Am Vorabend der Wahl fragt mich meine Frau, ob ich glaube, dass The Donald eine Chance hat und im Brustton der Überzeugung antworte ich: „Niemals“!

Einer der keine Muslime mehr in ein Land lassen will, das seit seiner Gründung offensiv mit Religionsfreiheit geworben hat, einer, der nicht nur Terroristen sondern gleich deren gesamte Familie umbringen lassen will, einer der Millionen Latinos deportieren will, einer der damit prahlt, Frauen sexuell zu belästigen, kann niemals Präsident der USA werden.

Wenige Stunden später war er gewählt und mein Bild von den USA auf den Kopf gestellt.

„Er ist das Spiegelbild der Amerikaner“ sagt mein Freund Tuvia Tenenbom, der gerade sein neues Buch „Allein unter Amerikaner“ bei Suhrkamp veröffentlicht hat. Ein halbes Jahr reiste er durch das Land, besuchte Indianer Reservate, Slums, Washingtoner Insiderzirkel, die Southside von Chicago, die Quaker in Philadelphia und vieles mehr. Sein Resume: Laut, angeberisch, asozial, waffennarrisch, rassistisch, ziemlich hässlich – wie der Donald halt.

Wenn mehr als die Hälfte der Amerikaner ein Monster wählen, dann sind sie montrös. Das ist die Spiegelbildtheorie von Tuvia.

Eine andere Sichtweise hat der Blogger und Dilbert-Erfinder Scott Adams formuliert: „Eine Möglichkeit ist zu akzeptieren, wenn die Hälfte der Wähler Trump nicht als Monster sieht, ist er vielleicht keines.“

Während der zweiten Amtszeit von Ronald Reagan habe ich in den USA studiert und war damals unglaublich überrascht, wie sehr in Washington Ronald Reagan verehrt wurde. In Wien hat man geglaubt, dass er nicht mit Messer und Gabel essen kann. Opfer der eigenen Vorurteile zu werden, ist nie ganz auszuschließen.

Vielleicht ist ja Trump der Idiot auch eine Illusion und in Wirklichkeit verfolgte er eine geniale Strategie. Zuerst hat er mit einer Reihe von skandalösen Äußerungen die volle Aufmerksamkeit der Medien auf sich gelenkt. Die meisten waren entrüstet, aber sie haben ihm endlos Sendezeit gegeben. Rund zwei Milliarden war diese Präsenz wert, aber er hat nicht dafür zahlen müssen.

Das machte ihn zur Hauptfigur in dem Stück namens Vorwahlen.

Gerade wir Österreicher kennen das. Haiders Aufstieg in den 80er und 90er Jahren wäre ohne die permanent entrüsteten Medieneiferer nie möglich gewesen. Sie waren Steigbügelhalter, aus lauter hehren moralischen Motiven versteht sich.

Trump richtete seine Angriffe gezielt gegen Minderheiten - Muslime, Latinos - , die in republikanischen Vorwahlen kaum eine Rolle spielen. Und die Weißen mobilisierte er mit der Vision von wiedererwachter Größe. Als ihn die Meinungsforscher als Gewinner auswiesen, nutze er die so verliehene Autorität, um seine 17 Mitbewerber zu demontieren. Jeb Bush zuerst. Schwach, ohne Energie, wiederholte Trump immer wieder, sei der Spross der Präsidenten-Dynastie, niemals in der Lage dem von ihm gewählten Leitmotiv „Make America great again“ gerecht zu werden. Mit Marco Rubio, dem Senator aus Florida trieb er das gleiche Spiel. Die Punze „Little Marco“ saß.

Der Pastorensohn Ted Cruz lüge, kaum habe er die Bibel abgelegt. Lying Ted!

Von dem Fox-News Moderator Bill O'Reilly darauf angesprochen, dass 80 Prozent der Latinos in ablehnten und er so nie gegen Clinton gewinnen können, meinte Trump. „Jetzt muss ich noch die restlichen Gegner im Vorwahlkampf loswerden. Ich muss tun, was ich tun muss. Um Hillary kümmere ich mich dann später.“

Das tat er auch. Die ehemalige First Lady, Senatorin und Außenministerin bekam den Spitznamen „crooked Hillary“, die Hinterfotzige. Er holte sie vom hohen Ross und bewies, dass er ein Meister der Schlammschlacht ist.

Präsident Obama hat Trump im Wahlkampf vorgeworfen, er wisse nicht, wovon er rede. Nur langsam dämmert den Demokraten jetzt: er hatte eine klare Strategie, um in das Amt zu kommen und es steht fest: Die Präsidentschaft Trump wird ein wilder Ritt. Bitte anschnallen!