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»Haben keinen Druck zur Gewinnmaximierung«

»Auch Kunststoff ist in Mengen eine interessante Ressource für die Recyclingwirtschaft geworden«, sagt Maier. »Auch Kunststoff ist in Mengen eine interessante Ressource für die Recyclingwirtschaft geworden«, sagt Maier. Foto: Milena Krobath

Seit 2005 übernimmt die ERA GmbH die Verpflichtung des Elektrogerätehandels, die letzte Lebensphase der Produkte wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig zu begleiten. Geschäftsführer Thomas Maier spricht über Herausforderungen, Compliance-Themen und das Wachstumsfeld Lithium-Ionen-Batterien.

Report: Wie hat es bei der Sammlung und Wiederverwertung von Elektroaltgeräten vor zehn Jahren in Österreich ausgesehen? Wie ist der Stand heute?

Thomas Maier: Mit der Umsetzung der Elektroaltgeräteverordnung im Jahr 2005 wurde ein regulierter Markt für die Sammlung und das Recycling von Altgeräten geschaffen. Heute meldet jeder Produzent und Importeur seine in den Markt gebrachten Mengen an einen der vier in Österreich tätigen Sammel- und Verwertungssystembetreiber. Anhand der gemeldeten Massen werden dann die Marktanteile der Unternehmen vom Regulator, der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle, errechnet. In Summe werden jährlich rund 160.000 Tonnen Elektrogeräte in den Verkehr gebracht. Gesammelt werden rund 78.000 Tonnen. Die ERA hat gegenwärtig 38 % Marktanteil.

In der Vergangenheit hatten herkömmliche Schredderbetriebe Elektrogeräte im gleichen Verfahren wie Karrosserien behandelt. Die Anlagen waren auf Eisen optimiert, das mit Magneten aussortiert wurde. Einige Firmen hatten 2005 bereits ihre Anlagen nachgerüstet, um auch Buntmetalle herauszuholen – Recycling von Kunststoff war aber noch kein Thema. Auch gab es damals bereits erste Aufbereitungs- und Behandlungsanlagen für Elektrogeräte, aber noch zu wenig Volumen auf diesem Markt, da die Geräte nicht getrennt gesammelt wurden. Mit der Elektroaltgeräteverordnung hat man in Österreich dann einen wichtigen Schritt zu einer nachhaltigeren Ressourcenwirtschaft gesetzt und einen kleinen, gut funktionierenden Markt geschaffen. Heute verbinden hochtechnologische Aufbereitungs- und Behandlungsanlagen sogar das Regranulieren des Materials in einem Cradle-to-Cradle-Ansatz. Das heißt: Aus Druckergehäusen werden wieder Druckergehäuse gemacht. Diese Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre ist ökologisch sinnvoll und hat Arbeitsplätze und Wertschöpfung für Österreich gebracht.

Report: Wie groß ist dieser Wirtschaftsbereich in Österreich?

Maier:
Das gesamte Entpflichtungsvolumen in Österreich macht bei Elektrogeräten 16 bis 17 Millionen Euro aus. Ich denke, dass man hier gesamt von einem 20 Mio. Euro großen Markt sprechen kann. Darin nicht vollständig enthalten ist aber die Wertschöpfung, die mit dem Material im Verkauf erwirtschaftet wird. Diese hängt natürlich auch wieder von den Rohstoffpreisen ab.

Report: Wie ist Ihr Unternehmen aufgestellt? Wer sind Ihre Mitbewerber?

Maier: Die ERA GmbH wurde nach dem Vorbild der ARA Altstoff Recycling Austria AG als Selbsthilfeorganisation der Wirtschaft gegründet und sie ist nicht gewinnorientiert tätig. Die Non-Profit-Ausrichtung hat sich bei
meinem Vorgänger Georg Dostal und auch unter meiner Geschäftsführung als taugliche Verfassung gezeigt. Es ist zum Vorteil unserer Kunden, dass wir keinem Druck zur Gewinnmaximierung unterliegen. Wir arbeiten daran, unsere Umsätze klein zu halten und eine vernünftige Leistung zu vernünftigen Preisen anbieten zu können.
Am österreichischen Markt gibt es in dem Bereich der Elektrogerätesammlung vier Player. Eingestiegen in diesen Markt sind wir vor zehn Jahren mit 25 bis 30 % Anteil. Dieser ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und jetzt auf einem gutem Niveau stabil. Die wirklich großen Gerätemengen werden von den Elektrohändlern in den Verkehr gebracht. Wir sind stolz, über ein breites Kundenspektrum zu verfügen – von Händlern bis zur Industrie.

Report: Wo werden hierzulande Elektrogeräte überhaupt gesammelt?

Maier:
Österreich hat ein dichtes Netz an insgesamt 2.100 Altstoffsammelzentren, Recyclinghöfen und Mistplätzen. Die Kommunen sind verpflichtet, die getrennte Sammlung an diesen Plätzen zu ermöglichen. In einem gut funktionierenden Interessensausgleich wird diese Infrastruktur von der Wirtschaft mitfinanziert. Des Weiteren ist der Handel in einem Eins-zu-eins-Rücknahmemodell zur Annahme von Einzelgeräten verpflichtet. Wenn Sie sich heute eine Waschmaschine kaufen, können Sie im Geschäft Ihre alte Maschine abgeben. Mit diesem Angebot soll es den Konsumenten leicht gemacht werden, Altgeräte getrennt zu entsorgen. Die Österreicherinnen und Österreicher sind in diesem Bereich ohnehin vorbildlich – das sehen wir ja auch bei der Verpackungssammlung. Für Batterien funktioniert dieses System ebenfalls, wenn auch mit einem Unterschied. Hier können Sie im Handel auch größere Mengen abgeben.

Report: Sie haben in diesem Markt auch mit Trittbrettfahrern zu kämpfen. Was ist hier die Herausforderung?

Maier:
Alle Unternehmen, die Elektrogeräte in den Umlauf bringen, leisten gemäß der Tarife der vier Sammel- und Verwertungssysteme ihre Recyclingbeiträge. Wenn nun aber offiziell kein Importeur auftritt, da das Unternehmen etwa übers Internet direkt an den Endkunden verkauft, sind dies Mengen, die zwar auf den Markt kommen und gesammelt werden müssen – Beiträge dafür werden aber nicht geleistet. Damit finanzieren alle anderen, die ordnungsgemäß ihren Teil leisten, das System für diese Unternehmen mit.

Die Trittbrettfahrer sind auch auf europäischer Ebene ein Riesenproblem. Immerhin verfügt der Onlinehandel heute in Europa über gut 20 % Marktanteil. Mit einer Novelle der WEEE-Richlinie (»Waste
Electrical and Electronic Equipment«) wurden 2012 auch Firmen mit Sitz im Ausland verpflichtet, ihre Beiträge zu leisten. Das heißt: Hat ein Internethändler seinen Firmensitz in Irland und exportiert etwa nach Bulgarien, muss er auch die Verantwortung in diesem Land wahrnehmen.

Während die großen Namen im Onlinehandel, allen voran Amazon, von dieser Regelung bereits erfasst sind und auch legal agieren, haben wir es alleine in Europa mit hunderten bis tausenden kleinen Herstellern und Händlern zu tun, die teilweise von der Problematik noch nicht wissen. In Summe aber machen sie ebenfalls ein paar Prozent Marktanteil in Österreich aus. Es kommen mitunter aber auch Unternehmen mit der Bitte auf uns zu, sie bei ihren Compliance-Anforderungen zu unterstützen.

Report: Wie einfach oder kompliziert ist dies für internationale Händler, Vereinbarungen in jedem EU-Staat einzugehen?

Maier:
Es bedeutet schon einen ziemlichen Aufwand gerade für kleinere oder mittlere Betriebe, die mitunter in 28 und mehr Länder liefern. Ähnliche Richtlinien wie die WEEE gibt es ja nicht nur in der europäischen Union, sondern in vielen Ländern dieser Welt – auch in Japan, in Korea und auch in einigen Bundesstaaten der USA. Wir bieten gemeinsam mit einem deutschen Partner take-e-way eine Lösung für Unternehmen, diese Herausforderungen auszulagern. Die Organisation übernimmt die Daten der Kunden und kümmert sich um die Meldeprozesse in allen Ländern. Dies ist technisch gut umgesetzt und gibt auch uns die Chance, österreichischen Kunden internationale Entpflichtungen anzubieten. Dies so einfach wie möglich für den Handel umzusetzen, ist uns wichtig. Schließlich ist die Compliance-Richtlinie die Voraussetzung überhaupt, auf den Märkten legal tätig sein zu können.

Report: Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich in den kommenden Jahren?

Maier:
Gerade bei Elektrogeräten kann die Lizensierungen der umgesetzten Mengen nicht auf einzelne Staaten beschränkt werden. Ich denke, dass in den kommenden Jahren viele Firmen das Reporting an die unterschiedlichen Elektroaltgerätesammelsysteme auslagern werden. Auch haben wir das in den vergangenen Jahren geschafft und arbeiten weiter daran, das günstigste Entpflichtungssystem am Markt zu sein.
Ein Schwerpunkt ist auch die weitere Technologieentwicklung im Recycling. Mit der neuen Verordnung 2014 sind nun auch Photovoltaikanlagen erfasst. Sie ist in Österreich ein wenig entschärft, doch hat man sich auf EU-Ebene entschieden, die Entsorgung dieser Anlagen unter die Produzentenverantwortung zu stellen. Eine noch größere Herausforderung sind Lithium-Ionen-Batterien, die auch in ihren Kapazitäten wachsen und damit als potenziell brandgefährlich eingestuft werden müssen. Dies bringt wieder logistische und technische Herausforderungen für die Sammlung. Das Recycling dieser Batterien ist aber technisch kein Problem, wenn auch aus wirtschaftlichen Gründen keine eigene Anlage dazu in Österreich steht.

Report: Wo werden die Akkus zerlegt und recycelt?

Maier:
Spezialisiert darauf sind zwei, drei Betreiber in Frankreich und Belgien, die Altbatterien aus ganz Europa behandeln. Starterbatterien werden übrigens nicht von uns erfasst. Hier haben die Batterienhersteller mit dem Umweltforum Batterien ein eigenes System geschaffen, das mit den Autowerkstätten zusammenarbeitet.

Report: Der Akkumulatorenmarkt wird, wenn man die Diskussionen zu Elektromobilität und Hausspeichern beobachtet, noch stark wachsen.

Maier:
Ja – wir haben uns dazu kürzlich bei der Intersolar-Messe in München über die neuen Speicher informiert. Wir überlegen uns bereits weitere Partnerschaften dazu. Die technologische Entwicklung am Elektrogeräte- und Batteriesektor ist derart dynamisch, dass sich auch unser Markt ständig verändert.

Report: Welche Art von Elektrogerät ist denn für die Wiederverwertung oder den Rohstoffkreislauf wertvoll?

Maier:
Je hochwertiger die im Gerät verbaute Elektronik ist – hier geht es vor allem um die Gold – und Silberkontakte –, desto besser. Auch kann aus älteren Geräte mehr herausgeholt werden, da die Industrie ihren Ressourceneinsatz zunehmend optimiert. Moderne Produkte kommen mit weniger hochwertigen Komponenten, beispielsweise dünneren Kontakten aus. Auch Lithium-Ionen-Batterien waren früher aufgrund ihres Kobaltgehaltes bei den Recyclern sehr gefragt. Mit der laufenden technischen Entwicklung ist der Kobaltanteil aber stetig gesunken und heute kein Faktor mehr.

Report: Welcher Rohstoffwert steckt nun in einem Elektrogerät?

Maier:
Das ist sehr unterschiedlich: Auf der untersten Stufe der Verwertungsmöglichkeiten befinden sich Geräte wie Staubsauger. In einem Mobiltelefon stecken vielleicht zwei bis drei Euro. Wenn Sie also ein Gerät um 400 Euro kaufen, machen die Ingenieurleistungen den größten Teil des Preises aus. Bei hochwertigen Geräten, die großteils aus Metallen bestehen, ist das anders – etwa bei Werkzeugen und natürlich bei Kupferkabel. Trotzdem sind auch Produkte, in denen viel Kunststoff verbaut ist, in gro­ßen Mengen eine interessante Ressource für die Recyclingwirtschaft.

Report: Jeder kennt die Geschichte von Waschmaschinen, die 30 Jahre ihren Dienst tun. Diese Zeiten sind scheinbar vorüber. Sinkt die Lebensdauer von Elektrogeräten?

Maier:
Aus meiner persönlichen Beobachtung heraus, würde ich sagen: ja. Doch wir erfassen nicht das Alter der gesammelten Geräte und können deshalb keine verlässlichen Schlussfolgerungen treffen. Ich denke, die Frage ist vielmehr, warum das Alter der Geräte sinkt. Ist der Grund, dass sie nicht mehr funktionsfähig sind, oder kommen sie einfach aus der Mode, wenn ich an Fernsehgeräte und Handys denke? Auch bei Waschmaschinen gibt es Topmarken, die teurer sind, dann aber auch zehn bis 15 Jahre halten. Eine andere Diskussion ist freilich die sogenannte geplante Obsolenzenz, in der angeblich absichtlich Verschleißteile eingebaut werden, um die Lebensdauer zu verkürzen. Die große Verschwörung sehe ich hier aber nicht.


Das Non-Profit-Unternehmen ERA Elektro Recycling Austria wurde 2005 gegründet und bietet die Übernahme sämtlicher aus der österreichische Elektroaltgeräteverordnung (EAG-VO) und europäischen Elektronikschrottrichtlinie (WEEE-Richtlinie) übertragbaren Verpflichtungen für Hersteller, Händler, Importeure und Exporteure von Elektrogeräten und Batterien (Batterienverordnung). Eigentümer der ERA sind zu 49 % Anteilen der Elektro Recycling Austria Verein und mit 51 % die ARA AG. Mitglieder des ERA-Vereins sind Unternehmen aus dem Elektrofach-, Werkzeug- und Versandhandel sowie Hersteller. Auf Eigentümerebene der ARA sind Verpackungshersteller, Abpackungsfirmen sowie weitere Unternehmen aus dem Handel vertreten.
www.era-gmbh.at

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