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»Digitalisierung und Sicherheit sind in allen Bereichen unser Kerngeschäft«

Günter Idinger ist Geschäftsführer von Eaton (Industries) in Österreich. Michaela Sadleder leitet als Geschäftsführerin die Vertriebsorganisation von Eaton. Günter Idinger ist Geschäftsführer von Eaton (Industries) in Österreich. Michaela Sadleder leitet als Geschäftsführerin die Vertriebsorganisation von Eaton.

Im Gespräch über den Wandel in der Wirtschaft, Sicherheitsrisiken, Umwelt und ­Krisenzeiten: Günter Idinger ist Geschäftsführer von Eaton Industries, Michaela Sadleder leitet den Vertrieb in Österreich.

Report: Wie helfen Digitalisierungslösungen dabei, das Business Ihrer Kunden zu verändern?

Günter Idinger: Mit der Projektierungs- und Visualisierungsumgebung Galileo unterstützen wir den Maschinenbau bei der effizienten und modernen Projektierung. Dank Web-Interface ist der Zugriff von mobilen Endgeräten aus möglich. Solche Lösungen, wie auch Human Machine Interfaces – kurz HMI –, sind Bausteine einer vollvernetzten Produktion, die immer mehr zum Standard wird. Smart Factories und Industrie 4.0 sind Schlagworte, die häufig zu hören sind. Eine elementare Grundlage dafür ist die Vernetzung von Maschinen und Anlagen.

Mit Steuerungstechnik wie speicherprogrammierbaren Steuerungen tragen wir dazu bei, Lösungen hierfür zu entwickeln. Um unsere langjährige Erfahrung in diesem Bereich bestmöglich auszuschöpfen, ist Eaton kürzlich dem Verein »Industrie 4.0 Österreich« beigetreten.

Bild oben: Günter Idinger ist Geschäftsführer der Eaton (Industries) Austria GmbH und VP Standards & Alliances, Er leitet die Koordination von Normungen in EMEA und koordiniert Partnerschaften. Davor war er in Führungspositionen für F&G und Moeller tätig.

Michaela Sadleder: Digitalisierung spielt sich nicht nur im Bereich von PCs und Smartphones ab. Auch Maschinenbedienung ist heute eine digitale Angelegenheit und die Anforderungen an Maschinenführerinnen und Maschinenführer werden immer größer. Mit unseren HMI bieten wir eine Schnittstelle zwischen Maschine und Mensch, die möglichst intuitiv sein soll. Beispielsweise können unsere Touchscreens auch Videos zur Bedienung wiedergeben. Da Stillstand im Produktionsbereich ein absoluter Worst Case ist, helfen unsere SmartWire-Produkte außerdem dabei, dass Fehler frühzeitig erkannt werden – bevor ein Ausfall passiert.

Idinger: Ein anderes Beispiel wäre der digitale FI, dieser Schalter schützt nicht nur im Schadensfall Leib und Leben, sondern kann Elektroinstallationen kontinuierlich überwachen. Bereits vor dem Auslösen meldet er kritische Stromflüsse. So kann nicht nur eine Unterbrechung von Stromkreisen und der damit einhergehende Stillstand von Maschinen vermieden werden, sondern auch mögliche Folgekosten für Unternehmen.

Eaton ist unter Experten als »der Erfinder des FIs« bekannt, seit Professor Gottfried Biegelmeier vor über 60 Jahren den heute gebräuchlichen Fehlerstromschutzschalter erfand. Dessen Kernkomponenten werden seither in unserem Werk im Waldviertel produziert.

Report: Mit dem Einzug von IT und etwa Fernzugangslösungen in die Produktionslinien und Prozesse der Fertigungsindustrie ist nun auch Cybersecurity gefragt – was steuert Eaton dazu bei?

Idinger: Kunden müssen sich heute darauf verlassen können, dass Produkte und Lösungen, die sie kaufen, gewissen Cyber-Sicherheitsstandards entsprechen. Daher setzen wir bei Eaton auf allgemein anerkannte Zertifikate unabhängiger Dritter. Die IEC-relevanten Standardisierungen und Zertifizierungen setzen wir uns dabei als Ziel. Eatons Forschungs- und Testeinrichtung für Cyber-Sicherheit ist das erste Labor, das am UL-Data Acceptance Program für Cyber-Sicherheit teilnimmt. Mit der UL 2900-Zertifizierung können wir Produkte mit jedweder Form von Intelligenz oder eingebetteter Logik nach den UL-Standards für Cyber-Sicherheit testen.

Unsere Produktentwicklung läuft innerhalb eines Secure-Development-Lifecycle-Models ab, das Bedrohungsanalyse, Implementierung, Verifizierung und laufende Wartung beinhaltet. Mittels maßgeschneiderter Schwachstellenanalyse, Penetrationstests, Malware-Erkennung, statischer und binärer Codeanalyse sowie Protokoll-Fuzzing werden Eaton-Produkte und -Lösungen auf Herz und Nieren geprüft.

Report: Welche Relevanz von Umweltthemen sehen Sie bei Industriekunden und wie sind Ihre Erwartungen dafür die nächsten Jahre?

Idinger: Ein Thema, mit dem wir uns als Energiemanagementunternehmen besonders befassen, ist die sogenannte Sektorkopplung – die energietechnische Verzahnung der bisher eher isoliert betrachteten Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie. Dazu führten wir gemeinsam mit Statkraft, einem norwegischen Energieversorger, eine Studie durch, die nahelegt, dass der Anteil fossiler Brennstoffe in Industrie, Verkehr und bei Heizanlagen von gegenwärtig 80 % auf 23 % im Jahr 2050 sinken könnte, was einer Reduktion des CO2-Ausstoßes in diesen Sektoren um 60 % entspräche.

Dafür müsste allerdings die Erzeugung elektrischer Energie bis 2050 um 75 % steigen. Das auf umweltfreundlichem Wege zu bewerkstelligen, wird eine der größten Herausforderungen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte werden. Gerade beim Ausbau erneuerbarer Energien sehen wir ein weiteres Problem: Im Zuge der verteilteren Energieerzeugung entsteht ein Bedarf an Mittelspannungsschaltanlagen, in denen heute immer noch das Isoliergas SF6 zum Einsatz kommt. Dieses ist allerdings extrem klimaschädlich (CO2-Äquivalent 23,500). Mit Vakuum- und Feststoffisolation stehen bereits seit längerem Alternativen zur Verfügung, an deren Entwicklung Eaton einen großen Anteil hatte. So gehören wir heute zu den führenden Anbietern SF6-freier Anlagen.

Report: Wenn Sie beispielhaft eine Lösung für Ressourceneffizienz nennen – wo können besonders effektiv Energie oder andere Ressourcen eingespart werden?

Idinger: In unserem Werk in Schrems haben wir ein Projekt zur Implementierung eines fahrerlosen Transportsystems gestartet. Dahinter verbirgt sich ein autonom navigierender Ladungsträger, der die barrierefreie Vernetzung von Lager- und Arbeitsbereichen ermöglicht. Dadurch ist es möglich, die Effizienz der Lagerlogistik zu steigern und die Ergonomie am Arbeitsplatz für unsere MitarbeiterInnen vor Ort zu verbessern.

Die hochautomatisierten Anlagen in der Klemmen- und Spulenfertigung mussten bisher von Hand mit Material versorgt werden. Insgesamt mussten die Mitarbeiter pro Schicht etwa eine Tonne Material bewegen und dafür zwei Stunden Zeit aufwenden. Dank des innovativen Projekts können sie sich jetzt zur Gänze auf das Bedienen und Rüsten der Anlagen konzentrieren.

Sadleder: Außerdem entsprechen unsere Produkte aus dem Bereich Motorsteuerung den Anforderungen der neuen EU-Ökodesign-Richtlinie, die Energieeffizienz und Wirkungsgrad in den Vordergrund stellt und im Juli nächsten Jahres in Kraft treten wird.



Bild oben: Michaela Sadleder, eine gebürtige Steirerin, leitet seit März 2020 als Geschäftsführerin die Vertriebsorganisation von Eaton in Österreich. Sie war viele Jahre im Elektrogroßhandel als Geschäftsführerin bei Rexel Austria und als Chief Supply Chain Officer bei Rexel Germany tätig.

Report: Wie entwickelt sich das Österreich-Geschäft für Eaton in diesem schwierigen Jahr heuer?

Sadleder: Wir haben in den letzten Monaten unsere Kommunikation verstärkt auf digitale Kanäle umgestellt und waren somit ohne Unterbrechung weiterhin für unsere Kunden da. Die für uns zentrale partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Großhandelspartnern und Kunden hat sich auch in dieser herausfordernden Zeit als Erfolgsfaktor erwiesen.

Stolz sind wir auf unsere erfolgreichen Webinar-Serien, die zielgruppengerecht in regelmäßigen Intervallen stattfinden und auch nach dem Lockdown großen Anklang finden. Im Hinblick auf die Zukunft arbeiten wir weiter daran, dass Wohn- und Zweckbau sowie Industrieprozesse sich nachhaltig und sicher in Richtung Dekarbonisierung und Energiewende entwickeln können.

Report: Welche Learnings und Ziele aus der Covid-19-Krise nehmen Sie für die kommenden Jahre mit?

Idinger: Die Digitalisierung hat sich in nahezu allen Bereichen enorm beschleunigt und nimmt nun einen noch wichtigeren Stellenwert ein. Gleichzeitig verändert sich der Blick auf Arbeitssicherheit und Schutz der Mitarbeiter. Zusätzlich zur Prävention von Verletzungen wird der Infektionsschutz am Arbeitsplatz in Zukunft eine Priorität darstellen. Diese Themen beschäftigen uns natürlich auch bei Eaton, allerdings nicht erst seit der aktuellen Krise. Digitalisierung und Sicherheit sind in allen Bereichen seit langem unser Kerngeschäft.

Wir evaluieren regelmäßig den Status quo und passen unser Produkt­sortiment an aktuelle Herausforderungen an. Ein Beispiel dafür wären spezielle Piktogramme, die Menschen in öffentlichen Gebäuden auf das Social Distancing hinweisen. So haben wir unsere CrystalWay-Notbeleuchtung entsprechend adaptiert.

Die Sicherheit des Menschen steht für Eaton an oberster Stelle und so wurden umgehend Maßnahmen unseres Business-Continuity-Plans umgesetzt, um auch zu Krisenzeiten das Geschäft aufrechtzuerhalten. Wir sind stolz, vom Wirtschaftsmagazin Trend als Top-Arbeitgeber 2020 ausgezeichnet zu werden, wo die Faktoren Arbeitsatmosphäre, Teleworking und Work-Life-Balance ausschlaggebend waren.

Last modified onDienstag, 20 Oktober 2020 19:38
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