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Auf Vordermann bringen

(Foto:photos.com) In Österreich stehen rund 1,4 Mio Gebäude, die durchschnittlich 250kWh/m² verbrauchen. Meist genügen einfache Maßnahmen zur energetischen Verbesserung. (Foto:photos.com) In Österreich stehen rund 1,4 Mio Gebäude, die durchschnittlich 250kWh/m² verbrauchen. Meist genügen einfache Maßnahmen zur energetischen Verbesserung.

Dämmen ist Hightech und erfordert Beschäftigung mit der Materie und ein breites Fachwissen. Die Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme bietet gemeinsam mit den BAU­Akademien die Ausbildung zum Zertifizierten Fachverarbeiter für WDVS.

Manchmal hält sich auf Baustellen die Einstellung: »Das haben wir immer so gemacht.« Gerade im Gebäudewesen ist diese Sichtweise allerdings längst überholt. »Nachhaltigkeit hat hier bereits seit einigen Jahren Tradition«, informiert Bernhard Lipp, Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für Baubiologie und -ökologie, IBO. Laut Peter Schmid, Geschäftsführer Austrotherm, ist es heute technisch möglich, ein Haus zu errichten, das ein ganzes Leben lang keine Heizkosten verursacht. Dafür braucht es allerdings Produkt- und Verarbeitungswissen. Für entsprechendes Personal sorgt die ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsystem (QG) mit der Ausbildung zum Zertifizierten Fachverarbeiter. Die Initiative wurde gemeinsam mit den BAUAkademien und WIEN-Zert 2008 ins Leben gerufen. »In der Ausbildungssaison 2011/2012 wurden 269 Zertifizierungen ausgestellt«, berichtet Clemens Hecht, Sprecher der ARGE. Auf lange Sicht spricht sich die QG für die Etablierung des Lehrberufs Wärmedämmverbundfacharbeiter aus. »Das System Wärmedämmung ist sehr umfangreich und im Detail anspruchsvoll. Die Funktionalität und Dauerhaftigkeit entsteht nicht so nebenbei«, betont Clemens Hecht. Als Zeithorizont für die Einrichtung des neuen Lehrberufs hat sich die ARGE die nächsten drei bis fünf Jahre gesetzt.
 
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Eine hohe Qualität nicht nur der Dämmstoffe, sondern auch in der Verarbeitung fordert auch Franz Roland Jany, Geschäftsführer der Gemeinschaft Dämmstoffindustrie. »Ich habe zehn Jahre mit Bauingenieuren und Architekten auf Baustellen gearbeitet. Ich weiß, was es heißt, wenn Dämmstoffarbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden«, erinnert er sich und verweist auf den überzeugenden Effekt von WDVS bei richtiger Verarbeitung. »In Wien gibt es Fassaden, die bereits seit 40 Jahren hervorragend funktionieren. Die Meinung, dass sie nach 20 Jahren erneuert werden müssen, ist nicht richtig. Bei fachgerechter Verarbeitung halten WDVS ein ganzes Gebäudeleben lang einwandfrei.« Zu 90 Prozent wird Styropor eingesetzt. Bei der Sanierung bereits gedämmter Fassaden mit WDVS kann eine zusätzliche Dämmschicht aufgedoppelt werden. Wenn die Fassade wirklich abgebrochen werden muss, werden die einzelnen Elemente getrennt deponiert. Styropor kann dann auch als Zuschlagstoff verwendet werden.
 
Dämmung für Alt & Neu

Laut einer kürzlich erschienenen Studie liegt der Fokus bei der Optimierung der Energieeffizienz eindeutig bei Fens­tern und der Fassade. Der professionellen Dachdämmung wird weit weniger Priorität eingeräumt. »Um Vollwärmeschutz wirklich effektiv umzusetzen, muss man aber ganzheitlich dämmen und darf dabei weder Dach noch Rohrisolierungen und Kellerwände außer Acht lassen«, zeigt Roland Hebbel, Geschäftsführer der Steinbacher Dämmstoffe, auf. »Mit der Perspektive der Plus-Energiegebäude sind Energieeffizienzmaßnahmen besonders wichtig, weil erst damit die Versorgung mit erneuerbaren Energien auf der Basis gebäudeintegrierter Energietechnologien möglich wird«, betont ÖGNB-Geschäftsführerin Susanne Geissler. »Vollwärmeschutz steigert das Wohlbefinden. Er schützt vor Lärm und verbessert das Raumklima«, ergänzt Clemens Hecht. Wer in Wärmedämmverbundsysteme investiert, hat sein Geld gut angelegt. Die höhere Klassifizierung im Energieausweis führt zu einer dauerhaften Werterhaltung und Wertsteigerung der modernisierten Immobilie. Die thermische Sanierung stellt vor allem für Immobilienerben eine wertvolle Alternative zum Abriss und Neubau dar.
 
HighTech

Dämmung hat sich zum Hightechprodukt entwickelt, für das es aus architektonischer Sicht keine Einschränkung gibt. Dämmstofflösungen gibt es beim Neubau ebenso wie im Sanierungsfall. Bei historischen Fassaden gibt es die Möglichkeit, die Profilierung nachzubilden. Austrotherm bringt heuer den Hochleistungsdämmstoff »Austrotherm Resolution« auf den Markt. »Dieser Resol-Hartschaum schafft mit einem Dämmwert von 0,022 W/(mK) mit 11 cm Dicke das, was bisher nur mit 20 cm Dämmplatten erreicht werden konnte«, beschreibt Peter Schmid diese Neuentwicklung. Durch die geringere Aufbauhöhe werden im Flachdach Kosten bei der Gesamtkonstruktion gespart. Rockwool hat mit einem internationalen Forschungsteam ein neuartiges Produktionsverfahren für die Kombination von Steinwolle und Aerogel erstellt. Entstanden ist die hoch wärmedämmen­de (0,019 W/(mK) und formstabile Aerowolle. Die extrem dünnen Dämmplatten sind v.a. für Bereiche gedacht, in denen es auf jeden Millimeter Raumausnutzung ankommt. »Mit modernen Wärmedämmverbundsystemen kann heute jedem Anspruch entsprochen werden. Das geht bis hin zu Nullenergiehäusern bzw. Plusenergiehäusern«, betont Hecht.
 
Europäische Ziele

In der europäischen Richtlinie European Energy Saving Guide ist die klare Botschaft verankert: Ohne energetische Sanierung des Gebäudebestands sind die politischen Energieeffizienzziele Europas nicht erreichbar. Die Richtlinie definiert den notwendigen Mindeststandard an Qualität und Sicherheit der Systeme. Qualitätssicherung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Bernhard Lipp hofft, dass sie breite Anwendung findet, denn die thermische Gebäudesanierung ist eine unverzichtbare Maßnahme für das Erreichen der Klimaziele. Der Gebäudebestand der EU-Mitgliedsstaaten ist laut QG für mehr als 40 Prozent des gesamten Primärenergieverbrauchs in der EU verantwortlich. Am Mindeststandard gilt es weiter zu arbeiten, Franz Roland Jany nennt einige Maßnahmen. »Es ist notwendig, die Performance zu verbessern, Bausysteme müssen einfacher zu trennen sein. Die Reduktion der Stärken wird immer Thema bleiben, um mehr Nettonutzfläche zu erhalten. Auf der Baustelle ist ein Qualitätssicherungssystem einzuführen, um sicherzustellen, dass die Gebäude tatsächlich so umgesetzt werden wie sie geplant wurden.« Bernhard Lipp, IBO, sieht Innovationsbedarf im Bereich der nachwachsenden Dämmstoffe. Aufholbedarf gebe es auch bei effizienten bzw. intelligenten Lösungen für den Innendämmungsbereich. Die GDI ortet zusätzlich Handlungsbedarf bei der Harmonisierung der europäischen Zertifizierungssysteme. »Die Berechnungsverfahren divergieren ebenso wie manche Maßzahlen«, so Jany. Sein Traum: Energie sollte europaweit vergleichbar sein.

 

INFO:

Zum sechsten Mal vergibt die Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme den mit 12.000 Euro dotierten ETHOUSE Award. Ausgezeichnet werden Sanierungen, die höchste Ansprüche an Energieeinsparung, Architektur und Ideenreichtum erfüllen. ETHOUSE ruft die Bedeutung von thermischer Sanierung in Erinnerung. Einreichkategorien sind öffentliche Bauten, gewerbliche Bauten und Wohnbau. Die Einreichfrist läuft vom 1. Juli bis 22. September 2013. Einreichen können alle privaten und öffentlichen Bauträger, ArchitektInnen, PlanerInnen sowie Verwaltungsinstitutionen und Wohnbaugesellschaften mit Sitz in Österreich.

 

INFO:

Bei den Maßnahmen zu Ressourcen- und Energieeffizienz liegt die thermische Sanierung von Wohngebäuden laut IBO auf Rang eins. 2012 wurden 12 Mio. m² WDVS verarbeitet. Energieeffizienz erreicht Platz zwei, gefolgt von der thermischen Sanierung im Nichtwohnungsbau.

Last modified onDonnerstag, 14 August 2014 11:25
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