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Studie: Corona-Krise beschleunigt digitale Transformation

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Knapp zwei Drittel der Unternehmen weltweit verfügen heute über die digitalen Fähigkeiten (60 Prozent) und Führungskompetenzen (62 Prozent), die für eine erfolgreiche Umsetzung der digitalen Transformation erforderlich sind. Im Jahr 2018 lag der Anteil in beiden Bereichen noch bei jeweils 36 Prozent. Dies geht aus der aktuellen Studie des Capgemini Research Institute „Digital Mastery 2020: How Organizations have progressed in their digital Transformations over the past two Years“ hervor, für die weltweit 1.000 Führungskräfte aus Unternehmen unterschiedlicher Branchen befragt wurden. Alle Branchen verzeichnen Fortschritte, am besten schneiden der Einzelhandel (73 Prozent), die Telekommunikations- (71 Prozent) und Automobilindustrie (69 Prozent) ab.

Um zu verstehen, wie Unternehmen ihre digitalen Fähigkeiten in den vergangenen zwei Jahren weiterentwickelt haben, wurden die vier Kategorien Talent und Organisation, Operations, Innovation von Geschäftsmodellen sowie Customer Experience (CX) betrachtet. Die Capgemini-Studie für 2020 ergab im Vergleich zur im Jahr 2018 durchgeführten Studie zu Digital Mastery, dass zwar inzwischen alle Unternehmen bei der digitalen Transformation besser abschneiden. Die Unternehmen, die bei den digitalen Kompetenzen und Führungsfähigkeiten führend sind (Digital Masters), konnten den Abstand zu ihren Wettbewerbern jedoch vergrößern. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung beschleunigt und angesichts der Dringlichkeit von Veränderungen sind Unternehmen enthusiastischer und optimistischer geworden, was den Reifegrad ihrer Fähigkeiten angeht. Zudem haben sich die Unternehmen seit 2018 Zeit genommen, die Herausforderungen zu evaluieren, die dem Erfolg im Wege stehen. Sie haben ihre Investitionen in die digitale Transformation erhöht, die Einführung neuer Technologien verstärkt und einen neuen Fokus auf die Bereiche Talent und Kultur gelegt.

Große Unternehmen mit einem Umsatz von 10 Milliarden US-Dollar oder mehr weisen einen Vorsprung bei den digitalen Fähigkeiten und den Führungsqualitäten auf. Etwa 68 Prozent dieser Unternehmen gaben an, dass sie über die erforderlichen digitalen Fähigkeiten verfügen, bei Unternehmen mit weniger als 10 Milliarden US-Dollar Umsatz ist der Anteil mit 55 Prozent deutlich niedriger. Bei den Führungskompetenzen sagen 57 Prozent der kleineren Unternehmen, dass sie die erforderlichen Führungskompetenzen haben – was unter dem Gesamtdurchschnitt von 62 Prozent und dem Anteil von 70 Prozent bei den großen Unternehmen liegt.

Einzelhandel, Telekommunikations- und Autobranche führend


Der Blick auf die Branchen zeigt, dass alle in den letzten beiden Jahren sowohl bei den digitalen Fähigkeiten als auch beim Aufbau der erforderlichen Führungsqualitäten Fortschritte gemacht haben. Der Handel übertrifft nun alle anderen Branchen: 73 Prozent der befragten Einzelhandelsunternehmen gaben an, über die für die Transformation erforderlichen digitalen Fähigkeiten zu verfügen – vor zwei Jahren waren dies noch 37 Prozent. Getrieben wird dieser Anstieg von Händlern, die die steigende Nachfrage der Verbraucher nach umfassenden Online-Angeboten erkannt und sich stärker auf den E-Commerce ausgerichtet haben. An zweiter Stelle folgt die Telekommunikationsbranche mit 71 Prozent (2018: 38 Prozent). Ihr ist es vielfach gelungen, das Werteversprechen für den Kunden neu zu gestalten und umfassende digitale Erlebnisse zu schaffen. Den größten Zuwachs bei den digitalen Fähigkeiten verzeichnet der Automobilsektor – dieser konnte seinen Anteil von 32 Prozent im Jahr 2018 auf nun 69 Prozent steigern. Erhöhte Investitionen in Bereichen wie autonomes Fahren, Mobilität, Elektrifizierung und Konnektivität haben besonders die Innovation der Geschäftsmodelle beschleunigt.

Talent- und Kulturaspekte müssen weiter gestärkt werden

Die Studie aus dem Jahr 2018 hat ergeben, dass die menschliche Dimension ein wesentliches Hindernis für die digitale Transformation darstellt, da Unternehmen es versäumt haben, die Mitarbeiter bei ihrer Transformationsreise mitzunehmen. Inzwischen beziehen mehr Unternehmen ihre Mitarbeiter in ihre digitalen Initiativen ein: 2020 waren es 63 Prozent im Vergleich zu 36 Prozent im Jahr 2018. Dies ist zwar ein großer Fortschritt, dennoch investieren bislang weniger als die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent) in den Aufbau von Soft Skills wie emotionale Intelligenz, Anpassungsfähigkeit und Zusammenarbeit. Die aktuelle Capgemini-Studie zeigt zudem, dass die Unternehmenskultur das größte Hindernis für eine erfolgreiche digitale Transformation darstellt, da beispielsweise in einigen Unternehmen neue Ideen und Experimente häufig noch nicht geschätzt werden.

Investitionen in die Nachhaltigkeit sind für die digitale Transformation entscheidend

Die Studie macht deutlich, dass Unternehmen zwar Faktoren wie die Customer Experience, ihre Operations und die Unternehmenstechnologie im Auge behalten müssen, aber auch Nachhaltigkeit und der Unternehmenszweck (Purpose) stärker im Fokus stehen sollten – diese Themen sind für Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen wichtig geworden. Die Verbraucher interessieren sich zunehmend für den ökologischen Fußabdruck von Unternehmen, sie beschäftigen sich zunehmend mit den Auswirkungen des Klimawandels und wollen mit ihrem Handeln etwas bewirken – 78 Prozent der Verbraucher sind der Meinung, dass Unternehmen über ihre Eigeninteressen hinaus eine größere Rolle in der Gesellschaft spielen müssen.[1] Die aktuelle Capgemini-Studie zeigt, dass derzeit nur 45 Prozent der Unternehmen Investitionen, Projekte und Engagement im Bereich Nachhaltigkeit vorantreiben. Telekommunikationsunternehmen (59 Prozent) führen den Branchenvergleich an, gefolgt von der Automobilindustrie (55 Prozent), dem Handel (52 Prozent) und dem Bankenwesen (48 Prozent). Versicherungen (35 Prozent) sowie Energie- (33 Prozent) und Konsumgüterunternehmen (31 Prozent) liegen zurück.

Um die digitale Transformation weiter voranzutreiben, sollten Unternehmen das Mitarbeitererlebnis neu erfinden, die Vorteile einer flexiblen Belegschaft („Fluid Workforce“) nutzen und sicherstellen, dass die Sozialleistungen für die Mitarbeiter an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters angepasst sind. Darüber hinaus sollten Unternehmen robuste Daten- und Plattformkapazitäten aufbauen und neue Geschäfts- und Engagement-Modelle skalieren. Zudem sollten sie Purpose und Nachhaltigkeit als Kernelemente im Unternehmen verankern und diese fest in ihre Unternehmenskultur integrieren. Es gilt zudem, Technologie immer auch unter beiden Aspekten – dem der digitalen Transformation und der Nachhaltigkeit – zu betrachten.


Foto: Jürgen Leobacher, Management Consultant bei Capgemini Invent in Österreich

„Die Fortschritte, die beim Aufbau der notwendigen digitalen Kompetenzen und Führungsfähigkeiten in nur zwei Jahren gemacht wurden, sind bemerkenswert. Dies hat uns dazu veranlasst, die Studie erneut durchzuführen. Das anhaltend hohe Tempo der technologischen Innovation und der Disruption von Geschäftsmodellen in den letzten zwei Jahren hat diesen Fortschritt möglicherweise vorangetrieben. Verstärkt wurde diese Entwicklung zudem durch die COVID-19-Pandemie, die viele Unternehmen dazu zwingt, sich neu zu erfinden“, sagt Jürgen Leobacher, Management Consultant bei Capgemini Invent in Österreich. „Unternehmen haben bei einer Vielzahl von Maßnahmen in den Bereichen Customer Experience, Operations, Business und Technologie Fortschritte gemacht, dennoch stehen viele immer noch vor der Herausforderung, Purpose und Nachhaltigkeit in ihre Transformationsstrategien zu integrieren. Indem sie das Mitarbeitererlebnis und Arbeitsweisen neu erfinden, Purpose in ihr Betriebsmodell einbetten, wirklich zu einem datengesteuerten Unternehmen werden und neue Geschäftsmodelle über das Pilotstadium hinaus skalieren, können Unternehmen digitale Reife erlangen und die nötige Resilienz zeigen, um sich an künftige Unsicherheiten anzupassen.“

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