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»Wir sind keine Apparatschiks«

Foto: »Wir haben weniger finanzielle und personelle Ressourcen als die Holz-Lobby und unsere Baustoffe riechen auch nicht so gut. Und wir haben das negative Image der Betonierer. Aber wenn es um den Klimawandel geht, sind mineralische Rohstoffe nicht Teil des Problems, sondern vielmehr der Lösung«, sagt Robert Schmid. Foto: »Wir haben weniger finanzielle und personelle Ressourcen als die Holz-Lobby und unsere Baustoffe riechen auch nicht so gut. Und wir haben das negative Image der Betonierer. Aber wenn es um den Klimawandel geht, sind mineralische Rohstoffe nicht Teil des Problems, sondern vielmehr der Lösung«, sagt Robert Schmid.

Seit Anfang Oktober ist Robert Schmid, Geschäftsführer der Baumit Beteiligungen, neuer Obmann im Fachverband Steine-Keramik. Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht er über seine Ziele und Schwerpunkte und nimmt sich kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Aufgaben der Politik und die Koexistenz mit anderen Baustofflobbys geht.

Report: Manfred Asamer war zehn Jahre lang Obmann des Fachverbands Steine-Keramik. Mit Anfang Oktober haben Sie seine Nachfolge angetreten. Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Amtszeit setzen?

Robert Schmid: In erster Linie geht es mir darum, die gute Arbeit von Manfred Asamer fortzuführen. Mein Ziel ist es, mit den vorhandenen, aber nicht übermäßigen Personalressourcen die richtigen Themen auszuwählen und zu beackern.

Ein Schwerpunkt wird sicher sein, die Bedeutung unserer Branche entsprechend zu kommunizieren. Wir sind zwar nicht der größte Fachverband, aber durch die vielen Transporte und die großen Mengen sind wir im wahrsten Sinne ein Schwergewicht. Wir müssen dafür sorgen, dass uns die wesentlichen Stellen in der Politik wahr- und ernst nehmen. Deshalb müssen die politischen und behördlichen Kontakte entsprechend intensiviert werden.  

Meine wichtigste Aufgabe wird aber die Verjüngung sein. Es geht darum, die Jugend in den Unternehmen zu identifizieren und für die Arbeit im mit dem Fachverband zu motivieren. Dafür muss man ihnen etwas bieten. Wir haben etwa im letzten Jahr eine Jugend-Brüsselreise organisiert, die ein großer Erfolg war. Wir müssen den Jungen zeigen, dass wir etwas bewegen können und mehr sind als Apparatschiks (lacht).  

Report: Wo genau sehen Sie den großen Mehrwert des Fachverbands?

Schmid: Es geht mir darum, dass man den Sinn von Gemeinsamkeiten erkennt. Es war in den letzten Jahren eine allgemeine Tendenz erkennbar, dass sich in vielen Vereinigungen und Verbänden die Geschäftsführer zurückgezogen haben und irgendwelche Stellvertreter aus der dritten Ebene entsandt haben. Damit verliert die Verbandsarbeit aber die Nähe zum Geschäft. Wenn etwas gemacht wird, dann soll es ordentlich gemacht werden. Das lässt sich nicht delegieren.

Report: Der Klimaschutz hat nicht nur die letzte Nationalratswahl geprägt. Auch in der Bauwirtschaft spielt das Thema eine immer größere Rolle. Mit Lebenszyklusbetrachtung oder Regionalität wollen sich auch die Hersteller mineralischer Rohstoffe als besonders klimafreundlich positionieren. Rein emotional wird man gegenüber einem Baustoff wie Holz aber immer das Nachsehen haben. Wie wollen Sie mit Ihren Argumenten punkten?

Schmid: Das ist eine große Herausforderung. Wir haben weniger finanzielle und personelle Ressourcen als die Holz-Lobby und unsere Baustoffe riechen auch nicht so gut. Und wir haben das negative Image der »Betonierer«. Dabei sind wir aber nicht Teil des Problems, sondern vielmehr der Lösung. Unsere Produkte sind viel besser, als die Menschen glauben. Ein Kubikmeter Beton ist um nichts schlechter als ein Kubikmeter Holz. Im Gegenteil, er ist sogar besser, weil Holz heute verklebtes Holz ist. Darüber hinaus speichert der Kalkstein ebenso wie Holz CO2. Mit dem Unterschied, dass Holz nur ein Zwischenspeicher ist und der Kalkstein ein dauerhafter. Das entsprechend zu kommunizieren, ist aber sehr schwierig. Da ist man auf verlorenem Posten.

Report: Was wollen Sie stattdessen kommunizieren?

Schmid: Der Klimawandel ist unausweichlich. Er kann stärker oder schwächer ausfallen, aber das Klima wird sich wandeln. Wir können den menschlich verursachten Teil verlangsamen, aber nicht den gesamten Prozess stoppen. Deshalb müssen wir uns anpassen. Wenn es vermehrt zu Starkwinden kommt, dann baut man vielleicht doch besser mit Massiv- und nicht mit Leichtbaustoffen. Wenn Überschwemmungen, Muren oder Lawinen drohen, dann braucht es entsprechende bauliche Schutzmaßnahmen. Und dafür sind mineralische Baustoffe unerlässlich. Auch für klimafreundliche Infrastrukturen wie Windräder, Wasserkraftwerke oder Radwege braucht es mineralische Baustoffe.

Report: Sie machen sich also trotz der aktuellen Diskussionen keine Sorgen um ihre Branche?

Schmid: Überhaupt nicht. Denn es wird einerseits immer einen Bedarf an mineralischen Baustoffen geben und andererseits sind unsere mineralischen Baustoffe unendlich verfügbar. Man muss zwar ressourcenschonend abbauen, aber es gibt Material für die Ewigkeiten. Das ist bei anderen Baustoffen nicht der Fall.

Report: Holz wächst nach ...

Schmid: Ja, aber trotzdem ist Holz nicht unendlich verfügbar. Und das Nachwachsen dauert auch seine Zeit. Das zeigt sich auch daran, dass Österreich im Pro-Kopf-Vergleich nach China der zweitgrößte Holzimporteur der Welt ist.

Ich möchte aber gar nicht allzu viel über andere Baustoffe sprechen. Denn was ich als Verbandsobmann ganz sicher nicht will, ist eine weitere Vertiefung der Gräben zu anderen Interessenvertretungen.

Report: Suchen Sie das Gespräch mit anderen Lobbys? Versuchen Sie, Brücken zu schlagen?

Schmid: Ich werde den Versuch starten, selbstverständlich. Es gibt für jeden Baustoff die richtigen Anwendungsgebiete. Der Markt ist groß genug für uns alle. Da bringt es doch nichts, sich gegenseitig das Leben unnötig schwer zu machen.

Report: Solche Versuche gab es auch schon in der Vergangenheit. Allerdings waren sie nicht unbedingt von Erfolg gekrönt.

Schmid: Natürlich weiß ich nicht, ob meine Bemühungen von Erfolg gekrönt sein werden. Aber den Versuch ist es wert. Wie man an der öffentlichen Diskussion sieht, sind wir allerdings noch nicht allzu weit gekommen. Um es positiv zu formulieren: Was die Beziehungen zum Mitbewerb anbelangt, gibt es noch einiges Potenzial (lacht).

Report: Das nationale und internationale Lobbying ist eine der Hauptaufgaben des Fachverbands. Wo sehen Sie aktuell den größten Handlungsbedarf?

Schmid: Aus meiner Sicht ist es am wichtigsten, den Kunden entscheiden zu lassen. Politische Maßnahmen, die den einen oder anderen Baustoff bevorzugen, sind absolut abzulehnen. Es steht nicht im Vordergrund, womit gebaut oder saniert wird, sondern dass gebaut und saniert wird. Denn jeder Neubau und jede Sanierung ist nachhaltiger als das, was davor war. Deshalb muss der Fokus unseres Lobbyings auch darauf liegen, dass etwas getan werden muss.

Report: Stichwort Sanierung: Mit welchen Maßnahmen wäre denn aus Ihrer Sicht die Sanierungsquote nachhaltig zu steigern? Der Sanierscheck in der jetzigen Form ist es wohl nicht...

Schmid: Zuallererst muss von der Politik die Botschaft kommen, dass Sanierung sinnvoll ist. Man versucht immer, das Klima mit neuen Technologien zu retten. Dabei sollte es doch darum gehen, weniger Energie zu verbrauchen. Diese Botschaft wird viel zu wenig getrommelt. Beworben werden ökologische Heizsysteme. Dabei sollte es doch darum gehen, den Heizwärmebedarf generell zu senken, und zwar ohne Komfortverlust. Das ist mit der entsprechenden Dämmung auch möglich. Ich glaube aber schon, dass sich der Markt auch hier selbst regeln wird.

Ein Grund für die geringe Sanierungsrate sind die durch den Neubau völlig ausgelasteten verarbeitenden Betriebe. Das wird sich aber auch wieder ändern. Dann werden Kapazitäten frei und diese werden sich in der Sanierung einen neuen Markt suchen. Durch das Angebot wird auch die Nachfrage nach Sanierung steigen – wenn es mit entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen verbunden ist.

Report: Der Fachverband fordert gemeinsam mit der Nachhaltigkeitsinitiative Umwelt+Bauen eine Aufstockung des Sanierungsschecks, obwohl dieses Förderinstrument schon bei einer Dotierung mit nur 40 Mio. Euro nur mit Ach und Krach ausgeschöpft wird. Was soll dann eine Erhöhung auf 100 oder gar 300 Mio. Euro bringen?

Schmid: Wenn es um Bankenrettung, Sozialversicherung oder Militärausgaben geht, reden Politiker schnell von Milliardenbeträgen. Durch diese großen Beträge bekommen die Themen einen hohen Stellenwert und eine Bedeutung in der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Thema, das mit 40 Millionen bemessen wird, ist ein Fliegenschiss und unbedeutend. Ich hätte auch kein Problem, wenn von 300 Millionen Förderung im ersten Jahr nur zehn Millionen abgeholt werden. Aber das Signal wäre immens wichtig. Ich bin aber überzeugt, wenn es einfach gehalten wird, in Form von Einmal-Zuzahlungen, dann werden auch die 300 abgeholt.

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