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Digitalisieren reicht nicht!

Die Autoren: Lars Erdmann ist Digitalisierungsexperte und Partner bei der Business- und IT-Beratung Q_PERIOR.  Christine Kusztrich ist geschäftsführende Partnerin bei Q_PERIOR in Österreich. Die Autoren: Lars Erdmann ist Digitalisierungsexperte und Partner bei der Business- und IT-Beratung Q_PERIOR. Christine Kusztrich ist geschäftsführende Partnerin bei Q_PERIOR in Österreich.

Fälschlicherweise werden Digitalisierung und Digitale Transformation häufig als Synonyme gebraucht. Dabei enthält der Begriff der Digitalen Transformation bereits eine gute Trennung zwischen den zwei unterschiedlichen Phasen, die Unternehmen durchlaufen. Ein Gastkommentar von Christine Kusztrich und Lars Erdmann.

Wie in Abbildung 1 dargestellt, zielen viele aktuelle Initiativen in Unternehmen auf die Steigerung der Effizienz und Agilität ab. Klassische Beispiele sind die Reduktion von Medienbrüchen in Prozessen oder die Automatisierung von manuellen Bearbeitungsschritten. Der Nutzen für den Kunden bleibt hier oft unverändert. Erst in der zweiten Phase, der Transformation, wird durch Zusatzleistungen und neue Angebote Mehrwert für den Kunden geschaffen.

In der Transformationsphase reichern Unternehmen bestehende Produkte durch zusätzliche Services an. Es entstehen beispielsweise selbststeuernde Autos oder Maschinen, die ihren Wartungsbedarf automatisch melden. Für Unternehmen ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten, Mehrwerte für ihre Kunden zu schaffen. Ziel dieser neuen Konzepte ist es, die Relevanz des Unternehmens für den Kunden zu erhöhen. Dies geschieht durch eine Verlängerung der Wertschöpfungskette, welche die Bedürfnisse des Kunden in einem höheren Maß abdeckt, als es durch die bisherigen Produkte möglich war. Unternehmen wie etwa Michelin verkaufen nicht mehr Reifen, sondern Laufleis­tung für Fahrzeuge. Durch Sensoren in den Reifen wird deren Zustand zentral überwacht und frühzeitig für Ersatz gesorgt (natürlich mit eigenen Reifen). Der Kunde muss sich nicht mehr um die Kontrolle, Beschaffung und Montage kümmern. Dies übernimmt Michelin in Kooperation mit Partnern. Die Kundenbindung bei diesem Modell ist natürlich ungleich höher.

Aktuell werden besonders im Finanzbereich und Energiesektor Modelle für die letzte Phase der Digitalen Transformation – also neue Geschäftsmodelle – diskutiert. Im immer stärkeren Wettbewerb um den Zugang zu Kunden helfen alte Vertriebsmethoden nicht mehr weiter. Stattdessen gilt: Nur wenn das Kundenerlebnis außergewöhnlich ist oder der Mehrwert der gesamten Dienstleistung gegenüber der Konkurrenz für den Kunden im täglichen Leben relevant ist, kann eine dauerhafte Differenzierung im Markt erfolgen. In den meisten Fällen erfordert dies aber eine enge Kooperation mit Partnern, welche die Wertschöpfungskette ergänzen. Schließlich verlangt der Kunde Zusatzleistungen, welche aktuell im eigenen Unternehmen nicht bereitgestellt werden können.

Die Koordination solcher Wertschöpfungsketten stellt eine große Herausforderung an die Organisation und die darunterliegenden IT-Systeme dar. Zudem wird diese Öffnung basierend auf historischen Erfahrungen der meisten Unternehmen als unrealistisch und risikoreich beurteilt. Ein Grund ist der anfangs niedrigere Umsatz und somit die geringere Relevanz der neuen Produkte sowie die Schwierigkeit, exponentielle Entwicklungen abschätzen zu können. Der daraus resultierende »Innovations-Gap« kann im Worst Case zu nicht mehr auszugleichenden Wettbewerbsnachteilen führen. Daher lautet die zentrale Frage für alle Unternehmen derzeit: Welches Unternehmen will ich in Zukunft sein – und für wen? Die Beibehaltung des Status quo ist dabei in vielen Branchen nur noch eine kurzzeitige Option.

Last modified onMontag, 12 Dezember 2016 11:15
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