Mittwoch, April 24, 2024



Gesetzliche Grundlagen hin oder her: Österreich ist gut beraten, seinen Energiebedarf weiter zu senken. Moderne Gebäudetechnik kann dabei hilfreich sein.


Die Daten, die die Regulierungsbehörde E-Control kürzlich präsentierte, lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Trotz massiv gestiegener Preise sank der Strombedarf in Österreich von 2021 auf 2022 um nicht mehr als 2,8 Prozent, der Gasbedarf um rund 10,3 Prozent. Unabhängig davon, ob und wann das Energieeffizienz-Reformgesetz in Kraft tritt, besteht somit Handlungsbedarf. Helfen bei der Bedarfsdämpfung kann moderne Gebäudetechnik. Und an einschlägigen Konzepten sowie Produkten ist kein Mangel.

Auf die Erstellung innovativer Energiekonzepte sowie auf klassische Haustechnikplanungen im Gesundheits- und Wellnessbereich sowie bei Laborobjekten spezialisiert hat sich die Haustechnik Planungsgesellschaft für Ver- und Entsorgungsanlagen (HTPG), berichtet Geschäftsführer Christoph Passecker. Der Hauptsitz des 1978 gegründeten Unternehmens mit seinen 17 Beschäftigten ist Gmünd im Waldviertel. Eine Niederlassung besteht im 12. Wiener Gemeindebezirk. Passecker zufolge gründete die HTPG vor zwei Jahren einen neuen Geschäftsbereich mit der Bezeichnung »Erneuerbare Energie«. Dessen Schwerpunkt liegt auf maßgeschneiderten Energiekonzepten für Gewerbe- und Industriebauten, aber auch Wohnhausanlagen.

»In den letzten Monaten erstellen wir auch häufig Energiekonzepte zum Thema ›Raus aus Öl und Gas‹, wirken mit bei der Fördereinreichung und begleiten unsere Kunden dann bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlagen zur Energiebereitstellung, etwa mittels Geothermie. Der Kunde erhält damit eine Art Sorglos-Paket vom Konzept bis zur erfolgreichen Inbetriebnahme«, erläutert Passecker.



Bild: Christoph Passecker, HTPG, deckt mit der Nutzung von Geothermie bereits bis zu 80 Prozent des Bedarfs an Kühlenergie bei Unternehmen. (Foto Weinwurm)


Bereits seit längerer Zeit verfügt die HTPG über die Expertise zur Simulation von Geothermie-Erdsondenfeldern. Passecker zufolge bietet dies den Kunden »eine hohe Ausführungs- und Bereitstellungssicherheit« bei einschlägigen Vorhaben. Welche gebäudetechnischen Maßnahmen am raschesten Effizienzgewinne bei der Deckung des Energiebedarfs bringen und in welche Höhe sich diese bewegen, hängt von der Art des jeweiligen Vorhabens ab. Bei Neubauprojekten ist es laut Passecker möglich, »sämtliche unterschiedliche Energiebereitstellungs- und Wärmerückgewinnungssysteme am Markt gegenüberzustellen und in der Folge das am besten geeignete Energiekonzept vorzuschlagen. Bei idealen Bedingungen sind somit Gebäude mit ausgeglichenen Energieströmen oder sogar Plusenergiegebäude möglich«. Anders sieht es bei Sanierungsvorhaben aus. Hier bestehen bisweilen Einschränkungen hinsichtlich der technischen Umsetzbarkeit. Beispielsweise lassen sich Bohrungen für Erdwärmesonden aus Platzgründen nicht oder nur begrenzt durchführen. Auch eignet sich nicht jedes Dach eines Altbaus für die Installation einer Photovoltaikanlage. 

Besondere Expertise hat die HTPG bei der gebäudetechnischen Ausstattung von Krankenanstalten. Im Zuge eines Projekts in Niederösterreich konzipierte sie eine Geothermie-Tiefensondenanlage mit einem rund zwölf Kilometer langen Rohrnetz sowie ein System zur dezentralen Warmwasserbereitung zwecks Warmwasserversorgung. Ferner kümmerte sie sich um die Umsetzung von Niedrigtemperaturheizsystemen sowie um den Einsatz eines Hochleistungs-Kreislaufverbundsystems zur Belüftung. Mithilfe der Geothermie-Anlage gelang es der HTPG, bis zu 80 Prozent des Bedarfs an Kühlenergie zu decken. »Das senkt die Energiekosten sowie die CO2-Emissionen erheblich«, berichtet Passecker. Ihm zufolge ist das Krankenhaus jenes »mit den österreichweit niedrigsten Energiekosten«.

Zutreffend ist laut Passecker, dass in den vergangenen Jahrzehnten die technische Gebäudeausrüstung (TGA) bei Neubauvorhaben bei der Projektplanung oft erst sehr spät berücksichtigt wurde. Entsprechend unerfreulich waren die Konsequenzen für den Energiebedarf des jeweiligen Bauwerks. Mit dem massiven Anstieg der Strom- und Gaspreise seit Herbst 2021 habe sich das aber geändert: »Wir bemerkten in den vergangenen Monaten diesbezüglich eine Kehrtwende. Eines der ersten Themen bei Neuprojekten ist, wie das zukünftige Objekt mit Energie versorgt wird.« Passecker rät Bauherren und Architekten, »die TGA so früh wie möglich in die Planung einzubeziehen. Am Beginn eines Projektes können mit vergleichsweise niedrigen Planungskosten hohe Ausführungs- und Folgekosten verhindert werden«. 

BIM fürs Parlament 
Speziell bei Großvorhaben erweist sich laut Passecker die Bauwerksdatenmodellierung (»Building Information Modeling«, BIM) in diesem Zusammenhang als faktisch unverzichtbar. Dabei wird ein digitaler Zwilling des künftigen Gebäudes geschaffen. Darin sind sämtliche wesentlichen Daten erfasst, was die Simulation des Energiebedarfs und seiner Entwicklung sowie seiner Deckung ermöglicht. Die HTPG setzt BIM bereits seit 2016 ein. Ihr wohl bekanntestes Projekt ist das österreichische Parlament. Als Subunternehmer eines großen österreichischen Planungsbüros erstellte sie mit BIM ein 3D-Modell des Gebäudes Theophil Hansens, begleitete die Ausschreibungsphase und überprüfte die Pläne für die Gebäudetechnik. »Bei all unseren Projekten steht die Energieeffizienz und Versorgungssicherheit an erster Stelle. Sogar Kunden, die bisher aufgrund geringerer Energiepreise beispielsweise dem Einsatz von Photovoltaikanlagen kritisch gegenüberstanden, haben nun immer öfter Interesse an Machbarkeitsstudien«, resümiert Passecker.  

Mit BIM zur Energiewende 
Auch die etablierten österreichischen Energieunternehmen sind höchst aktiv, was die Optimierung des Energiebedarfs von Gebäuden anbelangt. Eines der neuesten Beispiele ist die sogenannte »AVA-App« der Salzburg AG. Sie macht dem Unternehmen zufolge als persönliche Assistentin nach Art bekannter Dienste wie Siri oder Alexa Kunden im Haushaltsbereich den Energiebedarf sowie dessen Deckung transparent.



Bild: Durchblick gefragt: Moderne Gebäudetechnik macht den Energiebedarf transparent und hilft, ihn zu optimieren. (Foto: Salzburg AG)

Mit der Smart-Home-Anwendung von Loxone verbunden, kann die App überdies den Stromverbrauch kopplungsfähiger Heimgeräte steuern. Dabei ist sie in der Lage, mithilfe von Wettervorhersagen das Dargebot an Strom aus erneuerbaren Energien abzuschätzen und hilft damit, besonders günstige elektrische Energie zu nutzen. Nach Angaben der Salzburg AG ist AVA im Apple App-Store sowie im Google Playstore verfügbar, wird ständig weiterentwickelt und bereits von über 1.500 Personen verwendet.  

Datenbrücke für Sensoren 
Unterdessen arbeitet die Fachhochschule St. Pölten an der Lösung eines leidigen Problems, das nicht zuletzt bei Smart-Home-Systemen immer wieder auftritt: Die Reichweite gängiger Funksensoren ist zu gering für bestimmte Formen gebäudetechnischer Steuerungen.

In einem Forschungsprojekt mit der Bezeichnung LoRaBridge entwickelte ein Team unter Leitung Henri Ruotsalainens vom Institut für IT-Sicherheitsforschung der FH ein Konzept zur Bewältigung dieser Herausforderung. Dieses besteht, grob gesprochen, aus zwei Gateway-Einheiten, die eine »Datenbrücke« bilden. Über diese »Brücke« gelangen die Daten von lokalen Sensoren über größere Entfernungen zu einem Server. Auf diese Weise können etwa Privatpersonen Sensoren oder Smart-Home-Komponenten im Keller, auf dem Dachboden oder im Außenbereich ihrer Liegenschaft, beispielsweise im Garten, montieren und in ihr Smart-Home-System einbinden.



Bild: Über Gateways gelangen Daten von lokalen Sensoren auch über größere Entfernungen zu einem Server – etwa zur Temperaturüberwachung auf Weinbauflächen. (Foto: Ruotsalainen)

Nutzen lässt sich Ruotsalainens Verfahren aber auch in der Industrie, etwa zur Messung der Füllstände von Behältern in der Abfall­industrie oder in Weinbaubetrieben zur Temperaturüberwachung aus der Ferne. Tests in einem Bürogebäude sowie auf freiem Feld verliefen laut Ruotsalainen erfolgreich: »Unsere Messkampagne in Langenlois hat gezeigt, dass kostengünstige Sensoren auch für die Frosterkennung in Weinfeldern eingesetzt werden können.« 

Miniturbine senkt Wasserverbrauch  
Neuartige »Hardware« einer anderen Art wiederum entwickelte die oberösterreichische Rabmer-Gruppe. Konkret geht es um eine Miniturbine mit der Bezeichnung »Ecoturbino«. Sie lässt sich ohne Gebrauch von Werkzeug zwischen der Armatur und dem Duschschlauch einschrauben. Dem Unternehmen zufolge senkt sie den Wasser- und Energieverbrauch um rund 40 Prozent – und das ohne Komfortverlust. Laut Geschäftsführerin Ulrike Rabmer-Koller verringert der Ecoturbino den Wasserdurchfluss, mischt das Wasser indessen mit Luft und steigert damit die Durchflussgeschwindigkeit. Das Ergebnis ist ein Duschstrahl, der sich bei verminderter Wassermenge ebenso stark anfühlt wie das Pendant mit vollem Wasserdurchfluss.



Bild: Ulrike Rabmer-Koller und Robert Gasser, gewerberechtlicher Direktor der Hotelguppe Werzers, sparen in einem Projekt jährlich rund sieben Millionen Liter Wasser und 290.000 kWh Energie ein. (Bild: Rabmer Gruppe)

Bei einer österreichischen Hotelgruppe ist der Ecoturbino bereits im Einsatz. Rabmer-Koller zufolge sparen dort rund 220 der Geräte etwa sieben Millionen Liter Wasser, 290.000 Kilowattstunden Energie sowie 90 Tonnen CO2 pro Jahr. Bei einem Hotel mit 100 Zimmern seien bis zu 13.000 Euro an Einsparungen möglich, bei einem Vierpersonenhaushalt immerhin bis zu 400 Euro.

Aufmacherbild: iStock

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