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In immer mehr Unternehmen entscheidet nicht mehr das angebotene Produkt oder Industriegut allein über den Unternehmenserfolg, sondern in zunehmendem Maß auch die Qualität des Kundenservice. Die Bedeutung der Service-Organisationen nimmt dramatisch zu. Der Druck auf die Kundendienst-Verantwortlichen steigt. Doch welche Anforderungen muss eine moderne Service-Organisation erfüllen, um den Kundenwünschen optimal zu entsprechen und um gezielt Wertschöpfung im Unternehmen beizutragen?

Wie Sie mit Best Practice Service Management Ihren Kundenservice erfolgreicher machen

Von Markus Bause, Geschäftsführer SERVIEW, und Oliver Bendig, CEO Matrix42

 Service-Organisationen stehen - unabhängig von der Branche, in der sie agieren – vor einer Reihe von Herausforderungen, die mit bisherigen Herangehensweisen nicht zufriedenstellend gelöst werden können. Im Folgenden sind die sieben wesentlichen Handlungsfelder beschrieben, mit denen sich Servicebereiche aktuell beschäftigen oder die sie zukünftig beherrschen müssen:

  1. Effiziente Zusammenarbeit

Es geht um die Art und Weise, wie Organisationen in die Wertschöpfungskette der Unternehmen eingebunden sind, in welcher Interaktion sie mit den Kunden und Lieferanten stehen. Diese Zusammenarbeit muss in Zukunft in erhöhter Frequenz und Agilität erfolgen. Dazu kommt die zumeist hohe organisatorische Komplexität, da nicht nur 1st-, 2nd- und 3rd-Level-Support, sondern auch Fieldsupport und Spezialisten sowie externe Dienstleister eingebunden und koordiniert werden müssen. Das Ziel sind zufriedene Kunden. Der Service muss schnell und in vereinbarter und hoher Qualität geleistet werden, damit die Customer Experience durchgängig positiv ist…und das ganze natürlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

In einer Welt, in der die Anforderungen der Kunden steigen, sich ständig verändern und gleichzeitig die Komplexität von Organisationen und Technologien zunimmt, ist effiziente und agile Zusammenarbeit mit allen beteiligten Parteien ein sehr relevantes Erfolgskriterium.

  1. Alignment

Unter Alignment ist in diesem Zusammenhang die Ausrichtung, Angleichung, Abstimmung aller an der Serviceerbringung beteiligten Parteien zu verstehen (Kunden, Lieferanten und die verschiedenen Abteilungen und Teams der Serviceorganisation). Das gilt für alle Aktivitäten, aber vor allem auch von Teil- und End-Ergebnissen in der Wertschöpfungskette. Ziel der Bemühungen ist letztlich nicht der saubere Prozess an sich, sondern der optimale und wirtschaftliche Service, und zwar aus der Perspektive des Kunden. Um erfolgreich zu sein, müssen sich Servicebereiche kontinuierlich an veränderte Rahmenbedingungen in der Organisation, am Markt und der beteiligten Parteien anpassen. Die Frage, wer liefert welche Ergebnisse und Teilergebnisse, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, muss kontinuierlich abgestimmt und angepasst werden.

  1. Proaktiv statt reaktiv

Viele Support-Organisationen sind sehr hoch getaktet. Ihr Tagesgeschäft wird dominiert von ungeplanten Aktivitäten wie Anfragen, Störungen, Issues und Aufträgen, die rasch umgesetzt werden müssen. Sie handeln zumeist reaktiv, sobald der Kunde Unterstützung braucht. Das heißt, diese Organisationen sind in hohem Maße fremdbestimmt und haben Schwierigkeiten mit der Planung. Optimierungen sind unter diesen Rahmenbedingungen sehr schwierig, Steuerung und Kontrolle dementsprechend ebenfalls. Für den künftigen Erfolg dieser Serviceeinheiten ist es wesentlich, Wege zu finden, wie sie von der Reaktivität zur Proaktivität kommen, um damit Kontrolle und Planbarkeit zurück zu gewinnen.

  1. Der optimale Flow

Daher geht es darum, für alle Aufgaben den optimalen Fluss („Flow“) durch eine Organisation zu definieren. Ein Fluss ohne Unterbrechungen und Rückflüsse. Denn Unterbrechungen und Rückflüsse (z. B. durch unklare Schnittstellen und Kompetenzen) sind verschwendete Zeit und Geld, die sich keine Organisation mehr leisten kann. Der optimale Flow impliziert Flexibilität. Prozesswelten haben in der Regel den Ansatz, dass der Ablauf, sobald er definiert ist, starr und nicht einfach veränderbar ist. Dies funktioniert in den heutigen meist agilen Umfeldern nicht mehr. Der optimale Ablauf ist für die kommenden Jahre nicht festgeschrieben. Der Flow verhält sich eher wie ein Gebirgsfluss: Wasser sucht sich immer den schnellsten und effizientesten Weg ins Tal. Verändert sich das Flussbett, z. B. durch einen heruntergefallenen Felsen, verändert sich auch der optimale Weg. Service-Organisationen müssen also für alle Aktivitäten, Prozesse, Störungen oder Aufträge ihren optimalen Ablauf finden und definieren. Dieser Flow ist insofern flexibel, dass regelmäßig hinterfragt wird, ob sich Rahmenbedingungen geändert haben und ob Anpassungen am Ablauf notwendig sind. Dafür muss sich die Service-Organisation Raum in Form von Zeit und Geld schaffen. Dies gelingt dadurch, dass Rückflüsse und Behinderungen beseitigt werden und die definierten Abläufe (gerade für alle Routinetätigkeiten) konsequent standardisiert und automatisiert werden.

  1. Auflösung von Hierarchien und Silos

Damit einhergeht, dass klassische Aufbauorganisationen zwar noch existent sind, aber die Zusammenarbeit immer mehr service- und prozessorientiert erfolgt. In funktionalen Silos zu agieren funktioniert heute nicht mehr. Der optimale Flow wird entlang der Wertschöpfung in Matrix-Organisationen abgebildet. Dadurch verändert sich die Kultur der Kommunikation und Zusammenarbeit. Es wird zunehmend projekt- und prozessbezogen gearbeitet - stark abteilungs- und organisationsübergreifend. Das führt dazu, dass sich die Ausprägung der Führungskräfte von Fachexperten hin zu Koordinatoren und Mentoren ändern. Ihre primäre Aufgabe ist es, zukünftig den Fluss zwischen allen beteiligten Personen und Parteien aufrecht zu erhalten, in dem sie ständig für optimale Rahmenbedingungen sorgen.

  1. Visualisierung und volle Transparenz der Aufgaben

Wird in dieser Art gearbeitet, muss bei allen Beteiligten Klarheit darüber herrschen, welche Aufgaben anstehen, welche Ergebnisse und Teil-Ergebnisse bis wann erreicht sein müssen und welche Tätigkeiten von wem dafür erledigt werden. Die Visualisierung schafft Transparenz und damit einhergehend optimierte Effizienz. Zudem kann die Service-Organisation die Wertschöpfung, die sie im Unternehmen beiträgt, überhaupt erst nachweisen. Rasch entwickeln sich davon ausgehend selbststeuernde Teams und selbstlernende Organisationen. Durch Visualisierung wird Überblick erreicht. Volle Transparenz und Visualisierung ist zukünftig für Service-Organisationen unverzichtbar, um wie beschrieben agieren zu können und gleichzeitig jederzeit aussagekräftig zu sein, wie ihr Beitrag zum Unternehmenserfolg aussieht.

  1. Mehr Agilität

Zusammenfassend kann man sagen, dass mehr Beweglichkeit (Agilität) die Schlüsselkompetenz für den zukünftigen Erfolg von jeglichen Service-Organisationen darstellt. Um dies leisten zu können, müssen die oben beschriebenen Herausforderungen ganzheitlich bewältigt werden. Es gilt eine Service-Kultur zu etablieren, die kontinuierliche Veränderung als normal versteht und organisatorische Fähigkeiten etabliert hat, die der Organisation Raum lässt, sich kontinuierlich an agile Rahmenbedingungen anzupassen. Wichtig dafür ist, Routinetätigkeiten in saubere Abläufe zu gießen und gleichzeitig so viel Aufwand wie möglich in Businessprojekte, in added value, zu investieren. Durch die Reduktion von ungeplanter Arbeit und die Standardisierung bzw. Automatisierung des Tagesgeschäfts werden Kapazitäten frei, die für den Aufbau der notwendigen Agilität benötigt werden. Ein Ersticken in Routinetätigkeiten wird verhindert.

Diese Herausforderungen werden durch drei grundlegende Entwicklungen bzw. Trends zusätzlich befeuert, die aktuell de facto alle Serviceorganisationen in jeder denkbaren Branche treffen:

  1. Shared Service Center

Services, die für viele Kunden bzw. Organisationen erbracht werden, werden häufig als Shared-Service-Center aufgebaut. Beispiel: HR-Leistungen werden zentral aus einem Shared-Service-Center mit transparenter Leistungsverrechnung für das gesamte Unternehmen erbracht. Auch Kundendienst-Organisationen werden immer häufiger zu Shared-Service-Center zusammengefasst, um unterschiedliche Kunden (interne und/oder externe) möglichst effizient mit standardisierten Dienstleistungen bedienen zu können.

  1. Service Management als Geschäftsmodell

Service Management wird immer mehr zum Geschäftsmodell. Es werden gezielt Umsätze mit Serviceleistungen generiert. Diese Service-Umsätze gewinnen mehr und mehr für die Unternehmen an Bedeutung. Dies gilt gerade für Branchen, in denen z. B. die Marge für vergleichbare Produkte sinkt oder die in einem starken Wettbewerb stehen. Hier wird der herausragende Service zum Alleinstellungsmerkmal und Wirtschaftsfaktor.

  1. Unumkehrbare Themen wie Industrialisierung 4.0, Internet of Things, Digitale Transformation

Diese Entwicklungen führen dazu, dass IT-Services und Produktions- und Supportservices immer mehr miteinander verschmelzen. Früher war etwa ein Auto ein autarkes Element, heute ein komplex vernetztes digitales System. Gabelstapler fahren komplett autonom. Heizungen sind smart und über das Internet steuerbar. Es gibt kaum noch ein Produkt ohne digitale und vernetzte Elemente. Das hat große Auswirkungen auf die Servicearbeit, denn die Art und Weise der Service-Erbringung ändert sich radikal und rasend schnell.

Enterprise Service Management mit ITIL als Antwort

Der Begriff Enterprise Service Management kommt ursprünglich aus der IT, birgt aber für alle Branchen enorme Möglichkeiten der Standardisierung und Professionalisierung von Service- und Support-Aktivitäten durch die Anwendung von Best Practices nach ITIL. Man versteht darunter die Subsumierung aller Aktivitäten des Service Management, angewendet in jeglicher Serviceorganisation. Betrachtet man einen Service als eine Möglichkeit, einen Mehrwert für Kunden zu erbringen, indem das Erreichen der von den Kunden angestrebten Ergebnisse erleichtert oder gefördert wird, dann bietet das Enterprise Service Management basierend auf ITIL eine Reihe spezialisierter organisatorischer Fähigkeiten zur Generierung genau dieses Kundenmehrwerts.

Warum Service Management mit ITIL im Kundenservice funktioniert

In der praktischen Umsetzung müssen die ITIL-Ansätze an die individuellen Anforderungen und die anwendende Organisation angepasst werden. Buchtreue ist kein Qualitätskriterium und nichts muss repariert werden, was nicht kaputt ist. Abschließend wird das individuelle, daraus resultierende System in einem professionellen Tool abgebildet, das die notwendige Automatisierung und Geschwindigkeit erst ermöglicht, um die gewünschte Agilität zu erreichen.

Voraussetzungen für ein passendes Tool

Der Service-Gedanke wird in vielen Unternehmen bereits in verschiedensten Bereichen realisiert. Stets geht es darum, Geschäftsprozesse zu optimieren, zu automatisieren und zu unterstützen. Passiert das toolgestützt, sollte dieses zumindest diesen Anforderungen entsprechen:

Sind die Prozesse im Unternehmen sauber definiert, wird in Kombination mit einem entsprechenden Tool eine trag- und zukunftsfähige Lösung für ein erfolgreiches Service-Management implementiert werden.


Über Markus Bause:

Markus Bause ist seit 2004 bei der SERVIEW GmbH tätig und verantwortet dort seit 2006 als Geschäftsführer die Bereiche Consulting und Training. Nach seinem Studium in der Fachrichtung Nachrichtentechnik war er in verschiedenen Unternehmen als Manager interner IT-Organisationen tätig und kann dadurch sehr gut die Perspektive seiner heutigen Kunden einnehmen. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen im strategischen Consulting als Berater, Coach und Trainer, vor allem in der Beratung von Konzernkunden in Fragen der Organisationsentwicklung und Governance und zu komplexen Aufgaben im Service-Management.

Über Oliver Bendig:

Oliver Bendig trägt als Chief Executive Office (CEO) die Gesamtverantwortung für die Matrix42 AG. In seine Zuständigkeit fallen die Bereiche Produktion, Marketing, Sales-, Pre-Sales-, Channel-Aktivitäten, Professional Services, Support sowie IT- bzw. Cloud-Operations. Er besitzt mehr als 15 Jahre Erfahrung im Arbeitsplatzmanagement und gilt als Vorausdenker in der Branche.