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Christian Murhammer, Geschäftsführer des Österreichischen Fertighausverbands, über Trends im Fertighausmarkt, den boomenden Objektbau und warum die Branche von klassischen Denkkategorien profitiert.

Report: Erste, unvermeidbare Frage. Wie wirkt sich die Krise auf die Fertighaushersteller aus?
Christian Murhammer: Noch hat die Krise die Bauwirtschaft nicht erfasst. Unsere Branche reagiert auf globale wirtschaftliche Entwicklungen immer mit etwas Verzögerung. Deshalb kann man aus heutiger Sicht sagen, dass 2008 ein normales Jahr war. Die Prognosen wurden erfüllt. Zwar hatten einige unserer Mitglieder im Oktober eine gedämpfte Nachfrage, das hat sich im November aber wieder ausgeglichen.

Report: Wie sehen Sie die Entwicklung in den nächsten Monaten?
Murhammer: Ich habe das Gefühl, dass viele jetzt wieder in klassischen Schemata denken, dass man in Zeiten der Krise wieder verstärkt auf Grund und Boden setzt. Bis Anfang Sommer 2009 sind wir völlig ausgelastet. Natürlich kann es sein, dass die Nachfrage jetzt einbricht, aber im Moment sieht es nicht danach aus. Es wäre aber blauäugig zu glauben, dass alles so bleibt, wie es ist. Es wird Rückgänge geben, aber nicht so dramatisch wie in anderen Branchen, im schlimmsten Fall irgendwo zwischen zehn und 20 Prozent.

Report: Welche Trends lassen sich im Fertighausmarkt erkennen?
Murhammer: In den letzten Jahren ist eine interessante Entwicklung zu beobachten. Noch immer entfällt der Löwenanteil auf das mittlere Haussegment, er wird aber sukzessive kleiner. Das mittlere Segment verliert in beide Richtungen, sowohl an das obere als auch das untere Segment. Das ist umsatzmäßig kein Verlust, das kompensiert sich, aber die Schere öffnet sich. Ein weiterer Trend geht in Richtung mehr Individualität. Heute kauft kaum noch jemand ein Haus so, wie es ausgestellt ist. Das erklärt auch die Zugewinne im oberen Segment. Damit tritt auch das Denken in Modulen in den Vordergrund.

Report: Die Verluste im mittleren Segment als Bestätigung der These, dass der Mittelstand immer stärker ausgedünnt wird?
Murhammer: Ja, so könnte man das sehen. Deshalb gewinnt auch das Thema »leistbares Wohnen« an Bedeutung. Die Problematik zeigt sich ganz stark am öffentlichen Diskurs. Es ist immer öfter die Rede vom Grundrecht auf Wohnen. Das war bis vor kurzem kein Thema, wird in Zukunft aber massiv an Bedeutung gewinnen. Wir dürfen es nicht nur den Kommunen überlassen, die Voraussetzungen für dieses Grundrecht zu schaffen, auch die Wirtschaft muss sich einbringen. Unsere Mitglieder stehen durch die Bank für Kostentransparenz und bieten eine Fixpreisgarantie. Das sind erste Schritte, um das Wohnen auch in Zukunft leistbar zu machen. Aber nicht nur im Bereich der Einfamilienhäuser, auch im mehrgeschoßigen Wohnbau können Fertigteile einen Beitrag zur Leistbarkeit des Wohnens leisten. Denn die industrielle Vorfertigung führt zu einer großen Zeitersparnis. Das spart Geld und kann direkt an die Kunden weitergegeben werden.

Report: Der Sektor Einfamilienhaus stagniert. Kann der Objektbau in die Bresche springen, um weiteres Wachstum zu generieren?
Murhammer: Auf jeden Fall. Der Objektbau boomt extrem. In Graz wurde eben erst eine Kirche aus Fertigteilbeton errichtet. Das sind völlig neue Geschäftsfelder. Die Bauträger erkennen langsam, dass es möglich ist, auch im mehrgeschoßigen Wohnbau auf Fertigteile zu setzen. Es dringt schön langsam durch, dass es in unserer Branche nicht um Fertigbauten, sondern um die industrielle Vorfertigung einzelner Komponenten geht. Und die macht natürlich auch im Objektbau Sinn.

Report: Welche konkreten Pläne gibt es für 2009?
Murhammer: Vor allem im Energiesektor wird sich einiges tun. Wir arbeiten eng mit dem Klima- und Energiefonds, der Holzforschung Austria und der Solarwirtschaft zusammen. Im Bereich der Photovoltaik werden wir unser Angebot sukzessive ausbauen. Auch bei den Themen Be- und Entlüftung werden wir neue Lösungen präsentieren. Und auch in der Sanierung gibt es noch enorme Potenziale für die industrielle Vorfertigung, die wir heben wollen.

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