Der Energie Report sprach mit Helmut Oehler, Sprecher der Geschäftsführung GasVersorgung Süddeutschland (GVS), am Rande der Handelsblatt-Jahrestagung in Wien.
Report: Herr Oehler, wie läuft das Marktwachstum in Österreich? Sind Sie mit den Entwicklungen zufrieden?
Helmut Oehler: Wir sind zufrieden, wobei man sagen muss: Österreich ist ein sehr kompetitiver Markt. Der Wettbewerb hier ist voll entbrannt. Eine gewisse Sorge bereitet uns derzeit das Energieeffizienzgesetz, das gerade bei großen Industriekunden eine gewisse Barriere für Markteinsteiger darstellt. Aus diesem Grund fokussieren wir uns auch hier auf unsere Stammklientel, die wir auch in Deutschland haben: die Stadtwerke. Über 95 Prozent des Gasgeschäfts wickelt die GVS in diesem Kundensegment ab.
Report: Wer sind Ihre größten Kunden in Österreich?
Oehler: Wir wollen dies nicht kommunizieren, dies wird aber in dieser Branche ohnehin kaum getan. Das höchste Gut am Energiemarkt ist das Vertrauen zwischen Lieferanten und Kunden. Es gibt heute aber so gut wie keinen Abnehmer, der Gas lediglich bei einem einzigen Unternehmen einkauft. Schon alleine aus Wettbewerbsgründen ist es im Interesse der Kunden, dass sich Lieferanten nicht äußern.
Report: Welche Entwicklungen erwarten Sie zum Gaspreis? Lassen sich dazu überhaupt Vorhersagen für die nächsten Monate treffen?
Oehler: Prognosen zu Energiepreisen sind generell kaum möglich. Wenn das jemand könnte, dann müsste er nicht mehr arbeiten gehen. Allgemein sehen wir seit geraumer Zeit einen Trend zu sehr niedrigen Gaspreisen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Niedrige Ölpreise – generell sind die Energiepreise auf einem Tiefstand, so auch Kohle –, dann hat der Preis für LNG (Anm. »liquefied natural gas«) mittlerweile wieder ein Niveau erreicht, das mit dem kontinentaleuropäischen Gaspreis auf einem Level ist. Insgesamt ist die Liquidität im Markt sehr hoch, es gibt ein größeres Angebot als Nachfrage. Der Gaspreis hat sich in den vergangenen Monaten stetig nach unten entwickelt. Wie lange dies so weitergehen wird, kann ich nicht sagen. Wir sehen aber derzeit keinen Grund, warum sich das plötzlich nach oben drehen sollte.
Report: Es gibt seit Jahren den Trend zu kurzfristigeren Gaslieferverträgen – das wird sich auch nicht mehr ändern?
Oehler: Absolut. Nehmen wir unser Unternehmen als Beispiel: Die GVS hatte früher 35 Kunden in Deutschland, die mit 35 Gaslieferverträgen serviciert worden sind. Heute haben wir mit 160 Kunden 5.000 Verträge. Laufzeiten reichen von einem Tag Dauer bis zu mehreren Jahren – dazwischen ist alles möglich. Es gibt eine sehr große Produktvielfalt bei Themen, die man sich vor ein paar Jahren noch gar nicht vorstellen konnte: Zielpreisbeschaffung, temperaturabhängige Liefervereinbarungen oder Kalkulationstools für Energieversorgungsunternehmen, um den Bedarf der Industriekunden managen zu können.
Wir bieten unseren Kunden einen Zugang zum Großhandel, über den sie selbst gewisse Mengen einkaufen können. Dazu sehen wir uns auch als Market-Maker: Die GVS hat einige dieser Produktinnovationen angeschoben. Wir waren zum Beispiel in unserem Heimmarkt Baden-Württemberg der erste Anbieter, der temperaturabhängige Verträge einführte. Energieversorgungsunternehmen konnten damit ihr Mengenrisiko bei den Haushalten und im Kleingewerbe minimieren. Heute ist das nichts Besonderes mehr – mittlerweile bieten das alle an.
Report: Welche Wachstumsfelder sehen Sie im Dienstleistungsbereich?
Oehler: Wir wachsen überall dort, wo wir unsere Kompetenz – Prozess-Know-how und energiewirtschaftliche Expertise – mit unseren Kunden teilen können. Viele dieser Services wurden in Zusammenarbeit mit Kunden geschaffen. Hier geht es beispielsweise um Themen wie Bilanzkreismanagement, um die Unterstützung im Einkauf im Portfoliomanagement, aber auch um die Analyse und das Management von Risiken. Gerade das ist ein wichtiger Punkt – denn mehr Freiheit und Gestaltungsräume am Markt zu haben, führt auch zu höheren Risiken. Stets seinen vollen Handlungsspielraum zu kennen, kalkulieren und managen zu können – das wollen wir ermöglichen.
Dienstleistungen sind das künftige Standbein in unserer Branche und sie liefern auch heute schon einen wesentlichen Teil unserer Marge. Die Gewinnspannen im reinen Handel werden dagegen immer kleiner. Zumindest teilweise kann dies mit Serviceprodukten kompensiert werden.n