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»Ohne Subs funktioniert Lean Construction nicht«

Foto: »Von Effizienzgewinnen, besseren Prozessen und Abläufen verspreche ich mir deutlich mehr als von höheren Preisen. Denn das ist konjunkturabhängig. Bessere Prozesse und Strukturen sind aber nachhaltiger«, sagt Christof Gämperle. Foto: »Von Effizienzgewinnen, besseren Prozessen und Abläufen verspreche ich mir deutlich mehr als von höheren Preisen. Denn das ist konjunkturabhängig. Bessere Prozesse und Strukturen sind aber nachhaltiger«, sagt Christof Gämperle.

Christof Gämperle, Geschäftsführer von Implenia in Österreich, spricht im Interview mit dem Bau & Immobilien Report über angespannte Märkte, die Vertiefung der Wertschöpfungskette und die Unterschiede zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich. Außerdem erklärt er, wie er die Marge dank Operational Excellence verbessern will und welche Rolle die Subunternehmen dabei spielen.

Report: In der Schweiz ist Implenia Marktführer, welche Rolle will man kurz-, mittel- und langfristig in Österreich spielen?

Christof Gämperle: Implenia will in Österreich eine maßgebliche Rolle spielen. Das heißt nicht, dass wir eine Marktführerschaft anstreben. Wir suchen uns Bereiche des Baumarktes aus, die rentabel sind und langfristige Perspektiven haben. Das trifft vor allem auf die Infrastruktur zu. Das ist aus unserer Sicht ein globaler Megatrend. Und aus heutiger Sicht ist auch der Hochbau sehr attraktiv.

Report: Auch wenn die Infrastruktur ein globaler Megatrend ist, gibt es immer wieder – natürlich auch in Österreich – Kritik, dass zu wenig investiert wird. Wie sehen Sie das? Auch im internationalen Vergleich.

Gämperle: Es könnte immer mehr sein (lacht). Aber gerade bei ÖBB und Asfinag scheint die budgetäre Ausstattung in Ordnung zu sein. Da ist eher die lange Zeitspanne zwischen Planung und Ausführung das Problem.

Wenn Sie aber die internationale Ebene ansprechen, dann muss man klar festhalten: Eine Katastrophe wie in Genua darf nicht passieren, unter keinen Umständen! Daran sieht man, dass in die Infrastruktur investiert werden muss. Das gilt für alle Länder. Wenn man sich vor Augen hält, wie viel Deutschland jetzt zusätzlich investieren muss, weil der richtige Zeitpunkt für Instandhaltungen und Sanierung verpasst wurde, dann wird deutlich, dass laufende Investitionen deutlich sinnvoller und kostengünstiger sind. Aber die Politik ist leider nicht auf längere Perioden ausgerichtet. Das muss man akzeptieren und darauf muss man sich einstellen, auch als Bauunternehmen. Auch deshalb ist es als Bauunternehmen wichtig, auf mehreren Standbeinen, d.h. Märkten und Sparten, zu stehen.

Report: Aktuell kann man von einem echten Bauboom sprechen. Immer mehr kritische Stimmen warnen aber vor einer Marktüberhitzung, unter der die Qualitäten leiden und Auftraggeber Schwierigkeiten haben, vernünftige Angebote zu bekommen. Die ÖBB haben – nicht nur, aber auch aus diesem Grund – einige Bauprojekte bereits verschoben. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage?

Gämperle: Der Markt ist auf der Ausführungsseite auf jeden Fall angespannt. Das spürt man vor allem durch die steigenden Preise bei Subunternehmen. Eine Überhitzung sehe ich im Wohnungsbau dennoch nicht, denn die Nachfrage ist ohne Zweifel gegeben. Gerade in den Ballungszentren mache ich mir überhaupt keine Sorgen, da wird nirgends auf Halde produziert. Im Gegenteil, die Nachfrage  kann aktuell mit dem Angebot nicht mithalten. Dadurch steigen die Kosten bzw. Preise.

Report: Gelingt es Ihnen, diese Erhöhungen an den Kunden weiterzugeben?

Gämperle: Zum Teil. Die Margen sind so gering, dass uns gar nichts anderes übrigbleibt, als Preiserhöhungen weiterzugeben.

Report: Wäre nicht jetzt auch der ideale Zeitpunkt, um die eigenen Margen zu erhöhen?

Gämperle: Wir bei Implenia haben da eine klare Strategie. Wir haben unsere Kosten und wir haben unsere Marge. Natürlich streben auch wir eine Margenverbesserung an. Aber nicht nur auf der Preisseite, sondern auch bei den Kosten. Von Effizienzgewinnen, besseren Prozessen und Abläufen verspreche ich mir deutlich mehr als von höheren Preisen. Denn Preise sind konjunkturabhängig. Bessere Prozesse und Strukturen sind aber nachhaltiger.

Report: Diese Effizienzsteigerung soll bei der Implenia auch durch das Ziel einer Operational Excellence erreicht werden, um alle Prozesse und Systeme entlang der Wertschöpfungskette zu optimieren. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie, um dieses Ziel zu erreichen?

Gämperle: Wir verfolgen hier ganz klare Konzepte. Wir haben standardisierte Prozesse, die mit verschiedenen Tools unterstützt werden. Das stellt einen effizienten Ablauf für ein Bauvorhaben sicher.

Ein zweiter wesentlicher Bereich der Operational Excellence ist Lean Construction. In Österreich haben wir aktuell zwei Lean-Pilotprojekte. Durch die Vermeidung von Verschwendung versprechen wir uns enorme Effizienzsteigerungen. Das entsprechende Konzept mit einem sehr detaillierten Taktplan wurde von unserem Lean-Team mit dem operativen Baustellenteam ausgearbeitet. Dabei wird deutlich mehr Zeit für die Planung des Bauablaufs aufgewendet, heruntergebrochen bis auf die einzelne Wohnung oder sogar einzelne Räume. Dann sieht man relativ rasch, wo es Optimierungspotenzial gibt. Das wird auch durchgespielt und die Subunternehmen werden eingebunden. Das ist entscheidend, denn ohne Subs kann Lean nicht funktionieren. Wenn ein Sub nicht performt, muss er das aufholen.

Report: Immer mehr Unternehmen der Bauindustrie setzen auf eine Vertiefung der Wertschöpfungskette. Verfolgen Sie ähnliche Pläne?

Gämperle: Die Vertiefung der Wertschöpfungskette ist eine ganz wesentliche Strategie von Implenia. Das ist in Österreich noch nicht ganz so stark ausgeprägt, aber wir haben immerhin schon einen eigenen Spezialtiefbau, einen Ingenieurbau und einen Trockenbau. Das kommt uns in der angespannten Marktsituation jetzt zugute. Wir wollen auch verstärkt Eigenpersonal einsetzen, aber es ist nicht so einfach, das passende Personal zu finden.

Report: Seit März 2016 gilt in Österreich das verpflichtende Bestbieterprinzip bei öffentlichen Bauaufträgen. Eine aktuelle Erhebung des Bau & Immobilien Report hat gezeigt, dass dennoch fast immer der billigste Anbieter den Zuschlag bekommt und es nur selten zu einer Umreihung kommt. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Bestbieterprinzip gemacht?

Gämperle: Es braucht einfach den Mut, die qualitativen Kriterien stärker zu gewichten. In der Schweiz gibt es Beispiele, wo der Preis nur noch zu 60 Prozent gewertet ist. Da kommt es dann auch zu Umreihungen. Das haben wir selbst schon mehrmals erlebt, im Positiven wie im Negativen.

Prinzipiell gilt, der Erste will Erster bleiben, der Zweite hofft oder geht davon aus, über die Qualitätskriterien den Zuschlag zu erhalten. Da wird es immer Unzufriedenheit geben. Man muss aber klar festhalten: Der Preis ist nicht das schlechteste Kriterium, weil er klar und gut vergleichbar ist.

Report: Sie sind seit knapp eineinhalb Jahren in Österreich. Welche Unterschiede sehen Sie zu Deutschland oder der Schweiz?

Gämperle: Da gibt es nicht viele Unterschiede. Es sind dieselben Themen, die Auftraggeber und Auftragnehmer beschäftigen. Es geht um die Qualität von Planung und Subunternehmen, um sehr knappe Zeitvorgaben und Kosten.
In Österreich wird dank einer langen Bau­tradition mit sehr guten Handwerkern in hoher Qualität gebaut.

Report: Die von Implenia für das erste Halbjahr veröffentlichen Ergebnisse sind sehr gut. Wie ist es in Österreich gelaufen und welche Ziele setzen Sie sich für das Gesamtjahr?

Gämperle: Implenia berichtet in Segmenten, Österreich ist in das Segment International integriert. Was ich sagen kann: Wir sind sehr zufrieden mit dem generellen Auftragseingang und damit, wie sich die aktuellen Projekte entwickeln. Der Auftragseingang ist in einigen Bereichen sehr gut, in anderen Segmenten stehen wir unmittelbar vor einem wesentlichen Zuwachs.

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