Montag, Dezember 02, 2024
Gut geplante Wanderung

Was sind die Zutaten für die Energiewende in den Gemeinden? Es ist die richtige Technologie, aber vor allem das große Engagement bei den Beteiligten, zeigt eine aktuelle Zusammenarbeit des Landes Niederösterreich mit Siemens.

Niederösterreich hat 2011 als erstes Bundesland ein für die Gemeinden verpflichtendes Energieeffizienzgesetz beschlossen. Im Jahr darauf in Kraft getreten, hält es Gemeinden zur Führung einer Energiebuchhaltung für die eigenen Gebäude an. »Damals war das Thema der Energiebuchhaltung noch nicht überall verankert. Wir hatten daraufhin beschlossen, damit unsere Gemeinden nicht allein zu lassen und Unterstützung zu bieten«, berichtet Franz Patzl, Abteilung Umwelt und Energiewirtschaft, Land Niederösterreich, anlässlich eines Gesprächs am Österreichischen Städtetag im November. Gesucht wurde ein zentrales Werkzeug, das auch online zugänglich sein sollte – und wurde nach einer Evaluierung am Markt befindlicher Plattformen mit dem »Navigator« von Siemens gefunden. Über einen Nutzungsvertrag des Landes Niederösterreich mit dem Hersteller wird den Gemeinden nun seit 2013 die Nutzung dieser Lösung für ein effizientes und maßgeschneidertes Energiemanagement kostenlos ermöglicht.

»Ich denke, die Beweggründe, warum auch Gemeinden ihren Energieverbrauch monitoren und Effizienzmaßnahmen setzen sollten, sind uns allen klar – eine Energiebuchhaltung bietet die Grundlage für das Erreichen von Klimazielen«, betont Patzl. Den Gemeinden werde damit nicht nur beim Energiesparen geholfen, sondern auch beim Einsatz erneuerbarer Energieträger. »Es ist wie bei einer Wanderung, bei der wir den Start und unser Ziel kennen müssen. Mit dem Dokumentieren und Auswerten der Energiedaten von Gebäuden – Strom, Wasser und auch Leistungskurven von Heiz- und Klimaanlagen – kann ich diesen Ausgangspunkt auch im Energieverbrauch festmachen«, vergleicht der Projektleiter für die Energiebuchhaltung von Gemeinden. Welche meist einfachen Maßnahmen dann zu größeren Energieeinsparungen führen können, kann Patzl ebenfalls sofort nennen: »Stoßlüften und vor allem die Heizungen an die Nutzung angepasst regeln, vor allem außerhalb von Öffnungszeiten, an Wochenenden, Feiertagen und Schulferien.« Die Erfahrungen hätten gezeigt: Ein Grad Temperaturunterschied in der Raumwärme wirkt sich bereits zu sechs Prozent auf die Energiekosten aus.

Größte Anwendung
In der niederösterreichischen Energiebuchhaltung befinden sich aktuell 538 Gemeinden – von insgesamt 573 – mit mehr als 6.500 Gebäuden, 5.500 Anlagen sowie einem Teil des Fuhrparks. Mit aktuell bereits 40.000 Zählern ist das niederösterreichische Navigator-Projekt das größte für Siemens in Österreich. »Die großen Vorteile des Systems liegen darin, dass kein Installationsaufwand besteht, weil es über das Internet abrufbar ist. Zudem werden eingegebene Verbrauchsdaten automatisch mit Klimadaten ergänzt, sodass die Verbrauchsdaten einzelner Jahre trotz Beeinflussung durch die Witterung vergleichbar werden. Der Vergleich der Daten von Gebäuden gleichen Typs oder gleicher Nutzung kann Hinweise auf eventuelle Mängel und auf den allgemeinen energetischen Zustand und so auf wichtige Optimierungspotenziale liefern«, sagt Patzl. Aktuell werde der Großteil der Daten – oft auch mangels Smart Meter – noch händisch eingegeben, meist monatlich. Mit dem Rollout der neuen Stromzählergeneration soll diese manuelle Tätigkeit endgültig entfallen.

»Die Energiebuchhaltung zeigt Veränderungen des Gebäudezustandes oder der Haustechnik auf. So können etwa defekte Regelungen von Heizkesseln, Heizkreisen, Lüftungs- und Klimaanlagen oder Beleuchtungssystemen sowie eine Beeinträchtigung der Gebäudedämmung, zum Beispiel durch Nässe, frühzeitig erkannt werden«, ergänzt Erich Engelmaier, Portfoliomanager für Energiemonitoring bei Siemens. Er sieht auch die anonymisierte Vergleichbarkeit des relativen Energieverbrauchs mit anderen Gemeinden auf der Plattform als großen Motivator für die lokalen Energiebeauftragten.



Bild: Franz Patzl, Abteilung Umwelt und Energiewirtschaft, Land Niederösterreich, und Erich Engelmaier, Portfoliomanager für Energiemonitoring bei Siemens, am Messestand von Siemens bei der Fachkonferenz »Österreichischer Städtetag« im November in St. Pölten.


Seit Jahren werden in Kooperation des Landes Niederösterreich mit der Energie- und Umweltagentur des Landes »Energie-Vorbildgemeinden« für eine besonders gute Auswertung ihrer Energiedaten und Berichtslegung ausgezeichnet. Denn nicht nur die Aggregation der Daten ist Ziel des Energieeffizienzgesetzes, sondern auch die Aufbereitung und Kommunikation des Themas zur Gemeindevertretung und Öffentlichkeit hin, weiß Patzl.

Anwendung und nächste Schritte
Die cloudbasierte Energie- und Nachhaltigkeitsplattform liefert zentrale Daten zur Energie- und Nachhaltigkeitsperformance sowie einen umfassenden Einblick in alle wichtigen Gebäudeperformanceanalysen. Auch die Bundesimmobiliengesellschaft nutzt den Navigator als führendes Monitoringsystem, das mühelos auch Anwendungsdaten anderer Technologiehersteller integriert. Zudem werde die Energiemonitoring-Plattform weltweit genutzt. Mit der browserbasierten Cloudlösung sind Unternehmen und Gemeinden stets am neuesten Stand der Technik. Auch der Industriebetrieb Alpla, ein Marktführer in der Kunststoffverarbeitung, nutzt an seinen Produktionsstandorten den Navigator, um die Verbrauchs- und Leistungsdaten der einzelnen Maschinen monitoren und analysieren zu können.

Als nächster Schritt wird es demnächst möglich sein, den Ertrag von Photovoltaik­anlagen automatisiert in den Navigator überzuleiten – ein wichtiger Schritt zum Nachweis der Nachhaltigkeit. »Es ist ein gutes Gefühl, wenn man sieht, wie viel ein Energiemanagementtool, gepaart mit großem Engagement in den Gemeinden, zum Schutz der Umwelt beitragen kann«, sagt Erich Engelmaier.




 



Screenshots oben: Mit dem Siemens Navigator können Daten von Gebäuden verglichen werden, um den allgemeinen energetischen Zustand oder allfällige Mängel zu zeigen.

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