Donnerstag, April 25, 2024

Unter dem Motto »Blackout – Das Undenkbare zu denken wagen« fand eine Konferenz des Veranstalters ­EW-Medien am 1. und 2. März in Stuttgart statt. Erkenntnisse aus der Fachtagung.

Die Eindrücke waren ambivalent: Einerseits wurden viele Befürchtungen zur schwindenden Netzsicherheit, zur zunehmenden Anzahl kritischer Eingriffe und der Ignoranz des Marktes gegenüber der physikalischen Realität aufs Neue bestätigt beziehungsweise verstärkt. Experten zweifeln zunehmend an der Beherrschbarkeit dieser Entwicklungen. Trotzdem ist die Gesellschaft weiterhin nicht auf extrem einschneidende Ereignisse vorbereitet.

Auch auf dieser Konferenz wurde besonders auf die zunehmende Verletzlichkeit der kritischen Infrastrukturen durch vermehrten Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik hingewiesen. Das trifft verstärkt auch auf Entwicklungen zu, die mit dem Thema »Industrie 4.0« propagiert werden. Die Beiträge zum Thema IT-Sicherheit verdeutlichten zudem, dass wir deutlich umsichtiger an das Thema »Smart Grids« herangehen sollten, was auch gerade durch aktuelle Meldungen wie »Drohen deutschen Kraftwerken russische Hackerangriffe?« unterstrichen wird.

Einen besonderen Höhepunkt stellten die Ausführungen von Professor Stefan Bornholdt von der Universität Bremen, Complex Systems Lab, dar. Er verdeut-lichte sehr anschaulich, welche Gefahren durch ein nachweisbares Schwarmverhalten beim Einsatz von Smart Meter und dynamischen Strompreisen entstehen: Blackout durch intelligente Stromzähler. Hier kollidieren regelrecht die Wunschvorstellungen der »Marktfetischisten« mit der von ihnen ignorierten physikalischen Realität.

Eindringlich wurde deutlich, dass die Energiewende noch ganz am Anfang steht, die notwendigen Entwicklungen nicht durchdacht und nicht zu Ende gedacht sind. Zudem sind die anstehenden Herausforderungen viel größer, als sie derzeit erscheinen. Sie sind aber zu bewältigen. Das erfordert jedoch ein neues Denken und Handeln, ganz nach Albert Einstein: »Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.«

Positives aus Österreich

Die andere Seite unserer Wahrnehmungen waren die erfreulichen Beiträge österreichischer Verteilnetzbetreiber, die ihre Erkenntnisse aus den Vorbereitungen für den Netzwiederaufbau nach einem Blackout präsentierten. Es besteht durchaus eine realistische Hoffnung, dass die Wiederherstellung einer stabilen Stromversorgung in Österreich nach einem europaweiten Stromausfall binnen 24 Stunden möglich sein wird. Das Vorhandensein schwarzstartfähiger Wasserkraftwerke und die regelmäßigen Übungen sind ein unschätzbarer Vorteil. Ob ein Netzaufbau in anderen Ländern auch so gelingen würde, muss bezweifelt werden. Damit bleiben die Einschätzungen bezüglich der Beeinträchtigung der Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern weiterhin gültig, denn viele Prozess- und Logistikketten sind heute transnational organisiert und werden daher erst dann ordnungsgemäß funktionieren, wenn in weiten Teilen Europas wieder eine zuverlässige Stromversorgung sichergestellt ist.

Schwieriger Umstieg

Ausführlich geschildert wurde bei einem Vortrag der EnBW, dass die Kompensation der Kernenergie und besonders auch der Braunkohle in Europa nicht ganz so einfach vonstattengehen wird. Insbesondere, wenn man beispielsweise die Stromerzeugung aus den vergangenen 31 Tagen in Deutschland rein aus Wind und Sonne betrachtet. Die Varianz lag dabei zwischen minimal 1,5 und maximal über 40 GW. Fazit: Der Baustein Energiebevorratung ist für eine erfolgreiche Energiewende unverzichtbar. Wirklich brauchbare Lösungen sind aber noch weit entfernt, um nur ansatzweise den heutigen Bedarf decken zu können. Eine Energiewende ohne Bedarfssenkung ist daher aus heutiger Sicht illusorisch.

Weitere Infos zu diesem Beitrag in voller Länge auf www.herbert.saurugg.net

 

Zum Autor

Herbert Saurugg war 15 Jahre Berufsoffizier des österreichischen Bundesheeres. Seit 2012 beschäftigt er sich mit den Auswirkungen der steigenden Vernetzung und Komplexität, welche zu bisher kaum bekannten systemischen Risiken führen. Er ist Gündungsmitglied von Cyber Security Austria – Verein zur Förderung der Sicherheit Österreichs strategischer Infrastruktur sowie Initiator der zivilgesellschaftlichen Initiative »Plötzlich Blackout! – Vorbereitung auf einen europaweiten Stromausfall«.

 

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