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"Zahlungsausfälle können verhindert werden"

"Wir liefern nicht nur Daten, sondern erarbeiten auch gemeinsam mit den Kunden Lösungen. Wir sehen uns die Prozesse an und zeigen auf, wie man das Risiko besser managen kann", erklärt Boris Recsey. "Wir liefern nicht nur Daten, sondern erarbeiten auch gemeinsam mit den Kunden Lösungen. Wir sehen uns die Prozesse an und zeigen auf, wie man das Risiko besser managen kann", erklärt Boris Recsey.

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Boris Recsey, Geschäftsführer der auf Bonitäts- und Unternehmensinformationen spezialisierten CRIF GmbH, über die Bonität und Zahlungsmoral der heimischen Baubranche. Und er erklärt, wie man Risiko managen und Zahlungsausfälle verhindern kann.

Report: CRIF ist auf Bonitäts- und Unternehmensinformationen spezialisiert. Wie ist es denn um die Bonität der heimischen Bau- und Immobilienwirtschaft bestellt?
Boris Recsey: Die Baubranche ist eine der Branchen mit dem höchsten Ausfallsrisiko. Erschwerend kommt hinzu, dass die Margen sehr gering sind. Verglichen mit den ebenfalls traditionell risikobehafteten Branchen Handel und Gastronomie weist der Bau die meisten Insolvenzen auf. 2015 mussten etwa 3,73 Prozent der Bauunternehmen in Wien Insolvenz anmelden. Das ist ein absoluter Spitzenwert.  Deshalb sollte gerade diese Branche verstärkt in Risikomanagement und Bonitätsüberprüfungen investieren.

Report: Ihr Geschäft sind Daten. Wie kommen Sie an diese Daten?
Recsey:  Wir arbeiten in Österreich exklusiv mit über 70 Inkassobüros und Betreibungsdienstleistern zusammen, die uns ihre Zahlungsinformationen übermitteln. Diese Daten werden bei uns täglich aktualisiert. Neben diesen Bonitätsinformationen beziehen wir Informationen vom Firmenbuch, dem Gewerberegister und der Ediktsdatei.

Report: Wenn man sich in der Baubranche umhört, spielt professionelles Risikomanagement eine eher untergeordnete Rolle.
Recsey:  Es gibt da sicher gewisse Berührungsängste, was nur schwer nachvollziehbar ist. Denn eigentlich ist die Baubranche eine jener Branchen, die am meisten Bedarf hätte. Wir bieten etwa Risikomanagement auch für Zahlungsmittelsteuerung an. Wir wollen mit unseren Daten ja keine Geschäfte verhindern, sondern erst ermöglichen, und zwar auf Basis eines sehr geringen Risikos. Die Empfehlungen lautet dann etwa, bei einem Kunden lieber auf Vorauskasse zu setzen statt auf Rechnung.
Wir liefern aber nicht nur Daten, sondern erarbeiten auch gemeinsam mit den Kunden Lösungen. Wir sehen uns die Prozesse an und zeigen auf, wie man das Risiko besser managen kann.
Wir sind ja oft auch nicht die einzelne Datenquelle, die herangezogen wird. Aber dann ist es wichtig, wie mit den Daten umgegangen wird und welche Prozesse damit in Gang gesetzt werden. Da können wir auf Basis unserer Erfahrung und Best Practices helfen.

Report: Welche Lösungen haben Sie für die Bau- und Immobilienbranche?
Recsey: Für Immobilienmakler und Gebäudeverwaltungen haben wir ein spezielles Angebot, das Auskunft über Zahlungserfahrungen und vergangene Delogierungen potenzieller Neumieter gibt. Damit können die Mietausfälle deutlich reduziert werden.
Für die Transportbetonbranche haben wir eine eigene Branchenlösung entwickelt. Da werden nicht nur Zahlungsausfälle, sondern auch so genannte Positivdaten innerhalb einer geschlossenen User-Gruppe ausgetauscht. Damit erhält man etwa ein Profil, ob Kunden innerhalb des vorgegebenen Zahlungsziels zahlen oder ob es zu vereinzelten oder regelmäßigen Verzögerungen kommt. Es werden also Erfahrungen mit Kunden ausgetauscht.

Report: Gelingt es damit auch tatsächlich, Zahlungsausfälle zu vermeiden?
Recsey:  Auf jeden Fall. Wir machen auch mit jedem Kunden einmal im Jahr eine Portfolioanalyse. Dabei werden die Unternehmen, die von uns überprüft wurden, hinsichtlich Zahlungsausfällen mit den anderen Unternehmen verglichen. Da zeigen sich bei den überprüften Unternehmen signifikant bessere Ergebnisse und weniger Ausfälle.
In diesem Zusammenhang bieten wir unseren Kunden auch Monitoringlösungen an. Dafür stellt uns der Kunde sein Kundenportfolio zur Verfügung und wir informieren ihn, wenn sich bei Kunden gewisse vorher definierte Parameter wie etwa ein Wechsel in der Führungsetage oder die Zahlungsmoral ändern. 

Report: In der Baubranche gibt es auch viele Totalausfälle, oftmals auch mit betrügerischem Hintergrund. Können Sie mit Ihren Daten auch in diesem Bereich vorzeitige Warnschüsse abgeben?
Recsey:  Ja, das können wir, weil wir die Dimensionen »Unternehmen« und »Personen« zusammenführen. Wenn jemand unsere Dienstleistung in Anspruch nimmt, erhält er auch Informationen darüber, wie Entscheidungsträger in früheren Positionen und Unternehmen agiert haben und wie es um ihre Zahlungsmoral bestellt ist. 

Report: Welche Branchen sind in Sachen Risikomanagement und Bonitäts­überprüfungen am weitesten oder am sorgfältigsten und wo gibt es den meisten Aufholbedarf?
Recsey:  Am weitesten ist sicher die Finanzbranche, gefolgt von E-Commerce-Unternehmen und der Telekommunikationsbranche. Da sind diese Themen ganz einfach Teil der Prozesse. Aufholbedarf gibt es vor allem im B2B-Bereich.

Report: Warum herrscht gerade dort eine gewisse Sorglosigkeit?
Recsey:  Das spiegelt auch ein wenig die Unternehmenslandschaft Österreichs wider. 90 Prozent sind KMU, die glauben, ihre Kunden zu kennen. Da läuft viel über Vertrauen. Das ist ja auch nichts Schlechtes, aber auch der BvCM, der Bundesverband Credit Management, versucht das Bewusstsein der Unternehmen zu stärken, dass nicht alles auf Vertrauensbasis laufen kann.    

Report: CRIF entwickelt auch Systeme zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen. Was kann man sich genau darunter vorstellen?
Recsey:  Das sind Softwaresysteme, die beispielsweise eine Marketingaktion mit einer gewissen Kundengruppe zusammenführt und die zu erwartenden Auswirkungen simuliert. Im Falle eines großen Online-Händlers wurde etwa untersucht, was aufgrund des bisherigen Kundenverhaltens von einer geplanten Werbeaktion zu erwarten ist – wie viele Bestellungen wird es geben, wie viele Retouren und wie viele Zahlungsausfälle. Anhand dieser Information kann der Händler dann entscheiden, ob er die Aktion startet oder nicht.


Studie: Die Zahlungsmoral in Österreich
In einer aktuellen CRIF-Studie wurde das Zahlungsverhalten der österreichischen Unternehmen 2015 unter die Lupe genommen. Erhoben wurden alle 2015 eröffneten Insolvenz­verfahren sowie Inkassofälle, verglichen wurden die Unternehmen nach Bundesländern und den drei Branchen Bau, Handel und Gastronomie.
Die wenigsten Insolvenzen gab es wie schon im Jahr davor in Tirol (0,5 % der Unternehmen), die meisten in Wien (0,77 %). Im Vergleich dieser traditionell risikobehafteten Branchen weist der Handel die wenigsten Insolvenzen auf, die Gastronomie rangiert auf Platz zwei. Am häufigsten wurden 2015 Bauunternehmen insolvent. 2015 meldeten 3,73 % der Bauunternehmen in Wien Insolvenz an – ein Prozentsatz, der sechsmal so hoch ist wie die niedrigste Insolvenzrate der drei Branchen, jene von Handelsunternehmen in Tirol
(0,62 %). Die meisten Inkassofälle wurden in der Gastronomie eröffnet, gefolgt von Bau und Handel. Bei der durchschnittlichen Höhe eines Inkassofalls hat eindeutig der Bau die Nase vorn, nur knapp halb so hohe durchschnittliche Zahlungsausfälle weisen Handel und Gastronomie auf.

Last modified onDienstag, 27 Dezember 2016 11:41

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