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Was ändert sich durch die geplante Arbeitszeitenflexibilisierung?

Foto: "Flexiblere Anpassung an Auftragsschwankungen ermöglichen." - Marco Riegler Foto: "Flexiblere Anpassung an Auftragsschwankungen ermöglichen." - Marco Riegler

Die neue Regierung plant die Durchsetzung flexiblerer Arbeitszeitregelungen in Österreich. Neben der Anhebung der Höchstarbeitszeitgrenzen auf zwölf Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich sollen auch die Gestaltungsmöglichkeiten auf Betriebsebene gestärkt und ein leichterer Zugang zu Sonderüberstunden sowie mehrmalige Übertragungsmöglichkeiten bei Durchrechnungsmodellen möglich werden.

Ein Gastkommentar von MMag. Marco Riegler, Rechtsanwalt und Partner bei ScherbaumSeebacher in Graz. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht, Handelsvertreterrecht sowie im Datenschutzrecht.

Die derzeit geltende gesetzliche Normalarbeitszeit (NAZ) beträgt acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche, die maximale Höchstgrenze der Gesamt-Tagesarbeitszeit (Normalarbeitszeit plus Überstunden) liegt bei zehn Stunden pro Tag und 50 Stunden pro Woche. Die aktuell bereits vorgesehenen Ausnahmen sind aber teilweise kompliziert geregelt, erfordern Kollektivverträge und/oder Betriebsvereinbarungen oder sind nur für spezielle Anwendungsfälle geeignet.

Gerade flexible Arbeitszeitmodelle (z.B. Durchrechnung über längere Zeiträume), die eine Abweichung von der starren 40-Stunden-Woche zulassen, sind großteils nur bei entsprechenden kollektivvertraglichen Regelungen zulässig. Durchrechnung bedeutet, dass die NAZ über einen festgelegten mehrwöchigen Zeitraum bloß im Durchschnitt einzuhalten ist, in der einzelnen Woche aber auch mehr als 40 Stunden »normal« (und nicht als Überstunde zuschlagspflichtig) gearbeitet werden kann. Überstunden entstehen so erst bei Vorliegen eines Zeitguthabens am Ende des Durchrechnungszeitraumes oder wenn die für die jeweilige Woche vorgesehene Normalarbeitszeit überschritten wird. Stärkere Möglichkeiten zur Gestaltung flexibler Arbeitszeitmodelle bereits auf Betriebsebene – also ohne dass dafür ein Kollektivvertrag erforderlich ist – wären daher durchaus geeignet, eine flexiblere Anpassung an Auftragsschwankungen in Betrieben zu ermöglichen. Falls außerdem die Übertragungsmöglichkeiten bei Durchrechnungszeiträumen ausgebaut werden, kann dies dazu führen, dass künftig seltener Zuschläge anfallen, sofern diese übertragenen »Mehrstunden« in dem/den folgenden Jahr(en) auch durch entsprechende Minderarbeit abgebaut werden. Auch dies ermöglicht eine flexiblere Anpassung an Auftragsschwankungen über längere Zeiträume, ohne automatisch Mehrkosten durch Zuschläge auszulösen.

Auch der Vorschlag, die tägliche Normal-arbeitszeit bei einer Gleitzeitvereinbarung auf zwölf Stunden, statt bisher zehn Stunden, auszudehnen, ermöglicht sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern eine bessere Anpassung an die jeweiligen Interessen und Bedürfnisse. Arbeitnehmer können so ihr Arbeitspensum komprimierter an weniger Tagen erbringen und damit mehr zusammenhängende Freizeit »erwirtschaften«. Dem Arbeitgeber ist gerade in Phasen hoher Auslastung oder erhöhtem Zeitdruck geholfen, wenn sein Arbeitnehmer ohne die damit bisher verbundenen Mehrkosten länger arbeiten kann.

Gerade die Höchstarbeitszeitgrenzen sind in der Praxis häufig ein gravierendes Problem, weil die aktuellen Ausnahmen oft nicht ausreichen. Durch eine Anhebung der Höchstarbeitszeitgrenzen auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche ist es generell und für alle Branchen leichter möglich, einen Auftragsengpass auch tatsächlich abarbeiten zu können. Die Arbeitnehmer können auch wie bisher angeordnete Überstunden (die auch zuschlagspflichtig sind) ablehnen, wenn berücksichtigungswürdige Interessen dagegensprechen.

Insgesamt sind die im Regierungsprogramm enthaltenen Vorschläge daher durchaus geeignet, zu einer Flexibilisierung der derzeit in vielen Bereichen starren Arbeitszeitregelungen beizutragen.

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