Die kontinuierliche Erhöhung der thermischen Standards von Wohngebäuden hat sowohl im Neubau als auch in sanierten Objekten zu einer deutlichen Reduktion des Heizenergieverbrauchs pro Haushalt geführt. Allerdings fallen die tatsächlichen Einsparungen zum Teil deutlich geringer aus als theoretisch errechnet. Das sind die zentralen Ergebnisse einer breit angelegten Studie des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV).
Besonders hart geht die Studie mit Passiv- und Niedrigstenergiehäusern ins Gericht. Dort sei die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis am stärksten ausgeprägt. Dass Papier geduldig ist, bestätigte schon Wochen vor der Präsentation der Studie Wolfgang Liebl im Rahmen des Wienerberger Baufachtages. »Je geringer die Energiekennzahl ist, die im Energieausweis steht, desto größer ist die Abweichung in der Realität«, so der Vorstandsvorsitzende der GWSG Amstetten.
Eine höhere Energieeffizienz schlägt sich natürlich auch in den Baukosten nieder. »Diese Mehrkosten sind über geringere Energiekosten, in welchem Ausmaß auch immer, nicht zu finanzieren«, erklärt der Vorsitzende des technischen Ausschusses im GBV, Christian Rainer. Deshalb fordert GBV-Obmann Karl Wurm ein Ende des »Qualitäts-Hypes«, um die Leistbarkeit des Wohnens auch in Zukunft sicherzustellen. »Die Studie zeigt deutlich, dass der Gebäudetyp ›Wohnbauförderung 2010‹ mit einem Heizwärmebedarf zwischen 30 und 40 kWh/m²a der kostenoptimalste ist«, so Wurm, der kritisiert, dass die die aktuellen Energieparameter der »Wohnbauförderung 2012« sowie der »Nationale Plan« zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie mit der Vorgabe von Nearly-Zero-Energy-Buildings deutlich höhere Standards vorsehen. »Sollte an diesen verschärften Standards festgehalten werden, kann die Kostenneutralität für die Wohnungsnutzer nur über eine entsprechende Abfederung der Mehrkosten durch die Wohnbauförderung erreicht werden«, so Wurm. Die Politik gibt sich bezüglich der Forderungen der GBV zurückhaltend. »Von einem Qualitäts-Hype kann keine Rede sein«, heißt es etwa aus dem Büro des Wiener Wohnbaustadtrats Michael Ludwig. Schließlich stehe aus politischer Sicht im geförderten Wohnbau immer die Leistbarkeit im Fokus. »Sowohl in der Bautechnik als auch in der Wohnbauförderung sind Mindestanforderungen festgelegt. Höhere Fördersätze entsprechen einem Anreizsystem. Obwohl die EU für 2050 um 90 % geringere Treibhausgasemissionen für den Gebäudesektor vorsieht, liegt sowohl heutigen Anforderungen als auch jenen des Nationalen Plans durchaus ›Augenmaß des Machbaren‹ zugrunde«, ist man im Stadtratbüro überzeugt.