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»Unser Vorbild ist die Schweiz«

(Foto: proHolz) »In Wien sind die politischen Signale für den Einsatz von Holz im mehrgeschoßigen Wohnbau sehr positiv«, sagt ProHolz-Geschäftsführer Georg Binder. (Foto: proHolz) »In Wien sind die politischen Signale für den Einsatz von Holz im mehrgeschoßigen Wohnbau sehr positiv«, sagt ProHolz-Geschäftsführer Georg Binder.

ProHolz-Geschäftsführer Georg Binder über die Tücken des mehrgeschoßigen Wohnbaus, Gespräche mit anderen Interessensvertretungen und das Vorbild Schweiz.

 

Report: Welche Rolle spielt der Werkstoff Holz im mehrgeschoßigen Wohnbau in Österreich?
Georg Binder: Derzeit spielt Holz sicher noch eine Nischenrolle. Es gibt zwar einige Projekte, die haben aber auch für uns Pioniercharakter.

Report: Wie kann man diese Nischenrolle verlassen – oder fühlen Sie sich in der Nische ohnedies wohl?
Binder: Der mehrgeschoßige Wohnbau ist eine große Aufgabe. Die Standardbaustoffe Ziegel und Beton haben sich hier fest etabliert und gelten als das Maß aller Dinge. Holz hat mit gewissen Vorbehalten in Hinblick auf Schall- und Brandschutz zu kämpfen und ist zudem mit Bauordnungen konfrontiert, die rechtlich noch nicht alles zulassen, was technisch möglich ist. Dazu kommen ein sehr hoher Planungsaufwand und das Problem, dass wir noch zu wenig Generalunternehmer haben, die solche Großprojekte für den Holzbau abwickeln. In der Regel ist der Generalunternehmer ein Betonierer und der Holzbau kommt im Sub. Das ist natürlich nicht ideal.
Die Frage ist, wie sich unsere Industrie und Gewerbe in den Bereich Generalunternehmung hineinentwickeln. Unbestritten ist, dass der Holzbau in diesem Marktsegment großes Potenzial hat. Vor allem im Großraum Wien, wo mittelfris­tig mehr als zwei Millionen Menschen leben werden, braucht man leistbaren Wohnraum. Das ist für uns ein sehr interessanter Markt. Es geht darum, dass wir uns im Großraum Wien bis 2025 ein Potenzial von 15 Prozent sichern können.

Report: Wie soll das gelingen?
Binder: Da muss sich intern und extern einiges tun. Industrie und Gewerbe müssen sich stärker in Richtung Generalunternehmen entwickeln oder entsprechende Kooperationen eingehen.

Report: Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht Hybridbauten wie etwa der Lifecycle­Tower von Rhomberg?
Binder:  Der LCT hat einen Betonkern mit einer darum herum entwickelten Holzstruktur und Holz-Beton-Verbund-Rippendecken. Beide Materialien werden nach ihren jeweiligen Vorzügen eingesetzt. Damit gelingt es Rhomberg auch, das Thema Brandschutz zu lösen. Das ist sicher ein Weg für die Zukunft.

Report: Gibt es bereits Gespräche mit anderen Interessensvertretungen?
Binder: Wir versuchen derzeit, gemeinsam mit allen Verbänden zumindest für den Großraum Wien eine Strategie zu entwickeln. Dafür braucht es auch den Willen der Industrie.

Report: Sehen Sie die Bereitschaft, sich zu öffnen?
Binder:  Ich bin der festen Überzeugung, dass sich auch die großen Wohnbauträger und Bauindustrieunternehmen mit dem Thema beschäftigen, wenn es einen Markt dafür gibt. 

Report: Ihre Aufgabe ist es also, diese Nachfrage zu schaffen?
Binder: Unsere Aufgabe ist es vor allem, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. In Wien gibt es seitens der Politik sehr positive Signale. Aber für die Beamten zählen natürlich in erster Linie die OIB-Richtlinien. Ab dem fünften Stockwerk, und erst ab da wird es wirtschaftlich interessant, müssen wir die Nichtbrennbarkeit des Werkstoffs herstellen oder Kompensationsmaßnahmen schaffen. Das ist sehr aufwendig, wie man etwa beim Projekt Wagramerstraße gesehen hat, wo die Holzkonstruktionen mit Gipskarton eingekapselt wurden.

Report: Aufgrund der hohen Grundstückspreise muss in Wien in die Höhe gebaut werden. Ab dem fünften Stockwerk wird es für Sie aber aufwendig und teuer. Ist damit die Grenze des Holzbaus erreicht?
Binder: Technisch und wirtschaftlich ist natürlich viel mehr möglich, wie man ja auch am achtstöckigen LifecycleTower sieht. Mit den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ist es aber schwierig.

Report: Sehen Sie Chancen, diese Rahmenbedingungen zu ändern?
Binder: Wir werden es zumindest versuchen. Die Behörden sind auch gesprächsbereit. Jetzt geht es darum, Handlungsspielräume auszuloten. Mittel- und langfristig ist es das Ziel, neue Erkenntnisse aus der Forschung in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. In der Schweiz ist es ja auch möglich, bis zu sechs Stockwerke ohne Sonderbewilligung zu bauen. Das ist auch unser Ziel. r

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