Dienstag, November 12, 2024
Knapp ein Drittel gefördert
Susanna Erker: "Viele Betriebe haben Pionierarbeit geleistet und etwas umgesetzt, das vor einigen Jahren noch als undenkbar gegolten hat." (Foto: MA20/Christian Fürthner)

Susanna Erker, Leiterin der Abteilung Energie­planung der Stadt Wien, spricht mit einer Sonnenstrom-Offensive direkt auch Betriebe an.

 

Welches Ziel haben Sie sich mit der Förderung von PV-Anlagen in der Stadt gesetzt?

Susanna Erker: Die Stadt Wien hat sich die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 als Ziel gesetzt. Wir machen hier keinen Alleingang, sondern sind in guter Gesellschaft in Europa. Einer der Schwerpunkte in unserem Regierungsprogramm ist neben dem Umbau der Bereiche Wärme und Mobilität auch der Strom. Wir müssen uns die Frage stellen, wie ein – auch durch neue Nutzungsbereiche – stark steigender Strombedarf künftig gedeckt werden kann.

2020 sind wir mit 50 MWp Sonnenstrom gestartet, bis 2025 wollen wir 250 MWp schaffen, bis 2030 soll eine Erzeugungsleistung von 800 MWp in Wien erreicht werden. Das ist auch für eine Stadt der Größe Wiens eine Riesenaufgabe. Rund 50 MWp davon werden wir bis 2025 auf stadteigenen Flächen schaffen, die wir zur Verfügung haben.

Was ist das Besondere eines PV-Ausbaus im urbanen Raum?

Erker: Wien hat im Vergleich zum ländlichen Raum andere Möglichkeiten. Wesentlich ist die dichte Verbauung und damit eine besonders große Effizienz, die bei Energiefragen notwendig ist. Der große Teil des PV-Ausbaus wird auf bereits versiegelten Flächen in der Stadt – etwa Dachflächen – umgesetzt werden.

Welche typischen Herausforderungen sehen Sie bei der Errichtung von Aufdachanlagen in Wien?

Erker: Ein großes Thema ist der Zustand eines Gebäudes und die Statik des Daches. Sollte bereits eine Sanierung, zum Beispiel in drei Jahren, geplant sein, würde ich mit der Montage der Photovoltaikanlage darauf warten. Ein weiterer Punkt sind die Elektro­leitungen im Bestand, die dem Stand der Technik entsprechen müssen. Anders als in anderen Bundesländern haben wir in Wien aber einen Vorteil durch die dichte Bebauung und damit in der Regel ausreichend lokale Netzkapazitäten. Zudem bedeutet Eigen­erzeugung, das Netz zu entlasten, indem der produzierte Strom vor Ort genutzt und nicht im Kreis geschickt wird.

Der laufende Ausbau, Leistungen und aktuelle Erträge sind auf unserem PV-Dashboard transparent einsehbar (Anm. ­sonnenstrom.wien.gv.at/monitoring). Gesamt gibt es in Wien fast 12.000 gemeldete Anlagen am Netz mit einer Leistung in Summe von rund 220 MWp mit Stand August 2024 – und mit stark steigender Tendenz. Die Anlagen der Stadt Wien machen derzeit rund ein Viertel davon aus.

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie Unternehmen für die Wiener Sonnenstrom-Offensive gewinnen?

Erker: Wien setzt auf den Lückenschluss zu den bundesweiten Förderungen, mit einem Fördervolumen von jährlich 15 Millionen bis zum Jahr 2030. Mit Förderungen von Anlagenerweiterungen werden nun auch Größen von mehr als 500 kWp gestützt – bis zu einer Grenze von 1.000 kWp, bei maximal 30 Prozent der förderfähigen Kosten. Das ist für Unternehmen attraktiv und wird zusätzlich zur Mehrwertsteuer-Befreiung des Bundes für PV derzeit stark nachgefragt. Wir bieten dazu auch Beratung durch die Klima- und Innovationsagentur der Stadt ebenso wie die PV-Fördersprechstunde der Wiener Sonnenstrom-Offensive. Unsere Mitarbeiter*innen nehmen sich dort für kleine und für große Fragen Zeit, und auch wir können bei diesen Gesprächen viel für die nächsten Maßnahmen und Umsetzungen lernen.

Mit einer Solarpartnerschaft geben wir Betrieben eine Bühne für ihr Engagement für Erneuerbare. Diese Beispiele werden vorgestellt, um hoffentlich von anderen kopiert zu werden. Eine Vorreiterrolle nehmen zum Beispiel die Wiener Eisfabriken ein (Anm. siehe Förderbeispiel PV). Sie und viele weitere Betriebe haben in den vergangenen Jahren Pionierarbeit geleistet und eine Eigenerzeugung von Sonnenstrom umgesetzt, die vor einigen Jahren noch als undenkbar gegolten hat.

 

Hintergrund: Förderbeispiel PV

Unternehmen: Vereinigte Eisfabriken und Kühlhallen in Wien reg.Gen.m.b.H., gegründet 1898
Bezirk: 20., Brigittenau
Branche: Tiefkühllagerung von Lebensmitteln und Pharma­produkten für Lebensmittel­industrie, -großhandel und -einzelhandel und Pharma­industrie
Größe: 35 Mitarbeiter*innen, rund 11.500 m² Betriebsfläche
Investition in PV: rund 770.000 Euro Volumen in drei Ausbaustufen von 2020 bis 2024 – Halterungen, Paneele, Verkabelungen, Wechselrichter
Fördersumme: PV-Standardförderung und -Anlagenerweiterung, rund 130.000 Euro
Anteil Stromdeckung: rund 20 Prozent des Jahresbedarfes von 4.300.000 kWh

 

Ökostromförderung in Wien auf einen Blick

In Wien werden neu installierte PV-Anlagen sowie Erweiterungen bestehender PV-Anlagen im Netzparallelbetrieb mit mindestens 800 Volllaststunden pro Jahr oder 500 Volllaststunden für vertikal montierte PV-Anlagen gefördert. Die PV-Anlagen können auf Gebäuden, baulichen Anlagen oder Betriebsflächen angebracht werden. Anlagen auf Grünflächen werden mit Ausnahme von Bürger*innen-Beteiligungsprojekten nicht gefördert.

1. Förderbasis
Gefördert werden 30 Prozent der förderfähigen Kosten, abzüglich der Erlöse unter Betrachtung eines Zeitraumes der ersten fünf Jahre der Maßnahme (3,5 Cent/kWh). PV-Anlagen bis 100 kWp werden mit 250 Euro pro kWp gefördert. Zwischen 100 kWp und 500 kWp Leistung gibt es 200 Euro/kWp, ab 500 kWp werden 150 Euro/kWp gefördert.

2. Zuschlag
Für PV-Anlagen auf mehr­geschoßigen Wohnbauten (ab 9 Meter Höhe oder Erdgeschoß und mindestens zwei weitere Obergeschoße) wird zusätzlich ein Zuschlag pro kW, gerechnet von maximal 250 Euro (bis 100 kWp) und weiter gestaffelt mit 200 Euro (100 kWp bis 500 kWp) und 150 Euro (mehr als 500 kWp), gewährt.

3. Erweiterung
Wird ein PV-Anlagenbestand weiter ausgebaut, wird dies mit 150 Euro/kWp gefördert. Der Fördersatz gilt auch für Anlagenerweiterungen auf mehrgeschoßigen Wohnbauten. Generell werden PV-Anlagen in Wien bis zu einer Obergrenze von 1.000 kWp gefördert. Das gilt auch bei Erweiterungsprojekten.

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