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Effizienz durch Gebäudetechnik

Knapper werdende Ressourcen und steigende Energiepreise machen eine effiziente und nachhaltige Energienutzung im Gebäudewesen dringend nötig. Moderne Gebäudetechnik kann dabei helfen.

Gebäude beanspruchen mit den Bereichen Raumwärme, Kühlung, Warmwasserbereitung und Beleuchtung fast ein Drittel des Endenergiebedarfs in Österreich. Es sind Themen, in denen beträchtliches Effizienzpotential schlummert. »Dämmen allein ist zu wenig. Deshalb arbeiten wir in der Habau Group an innovativen und ganzheitlichen Lösungen«, nennt CEO Hubert Wetschnig als Beispiel das Bürogebäude des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger, das durch moderne Architektur und ein ausgeklügeltes Energiekonzept als eines der wenigen Bürohochhäuser Österreichs dem »EnerPHit Plus«-Passivhaus-Standard entspricht. Leuchttürme nachhaltigen Bauens können einen bis auf 90 Prozent reduzierten Energieverbrauch erreichen.

Task Automatisieren
Gebäudeautomation schafft ein neues Level in der Evolution von Gebäuden. Räume können sich Menschen anpassen, Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme werden bei Problemen von selbst aktiv und nehmen Korrekturen vor. Siemens baut dafür auf die neu entwickelte Desigo CC Version V5.0. Die Plattform ist mit der gesamten Gebäudeinfrastruktur verknüpft, erweitert die Cloud-Konnektivität und ermöglicht über sicheres Internet-Tunneling den Direktzugriff von der Siemens-Cloud-Anwendung Building Operator aus, um den lokalen Desigo CC Flex Client für erweiterte Betriebsabläufe zu initialisieren. Der Client kann auf allen Betriebssystemen und Webbrowsern, die HTML5 unterstützen, sowie auf mobilen Geräten verwendet werden. »Wir helfen, Verbrauch, Einkauf und Erzeugung von Energie zu optimieren«, betont Martin Lang, Leiter Regional Solutions & Services bei Siemens Smart Infrastructure. »Mit Feldgeräten sind wir intensiv dabei, die Effizienz per se zu heben.«



Bild: »Ein Sensornetzwerk im gesamten Gebäude kann Daten in Bezug auf Temperatur, Licht, Anwesenheit und auch
Bewegungsmuster im Raum bieten«, erklärt Martin Lang, Siemens. 


Siemens arbeitet mit einer außentemperaturabhängigen Energieerzeugung. Wenn die Wetterprognose in drei Stunden sehr hohe solare Erträge vorhersagt, wird der Kessel bereits gedrosselt. Im Rahmen der Forschungskooperation Aspern Smart City Research in der Wiener Seestadt Aspern läuft dazu das Forschungsprojekt BEMS, mit dem an der Optimierung von Energiemanagement-Systemen in Gebäuden gearbeitet wird.

Ein weiterer Faktor für die Gebäudeeffizienz ist die Nutzungsoptimierung. »Vor einigen Jahren haben wir das Startup Enlighted gekauft, das die Gebäudeintelligenz mit der Entwicklung einer datengestützten Multisensor-IoT-Plattform revolutioniert hat«, berichtet Lang. Das Kernstück der Plattform sind intelligente Sensoren, die 65 Mal pro Sekunde Umgebungs- und Belegungsänderungen erkennen und so Beleuchtung sowie Heizung, Lüftung und Klimatisierung in Echtzeit an neue Gegebenheiten anpassen.

Talfahrt des Energiebedarfs
Entscheidend für geringeren Energieverbrauch ist die Betriebsführung, die zu 80 Prozent das Energiebild prägt. Um sie effizient zu halten, benötigt der Gebäudeeigentümer genaue Informationen, wie sich das Gebäude verhält. »Wir haben in Österreich bereits tausende Gebäude auf den Navigator – unsere cloud-gestützte Plattform für Energie- und Asset-Management – geschalten, sammeln Informationen und werten sie aus«, sagt der Energieexperte. Für jedes Gebäude gibt es einen eigenen Bericht, ebenso eine Gesamtübersicht, die über Abweichungen vom Standard informieren. Mögliche Gründe können verstopfte Filter, ausgefallene Pumpen oder ein Leck in der Warmwasserleitung sein. Entscheidend ist das Führen der Energie im Kreislauf.

»Alles zielt bei uns im Viertel Zwei darauf ab, vorhandene Energie möglichst effizient zu nutzen und nichts verloren gehen zu lassen«, stellt David Bauernfeind, Head of Projectmanagement & Business Development von Beyond Carbon Energy, dem Energieversorger des Stadtquartiers, fest. »Wir erzeugen über 85 Prozent der benötigten Energie direkt am Grundstück über Photovoltaik, Geothermie und Grundwassernutzung. Im gesamten Areal ist eine Abwasserwärmetauschanlage installiert. Wir sammeln das Abwasser der einzelnen Häuser und entziehen ihm vor dem Weg in den Kanal Wärme, die gleich wieder im Haus verwendet wird.«

Fokus Material
Gebäudetechnik mit dem Fokus Energieeffizienz ist auch ein Schwerpunkt an der Donau-Universität Krems, etwa mit den Forschungsprojekten CoolBuildings, C­oolAIR und CoolBRICK. Letzteres erforscht passive Kühlstrategien durch die Nutzung thermischer Ziegelspeichermassen – hier ist Wienerberger als Industriepartner dabei. »Es braucht intelligente Haustechnik, aber nicht unbedingt Hightech«, relativiert Johann Marchner, Geschäftsführer des Ziegelherstellers. Sie müsse intelligent geplant und ausgeführt werden. Die Vorzüge der eingesetzten Werkstoffe müssten so genutzt werden, dass aktive Heiz- und Kühlsysteme unnötig sind, Luftzirkulation einbezogen und die Speicherfähigkeit der Werkstoffe sowie die erzeugte Wärme eingebunden wird. »Dazu braucht es Masse, die der Ziegel bietet«, betont Marchner.



Bild: »Wenn die Gebäude nicht die bauphysikalischen Grundlagen der Werkstoffe nutzen, werden wir nicht umhinkommen, Gebäudetechnik weiter zu forcieren. Das hat Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck, Wartungsaufwand und Betriebskosten«, betont Johann Marchner, Wienerberger.

Wienerberger beschäftigt sich laufend mit der Kombination der unterschiedlichen Eigenschaften der Ziegeltypen. Dabei geht es um hohe Wärmedämmung und auch Bauvorhaben in großen Höhen, wie beim ersten achtstöckigen Ziegelwohnbau in Wien bewiesen werden soll. 2022 wird an der Kombination zweier Ziegeltypen zur besseren Verarbeitbarkeit bei gleichzeitig hoher Energieeffizienz gearbeitet.

Ausblick
Die Gebäudetechnik wird künftig auf eine Vielzahl an Sensoren setzen. »Die gewonnenen Daten müssen verarbeitet und analysiert werden, damit das Gebäude und die Gebäudetechnik der unterschiedlichen Gewerke möglichst energieeffizient zusammenspielen«, betont Werner Stutterecker, Studiengangsleiter Bachelorstudiengang Gebäudetechnik und Gebäudeautomation, FH Burgenland. Er sieht darin beachtliches Entwicklungspotential.

»Ein Sensornetzwerk im gesamten Gebäude kann alle Daten in Bezug auf Temperatur, Licht, Anwesenheit und auch Bewegungsmuster im Raum bieten«, erklärt Martin Lang. Das Sensornetzwerk zeigt, welche Flächen attraktiv sind und welche nicht, und nennt die Gründe, etwa in Bezug auf Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. Interessant ist dieses System laut Martin Lang für Krankenhäuser, Bürogebäude oder Shoppingcenter, um Besucherströme zu erkennen und notwendige Anpassungen vornehmen zu können, ohne Änderungen der Infrastruktur. »In Österreich stehen wir bei diesem System am Ende der Verhandlungsphase, im Einsatz ist es bereits in Krankenhäusern in der Schweiz und auch in der Siemens City in Wien.«


Viele Schritte für Ressourcenschonung

Die Energieeffizienz bestehender Gebäude kann durch kurzfristige Gebäudetechnik-Maßnahmen wesentlich verbessert werden:

+ Nachrüsten mit energieeinsparenden Gebäudeautomations-Funktionen
+ Festlegen der Sollwerte für Heizen und Kühlen am Rand des Behaglichkeitsfelds
+ Nachrüsten mechanischer Lüftungen mit Wärmerückgewinnung
+ Ersetzen älterer Heizkessel
+ Vermindern der Wärmetransmissionsverluste der Gebäudehülle
+ Vernetzen der Heizung: individuelle Temperatureinstellungen
+ Vernetzen des Sonnenschutzes: Jalousien sind mit einer Wetterstation verbunden und schließen und öffnen sich je nach Raum- und Außentemperatur
+ Vernetzen der Beleuchtung mit Bewegungsmeldern
+ Vernetzen von Lüftung und Klima: zeit- oder bedarfsabhängige Aktivierung, etwa bei Überschreiten eines Grenzwertes
+ Smart Meters


Best Practise



P
rojekt Suurstoffi: Wie die Baustoffindustrie die Errichtung von zukunftsfähigen Infrastrukturen ermöglichen kann, zeigt die Forschungsplattform ReConstruct. Im Fokus stehen Baustoffe sowie deren Funktionalitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Als ein Vorzeigeprojekt führt ReConstruct das Quartier Suurstoffi in der Schweiz an, das beim Faktor Energie auf Selbstversorgung und Effizienz durch solare Elektrizität, Erdsonden sowie recyclierte Abwärme setzt.



Projekt Dachverband:
Das Habau Group-Bauprojekt Dachverband der Sozialversicherungsträger in Wien wurde mit dem »EnerPHit Plus«-Passivhaus-Standard ausgezeichnet. »Das Herzstück der Sanierung ist eine sonnenstandgesteuerte Außenverschattung. Im Sommer schirmt sie Hitze ab und im Winter spendet sie Wärme«, erklärt Klaus Zacherl, Oberbauleiter Hochbau Großprojekte bei der Habau. Zu den weiteren Maßnahmen zählen Kältemaschinen und ein Nachtlüftungssystem; zur Energiegewinnung wurden auf den Dachflächen Photovoltaik-Module angebracht. Durch alle Sanierungsmaßnahmen konnten jährlich fast 100 kWh/m2 an nicht erneuerbarer Primärenergie eingespart werden. Auch der Heizwärmebedarf sank um 1,6 Millionen kWh pro Jahr.



Projekt Viertel Zwei:
Im Viertel Zwei in Wien versorgt ein Anergienetz, das Kraftwerk Krieau, das 160.000 m² große Areal mit erneuerbarer Wärme, Kälte und auch Strom. »Erneuerbare Energie funktioniert nur, wenn wir sie mit Bautechnik harmonisieren«, betont David Bauernfeind, Beyond Carbon Energy. 2021 wächst das Viertel Zwei weiter.



Projekt Seestadt Aspern:
Auf dem Dach der multifunktionalen List-Hochgarage Seehub in der Seestadt Aspern befindet sich eine 12-kWp-PV-Anlage, die in Verbindung mit einem Batteriespeicher und einem dynamischen Netzanschluss ein von Siemens entwickeltes Lademanagement versorgt.

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