Freitag, März 29, 2024

Auf kleinstem Raum glücklich sein: Immer mehr Menschen sehnen sich nach weniger Platz – in einem Minihaus.

Schrank und Bücherregal platzen aus allen Nähten, Garage, Keller und Dachboden sind voller Sachen, die man nicht braucht, aber dennoch nicht wegwerfen will. Der moderne westliche Mensch besitzt buchstäblich tausende Gegenstände – und leidet deshalb an chronischem Platzmangel. Als Österreicher ist man es gewohnt, extrem viel Platz zu haben: Gute 50 Quadratmeter hat jeder Einzelne hierzulande im Durchschnitt zur Verfügung. Zum Vergleich: Der Durchschnittsrumäne muss mit 15 Quadratmetern auskommen. Trotzdem reicht auch uns oft der Platz nicht.

Ausgerechnet im Konsum-Eldorado der USA entsteht ein Gegentrend, der für viele von ihrem Überfluss Geplagte einem Befreiungsschlag gleichkommt: »Simple Living« lautet das Schlagwort, das das große Mehr durch Weniger verspricht. Die Strategien auf dem Weg zum leichteren Leben mit weniger Zeug sind unterschiedlich; manche der neuen Asketen beschränken sich streng auf eine bestimmte Anzahl von Gegenständen – und die Radikalsten finden heraus, wie wenig Raum ein glückliches Leben braucht. Die Antwort: ziemlich wenig. »Tiny Houses«, »winzige Häuser«, sind ein Trend, der inzwischen auch in Europa zunehmend Fuß fasst. In eigenen Webcommunitys und Blogs tauschen sich die stolzen Minihausbesitzer aus, vergleichen Grundrisse, clevere Platzsparkonzepte und Erfolgsgeschichten. Seit 2002 gibt es auch eine »Tiny House Society« und eine eigene Publikation zum Trend, das Tiny House Magazine – klarerweise digital, um Platz zu sparen. Die Vorteile der Minihäuser: niedrige Kosten, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit, Vereinfachung des Lebensstils, modulare Bauweise und nicht zuletzt Entrümpelung und die Abkehr vom anstrengenden Wettlauf um Prestige im ständigen »Größer, Schneller, Besser«.

Klein & clever

Bis zu 55 m2 Wohnfläche darf ein »Tiny House« per Definition groß sein, doch die Kleinsten trumpfen mit noch weniger Raum auf: Dank Hightech-Materialien, cleverem Innendesign und rigorosem Verzicht auf alles Unnötige sind die kleinsten »Tiny Houses« oft auch die ausgefeiltesten Wohnräume. Auch namhafte Architekten probieren sich an der neuen Winzigkeit: Die spanischen Architekten Eva Prats und Ricardo Flores haben mit ihrem »Haus im Koffer« den Lebensraum auf nur 28 m2 verkleinert, während das britische »Abito«-Konzept in Manches­ ter kleinsten, hochfunktionalen Wohnraum in bestehende Gebäude einbaut. In Deutschland hat Richard Horden, Architekturprofessur der TU München, bereits 2005 mit seinen »Micro Compact Homes« in Kubusform auf nur 7 m2 dringend benötigte Wohnfläche für an der Münchner Wohnungsknappheit leidende Studienanfänger realisiert – sieben dieser Würfel stehen mit dem Namen O2 Village auf dem Gelände der Studentenstadt Freimann.

Klein bedeutet auch clever: Viele Minihäuser sind dank Sonnenkollektoren, Regenwasserauffanganlagen und Humustoiletten autark und mit natürlichen Materialien gedämmt. Manche Neo-Hausbesitzer planen und bauen ihre Minihäuser bis ins Detail selbst, oft auch gleich auf Anhängern, um mobil zu sein. So werden die Kleinsthäuser zum Teil zu brauchbaren Zweitwohnsitzen im Grünen, zu ausgelagerten »Jugendzimmern« oder spleenigen Auszeit-Räumen. Für andere, noch konsequentere Minihausbesitzer ist der totale Verzicht auf »richtige«, normal große Häuser und das Wohnen im Kleinsten aber vor allem eines: eine heiß ersehnte Entrümpelung des Lebens und eine psychische Befreiung. Die US-Autorin Dee Williams fasst es in ihrem Buch »The Big Tiny« so zusammen: »Mein Minihaus selbst zu planen und zu bauen war der Beginn eines neuen Lebens.« Weniger, so bestätigt sich das Klischee, ist oft tatsächlich mehr.

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