen Ausfälle passieren aufgrund von Sicherheitslücken, die zu dem Zeitpunkt zwar bekannt waren, aber von der Unternehmens-IT nicht mit verfügbaren Patches der Hersteller geschlossen wurden. In Zeiten wie diesen können wir uns das nicht leisten. Die Reparatur muss dann passieren, wenn die Lücke bekannt ist. Mit diesem Ansatz wird das gesamte Datenmanagement auf eine wesentlich automatisiertere Ebene gehoben.

(+) plus: Ist diese Selbstverwaltung von technischen Systemen auch auf Applikationsebene zu erwarten?

Winkler: Der Trend geht zu Plattformen, die autonom laufen. Nur mit diesen Konzepten und Ideen werden wir mit der Fülle an Daten umgehen können und unsere Kunden fit für diese Zeit machen können. Zu diesem Thema passt auch eine Forschungskooperation, die wir seit Jahren mit der Uni Linz haben. Das technische Konzept, das vom Team in Linz gemeinsam mit der ETH Zürich entwickelt wurde, ist im vergangenen Sommer als Application-Server unter dem Namen GraalVM vorgestellt worden. Auf diesem kann prinzipiell jede Programmiersprache ausgeführt werden. Diese virtuelle Maschine mit ihrem österreichischen Ursprung wurde nun zu einem Oracle-Produkt. Auch hier ist das Patchen im laufenden Betrieb ein Thema.

(+) plus: Schließlich müssen die Unternehmen aus den vorhandenen Daten tatsächlich auch Werte generieren können – was für viele gar nicht so einfach ist.

Winkler: Das wäre dann der nächste Schritt – eine Analytics-Plattform sowohl über die Datenbank als auch über beispielsweise unstrukturierte Daten zu legen. Wir werden in Zukunft Plattformen sehen, die auf den gesamten Datenbestand eines Unternehmens zugreifen und diesen analysieren können. Damit werden auch die Einzellösungen im Business-Intelligence-Umfeld abgelöst. Ich bin überzeugt, dass mit der bereichsübergreifenden Sicht auf Daten neue Erkenntnisse gewonnen werden können.

(+) plus: Wie laufen die Veränderung in Richtung Cloud-Services bei den traditionell lokal gespeicherten ERP-Systemen für die Warenwirtschaft?

Winkler: Wenn man die lokal laufende Business-Software einmal ausklammert, ist Oracle klar führend bei ERP als »Software-as-a-Service«. Wir sind davon überzeugt, dass sich die IT-Welt in Richtung der Saas-Modelle dreht und transformiert. Mittlerweile bietet Oracle eine volle Suite an modernen SaaS-Applikationen – insgesamt 1.100 Module. Wir haben mit der Architektur dazu bereits vor zehn Jahren begonnen und haben heute den Vorteil, dass neue Technologien wie etwa Assistenz-Systeme – früher hatte man Chatbots gesagt –, Artificial Intelligence oder auch Blockchain relativ rasch über Schnittstellen an die Applikationen andocken können.

Das geht typischerweise mit Software, die in den Neunzigerjahren designt worden ist, nicht so einfach. Den Nutzen haben die Unternehmen. Sie können neue technische Entwicklungen direkt in den Applikationen nutzen. Und der Cloudansatz ist auch hier bestechend: Wir wollen in einem neuen Modell den Zugang zu diesen neuen Technologien so einfach wie möglich machen. Für EntwicklerInnen, Studierende oder einfach auch Interessierte, die ausprobieren wollen, wird es unsere Produkte mit gewissen Nutzungslimits kostenlos geben. Damit wird man auch die automatisierte Datenbank in der eigenen IT-Umgebung testen können.

 

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