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Digitale Prozesse

Digitale Prozesse

Die Digitalisierung interner Geschäftsprozesse birgt enormes Optimierungs- und Effizenzpotenzial und ist unabdingbar, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Bau & Immobilien Report zeigt, was heute schon machbar und nötig ist und worauf man bei der Implementierung der neuen Technologien und Lösungen achten muss. Außerdem: Was heute noch Science-Fiction ist, aber schon morgen unseren Arbeitsalltag verändern wird.   

Es hat sich mittlerweile bis in die hintersten Winkel durchgesprochen: Digitalisierung ist auch in der Bauwirtschaft mehr als Building Information Modeling. Selbst hartgesottene Fans haben erkannt, dass BIM nicht die einzig selig machende Digitalisierungslösung der Branche ist. Wie in allen anderen Branchen geht es auch in der Bauwirtschaft darum, interne Geschäftsprozesse mithilfe der Digitalisierung zu optimieren und an zukünftige Anforderungen anzupassen.

Die Realität ist vielfach noch eine andere: Viele Geschäftsprozesse basieren heute nach wie vor auf manuellen Tätigkeiten und sind daher durch Medienbrüche geprägt. »Das kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern schränkt auch massiv die Flexibilität und Agilität von Unternehmen ein«, erklärt Dieter Jandl, Head of Sales Atos und General Manager addIT. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es essentiell, dass Abläufe durchgängig – entlang der gesamten Wertschöpfungskette – digitalisiert werden.

Durch intelligentes Kombinieren, Auswerten und Weiterverarbeiten von Informationen wird künftig die Gewinnung von Erkenntnissen in einem Ausmaß möglich, das mit den üblichen menschlichen und traditionellen Mitteln gar nicht erreichbar wäre. »Aus rein technologischer Sicht zeichnet sich ab, dass wir Prozesse in Echtzeit über die gesamte Informationskette nutzen, hocheffizient und weitgehend fehlerfrei, möglicherweise sogar so treffsicher, dass wir kaum noch in die Qualitätssicherung der Ergebnisse mitwirken müssen«, zeichnet Damianos Soumelidis, Geschäftsführer Nagarro Österreich, ein rosiges Bild der Zukunft.

Bild oben: »Künstliche Intelligenz ist eindeutig das aktuelle Top-Zukunftsthema, das aus unserem Arbeitsalltag schon bald nicht mehr wegzudenken sein wird«, ist Robert Rosellen, Microsoft, überzeugt.

 

Schon heute ermöglicht die Digitalisierung umfangreiche Datenanalysen, sorgt für Entscheidungshilfen und schafft sogar neue Arbeitsmethoden, wenn man etwa an Wearables oder Augmented Reality denkt. Diese Entwicklung wird durch Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) oder die enormen Fortschritte in der Sensorik noch weiter angekurbelt.

»Wer das disruptive Momentum der Digitalisierung innovativ umsetzt, gehört zu den Gewinnern und zwar völlig unabhängig von Branche und Unternehmensgröße«, ist Robert Rosellen, Enterprise Commercial Lead bei Microsoft Österreich, überzeugt. Der Schlosserbetrieb, der tradiertes Handwerk durch additive Fertigung wie 3D-Druck erweitert oder ersetzt, profitiert von der Digitalisierung ebenso wie der Automobilhersteller, der auf Augmented-Reality Technologien im Fertigungsprozess setzt.

Irrtümer & Potenziale

Die digitale Transformation wird immer noch häufig ausschließlich mit technischer Ausstattung und einer geeigneten IT-Infrastruktur assoziiert. Dabei ist das lediglich der erste Schritt, die Digitalisierung von Geschäftsprozessen geht um einiges weiter: Neben dem technischen Umschwung muss nämlich auch ein grundsätzliches Umdenken stattfinden. »Unternehmen müssen ganzheitlich digital denken, um auch in Zukunft im globalen Wettbewerb weiterhin erfolgreich bestehen zu können«, erklärt Rosellen.
Die erfolgreiche Implementierung neuer Geschäftsprozesse beziehungsweise entsprechender Lösungen steht und fällt mit der Qualität des Projektmanagements. »Zunächst einmal ist es wichtig, dass wirklich fachkundige MitarbeiterInnen mit dem Projekt betraut werden und dass sie sich diesem voll und ganz widmen können«, ist Jandl überzeugt.

Bild oben: »Für die Implementierung digitaler Geschäftsprozesse braucht es wirklich fachkundige Mitarbeiter, die sich voll und ganz dieser Aufgabe widmen«, sagt Dieter Jandl, Atos.

 

Außerdem ist es wichtig, dass die Unternehmen eine individuelle Digitalisierungsstrategie verfolgen, um den digitalen Kulturwandel möglichst effektiv und effizient zu nutzen. Die Realität in Österreich sieht derzeit aber häufig anders aus, berichtet Rosellen. »Zahlreiche heimische Unternehmen haben aktuell noch keinen konkreten Fahrplan zur umfassenden digitalen Unternehmens-Transformation.« In diesem Fall kann die Digitalisierung schnell zur Sackgasse werden. Wichtig bei der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle ist, dass der Kunde stärker in den Mittelpunkt gerückt und die Digitalisierungsstrategie mit der Unternehmenskultur in Einklang gebracht wird. Denn umfassende Digitalisierungsbestrebungen führen nur dann zum Erfolg, wenn sie sowohl auf interne Prozesse als auch auf etwaige Kundenerlebnisse abzielen.

Einen interessanten Ansatz bringt Nagarro-Geschäftsführer Soumelidis ins Spiel. Er empfiehlt, sich bei der Neuimplementierung digitaler Geschäftsprozesse auf zwei bis drei Use Cases zu konzentrieren, die nach eingehender Prüfung sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Außerdem sollte man den Umfang der ersten Digitalisierungsprojekte mit Bedacht wählen, weder zu trivial, da der überzeugende »Wow-Effekt« ausbleiben würde, noch zu komplex, um nicht überzogene Erwartungen zu enttäuschen. »Das steigert die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens und die Bereitschaft, die Digitalisierung weiter voranzutreiben.«

Was die Zukunft bringt

Fragt man die führenden IT-Dienstleister, woran sie aktuell hinter verschlossenen Türen arbeiten, danach, was heute noch Zukunftsmusik ist, aber den Arbeitsalltag von Unternehmen in Zukunft maßgeblich gestalten und verändern wird, lautet die Antwort durch die Bank: künstliche Intelligenz (siehe auch Interview Seite 34). »Künstliche Intelligenz ist eindeutig das aktuelle Top-Zukunftsthema, das aus unserem Arbeitsalltag schon bald nicht mehr wegzudenken sein wird«, ist Rosellen überzeugt. Die Chancen der Nutzung von künstlicher Intelligenz zur sinnvollen Erweiterung menschlicher Fähigkeiten und zur maßgeblichen Verbesserung unserer Gesellschaft seien dabei nahezu unbegrenzt. Dass der Fantasie tatsächlich kaum Grenzen gesetzt sind, illustriert er am Beispiel Barrierefreiheit, nicht unbedingt das Segment, das einem beim Thema KI als Erstes in den Sinn kommt.

»Aber gerade hier kann KI ein echter Gamechanger sein«, erklärt Rosellen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Weltbank habe ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, von Armut betroffen zu sein, für Menschen mit Behinderung heute immer noch deutlich höher ist als bei Menschen ohne Behinderung – auch die Arbeitslosenquote ist bei Menschen mit Behinderungen mehr als doppelt so hoch. »KI-basierte, individuelle Hilfsmittel und Werkzeuge bieten Menschen mit Behinderungen die Chance, endlich unabhängig und produktiv zu arbeiten sowie umfassenden Zugang zu Dienstleistungen, Bildung und Arbeitsplätzen zu erhalten«, so Rosellen. Das sei in Anbetracht des akuten Fachkräftemangels auch ein wirtschaftlich höchst relevantes Thema. »Denn wir können es uns schlichtweg nicht leisten, 15 % des bestehenden Arbeitsmarktes aus der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt auszuschließen.«

Bild oben: »Die ersten Digitalisierungsprojekte sollten weder zu trivial noch zu komplex sein«, ist  Damianos Soumelidis, Nagarro, überzeugt.

 

Auch in den Forschungsabteilungen von Nagarro dreht sich alles um intelligente Algorithmen, unstrukturierte Datenhaltungssysteme und lernfähige Systeme. Wie sich diese Systeme konkret von der Bau- und Immobilienwirtschaft nutzen lassen können, erklärt Geschäftsführer Soumelidis: »Die über Jahrzehnte gesammelte Unmenge an analogen Daten wird digitalisiert, in einem sogenannten Data Lake gespeichert und mit Deep-Learning-Algorithmen bearbeitet. Dadurch können etwa zu erwartende Schäden oder notwendige Instandhaltungsmaßnahmen prognostiziert und somit viel Ärger und Kosten gespart werden.«

Atos hat mit einem virtuellen Assistenten für den IT-Service-Desk bereits eine KI-Lösung für den Kundensupport entwickelt und gelauncht. »Das cloud-basierte maschinelle Lernen und die automatische Beantwortung eingehender IT-Service-Desk-Anfragen durch virtuelle Agenten verbessern die User-Experience und entlasten die MitarbeiterInnen«, so Jandl. Eher noch Zukunftsmusik, aber durchaus im Kommen seien Augmented-, Virtual- und Mixed-Reality-Szenarien im Arbeitsalltag, etwa um Diagramme, Dokumente, Pläne in das Gesichtsfeld einzublenden oder Meetings mit Personen abzuhalten, die sich in diesem Moment auf verschiedenen Kontinenten befinden.

Martin Winkler, Country Manager Oracle Österreich, wiederum sieht in der Kombination von KI, Internet of Things und Blockchain langfristig die größten Potenziale für erfolgreiche, neue Geschäftsmodelle.  Während der Einsatz künstlicher Intelligenz das Potenzial hat, das BIP bis zum Jahr 2035 zu verdoppeln und die Arbeitsproduktivität um bis zu 40 Prozent zu steigern, bieten Blockchain-Technologien die Möglichkeit, unterschiedlichste Prozesse und Anwendungsfälle zu rationalisieren und in Folge zu transformieren.


Tipps: Worauf bei der Implementierung digitaler Geschäftsprozesse zu achten ist? Das sagen die Experten:

♦ Dieter Jandl, Atos: »Die erfolgreiche Implementierung neuer Geschäftsprozesse beziehungsweise entsprechender Lösungen steht und fällt mit der Qualität des Projektmanagements. Zunächst einmal ist es wichtig, dass wirklich fachkundige MitarbeiterInnen mit dem Projekt betraut werden und dass sie sich diesem voll und ganz widmen können.«

♦ Robert Rosellen, Microsoft: »Wichtig ist es, dass Unternehmen bei der Implementierung digitalisierter Geschäftsprozesse eine völlig individuelle Digitalisierungsstrategie verfolgen und ganzheitlich auf begleitende Maßnahmen setzen, die ihren vielfältigen Anforderungen entsprechen, um den digitalen Kulturwandel möglichst effektiv und effizient zu nutzen.«

♦ Damianos Soumelidis, Nagarro: »Es ist sinnvoll, sich bei der Neu-Implementierung digitaler Geschäftsprozesse auf zwei bis drei Use Cases zu konzentrieren, die nach eingehender Prüfung sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Außerdem die ersten Projekte weder zu trivial sein, da der überzeugende ›Wow-Effekt‹ ausbleiben würde, noch zu komplex, um nicht überzogene Erwartungen zu enttäuschen.«

♦ Martin Winkler, Oracle: »Start small and scale quickly – das ist das Credo der neuen Technologien.«

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