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»Der Drang, immer besser zu werden, liegt in unserer DNA«

Foto: »Wir sind mit dem abgelaufenen Jahr sehr zufrieden. Die Ausfälle zu Beginn der Krise konnten wir überkompensieren«, sagt Bernhard Hirschmüller. Foto: »Wir sind mit dem abgelaufenen Jahr sehr zufrieden. Die Ausfälle zu Beginn der Krise konnten wir überkompensieren«, sagt Bernhard Hirschmüller.

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Velux-Geschäftsführer Bernhard Hirschmüller über den Stellenwert des Wohnens in Zeiten der Pandemie, das Projekt »lebenslange CO2-Neutralität« und die gegenläufigen Trends zu Smart Home und Low-Tech-Häusern.

(+) plus: Sie sind seit Februar 2020 Geschäftsführer von Velux. Wie gut waren Sie in Ihre neue Position eingearbeitet, als die Coronakrise ausbrach?

Bernhard Hirschmüller: Ich bin seit März 2018 als Vertriebsleiter bei Velux Öster­reich. Damit war ich im Haus sehr gut vernetzt. Natürlich war der Umstieg eine Änderung, aber unser Vorteil ist, dass wir ein sehr starkes Team mit großer Passion für das Unternehmen haben und mich jeder Einzelne von Anfang an sehr unterstützt hat. Das Erste, was ich von meinen Vertriebskollegen gehört habe, war: »Mach dir keine Sorgen, wir halten dir den Rücken frei.« Das ist gerade in einer Krisensituation enorm wichtig.

(+) plus: Ihr Vorgänger war relativ kurz im Unternehmen. Wie überraschend kam für Sie die Beförderung?

Hirschmüller: Es war tatsächlich nicht absehbar, dass sich mein Vorgänger nach nur fünf Monaten aus persönlichen Gründen entschieden hat, sich zu verändern. Als Vertriebsleiter war ich aber in viele andere Bereiche wie Finanzen oder Service involviert, deshalb fiel mir der Umstieg nicht so schwer. Mit dem Ausbruch der Krise hat sich die Situation aber natürlich komplett geändert. Gerade zu Beginn war die Verunsicherung groß. Die Verantwortung für viele Menschen zu tragen, war schon eine große Herausforderung. Auch hier hat das Team perfekt gearbeitet und freiwillig mehr gemacht.

(+) plus: Das Handwerk boomt trotz oder teilweise auch wegen Corona. Viele Menschen sind zu Hause und nutzen Zeit und auch Geld, um das eigene Haus, die eigenen vier Wände in Schuss zu bringen. Wie wirkt sich dieser Trend zum Cocooning auf Velux aus?

Hirschmüller: Der Stellenwert des Wohnens ist definitiv gestiegen. Viele Menschen haben die hohe Bedeutung von Tageslicht und Frischluft erkannt. Da haben wir mit unseren Dachfensterlösungen natürlich gute Antworten. Gerade auch unser Velux Active System, mit dem sensorbasiert automatisch das perfekte Raumklima geschaffen wird, wird am Markt sehr gut angenommen.

(+) plus: Wie ist Velux wirtschaftlich durch das Jahr 2020 gekommen?

Hirschmüller: Wir sind mit dem abgelaufenen Jahr sehr zufrieden. Es gab mehr Kundenanfragen als im Jahr davor und wir konnten diese auch erfüllen. Die Ausfälle zu Beginn der Krise konnten wir überkompensieren.

(+) plus: Fürchten Sie, dass langfristig die privaten Investitionen durch die coronabedingte Wirtschaftskrise sinken werden?

Hirschmüller: Wir haben das sehr intensiv diskutiert, aber wirklich seriös lässt sich das nicht einschätzen. Mein Gefühl ist aber, dass das erste Halbjahr 2021 noch sehr positiv verlaufen wird. Danach gibt es viele Variablen. Gibt es weitere Lockdowns? Wie gut funktioniert die Impfung? Darauf gibt es noch keine Antworten, deshalb haben wir uns in der Planung auf das erste Halbjahr konzentriert.

(+) plus: Im Zuge einer »lebenslangen CO2-Neutralität« hat sich Velux in Zusammenarbeit mit dem WWF verpflichtet, das gesamte CO2, das seit der Gründung ausgestoßen wurde, durch den Erhalt und die Wiederaufforstung von Wäldern auszugleichen. Mit welchen aktuellen und zukünftigen Maßnahmen abseits von Wiederaufforstungen will Velux diese CO2-Neutralität leben?

Hirschmüller: Velux wurde 1941 gegründet. In den frühen 60er-Jahren hat sich das Unternehmen dazu bekannt, eine »Model Company« zu sein. Die Idee war, die Kunden, Partner und Lieferanten besser zu behandeln als alle anderen. Der Drang, immer besser zu werden, liegt tief in unserer DNA. Die lebenslange CO2-Neutralität ist da ein logischer Schritt. Wir haben schon seit 2007 rund 47 Prozent der CO2-Emissionen eingespart.

Das ist bei uns schon immer ein wichtiges Thema. Jetzt gehen wir aber noch weiter und wollen nicht nur den aktuellen CO2-Ausstoß reduzieren, sondern auch den historischen. Das Projekt läuft 20 Jahre, wir reden immerhin von 5,6 Millionen Tonnen CO2. Die ersten Aufforstungen im Ausmaß von rund zehn Millionen Bäumen starten noch in diesem Jahr.

Aber auch abseits von Wiederauffors­tungen tut sich einiges, auch in Österreich. Wir haben den Energielieferanten gewechselt, haben Photovoltaikanlagen installiert und große Teile des Transport von der Straße auf die Schiene verlegt.

(+) plus: Neben dem Trend zum Smart Home gibt es auch eine Trend zu Low-Tech-Häusern und -Wohnungen. Welchen Trend sehen Sie stärker und welche Lösungen hat Velux dafür im Angebot?

Hirschmüller: Das sind zwei verschiedene Zugänge und jeder muss für sich entscheiden, wie man das Zuhause gestalten will. Am Beispiel Velux Active sieht man, dass auch wir verschiedene Zugänge haben. Das eine ist eine vollautomatische, sensorbasierte Steuerung, das andere ein simpler Wandtaster. Wir können da alle Wünsche erfüllen. Aber generell steigen die Nachfrage und das Interesse an der automatischen Lösung stark an.

(+) plus: Ein Megatrend innerhalb der Bauwirtschaft ist ohne Zweifel Building Information Modeling. Inwieweit ist Velux BIM-fit?

Hirschmüller: Wir haben die Daten in allen möglichen Formaten verfügbar. Die Nachfrage steigt auch in diesem Bereich. 2020 haben wir gegenüber 2019 einen Anstieg von rund 20 Prozent verzeichnet, allerdings von einem geringen Niveau kommend. Wir sind technologisch generell sehr gut aufgestellt. Da geht es auch um den elektronischen Datenaustausch mit unseren Händlern und Handwerkern. Da sind wir schon gut aufgestellt, wir arbeiten aber weiter daran.

(+) plus:  Wie aufgeschlossen sind speziell die Handwerker?

Hirschmüller: Das sollte man nicht unterschätzen. Speziell seit März hat sich da auch nochmal viel getan. Viele Handwerker nutzen die Möglichkeiten, sich digital zu informieren, jetzt deutlich mehr.  

(+) plus: Velux ist uneingeschränkter Marktführer im Bereich Dachfenster und sieht sich selbst auch als Innovationsführer. Woran wird aktuell gearbeitet? Mit welchen Innovationen dürfen Kunden in absehbarer Zeit rechnen?

Hirschmüller: Für Velux Active wird es eine Zwischenlösungen zwischen der vollautomatisierten Variante und dem Wandtaster geben, und zwar in Form einer App. Im Bereich Tageslicht wird sich auf Produktseite einiges tun, um noch mehr Tageslicht in Räume zu bekommen. Mehr Infos dazu werden wir im Laufe des Jahres veröffentlichen.

(+) plus: Mit welcher kurz-, mittel- und langfristigen Entwicklungen muss die Bauwirtschaft aus Ihrer Sicht rechnen? Mit welchen Erwartungen blickt Velux in die
Zukunft?

Hirschmüller: Die Velux-Glaskugel ist prinzipiell eine sehr optimistische, dasselbe gilt auch für mich. Allerdings gibt es im Moment noch so viele Unbekannte, dass ich mir mit einer Einschätzung sehr schwer tue. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen der Außendienstmitarbeiter. Auch die bekommen vom Markt sehr unterschiedliche Signale.

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