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Schmutziger Sand

Schmutziger Sand Foto: Thinkstock

Nach dem Goldrausch im Fracking wenden sich US-Energiebarone mit der ­Sicherung ­kanadischer Teersande einer weiteren ­umstrittenen Fördermethode zu.

Die Euphorie über den neuen Energiereichtum der USA dank Schiefergas könnte, wie Kritiker mahnen, auf tönernen Füßen stehen: Dass der hysterisch gefeierte Fracking-Boom möglicherweise eine gefährliche Investorenblase mit zweifelhafter Nachhaltigkeit und zweifellos gravierenden Umweltfolgen darstellt, war an dieser Stelle im Energie Report bereits Thema. Während die Zweifel an der Langlebigkeit der neuen, billigen Energieversorgung kaum gehört werden, rückt eine andere, vergleichsweise sichere Energiequelle in den Fokus strategischer Investoren: Kanada, nördlicher US-Nachbar und zweitgrößter Staat der Welt, ist nach Saudi-Arabien und Venezuela das Land mit den größten nachgewiesenen Ölreserven.

Genauer gesagt lagert dieser Schatz in der kanadischen Provinz Alberta, fast doppelt so groß wie Deutschland, doch nur von drei Millionen Einwohnern besiedelt. Elf Prozent der gesamten bekannten Ölreserven finden sich in dieser nördlichen Wildnis – doch nicht in regulären Lagerstätten, sondern in Form von Öl- oder Teersanden. Erst im letzten Jahrzehnt ist der Abbau dieses gewaltigen Schatzes durch neue Technologien und den anhaltend hohen Ölpreis rentabel geworden.

Der Schönheitsfehler des kanadischen Ölbooms ist substanziell: Der Abbau der Ölsande erfolgt oberirdisch, die Umweltzerstörung auf größten Flächen ist atemberaubend, die Belastung mit beim Abbau freigesetzten Giften geht weit über die Abbaustätten hinaus. Kanada sei inzwischen der »dirty old man of the climate world«, kritisierte der britische Guardian. Wie gravierend die Umweltzerstörung in der sonst kaum berührten kanadischen Wildnis sein muss, lässt sich an einem Detail nur erahnen: Bereits 2010 revoltierten Shareholder des Energieriesen Shell gegen die Beteiligung des ansonsten nicht unbedingt sentimentalen Unternehmens am Abbau des »schmutzigsten Öls der Welt«. Mit der fast 3.500 km langen Keystone-Pipeline werden US-Raffinerien beliefert, die Verlängerung der Pipeline um weitere 2.700 km bis an den Golf von Mexiko wurde erst 2011 auf Eis gelegt – unter anderem wegen globaler Proteste von Umweltschützern, denen sich Desmond Tutu und der Dalai Lama als prominente Fürsprecher angeschlossen hatten.

Tea Party & »Leugnungsindustrie«
Den wenig zimperlichen Energiebaronen der USA gilt dies freilich nur als temporärer Rückschlag. Erst vor kurzem wurde der Einstieg eines besonderen Investorenpaares in das kanadische Ölgeschäft bekannt: Einen Claim in der Größe von 4.450 Quadratkilometern haben sich die Milliardärsbrüder Charles und David Koch gesichert, ein Investment, das jenes des größten Konkurrenten Royal Dutch Shell übersteigt. Recherchen der Washington Post zufolge soll der gewaltige Ölsand-Claim der Koch-Brüder in Alberta eine Langzeitinvestition darstellen – doch schon in einigen Jahren könnten hunderttausende Barrels des schmutzigen Erdöls pro Tag abgebaut werden. Die »Koch-Brothers« sind in der US-Politik keine Unbekannten, und auch im Rest der Welt kennt man die steinreichen Brüder inzwischen; kein Wunder, gehen sie doch beinahe als Abziehbilder des »hässlichen Kapitalisten« durch.

Als große Finanziers der ultrakonservativen Tea-Party sind die Kochs wichtige Geldgeber des extremistischen Ablegers der republikanischen Opposition. Für die Zukunftssicherheit ihrer Investition in das »schmutzige« Öl sorgen die Milliardäre übrigens auf besonders effektive Weise: Recherchen von Greenpeace zufolge sicherte das Brüderpaar mit einem Netzwerk an PR-Firmen, Lobbyorganisationen und Thinktanks mehr oder weniger direkt seine Investitionen in der Energiewirtschaft. 67 Millionen Dollar hätten die Energiebarone zwischen 1997 und 2010 in die öffentliche Diskreditierung der Klimawissenschaften investiert – also in die Leugnung des von Menschen verursachten Klimawandels und in die Verhinderung von strikteren Klimagesetzen.

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