Samstag, April 20, 2024

Die heimische Schalungsbranche begrüßt das Jahr 2013 mit einer kräftigen Portion Optimismus. Die weitere Fokussierung auf den Dienstleistungsbereich soll nicht nur die Umsätze treiben,  sondern endlich auch zu einer Erholung der arg gebeutelten Marge führen. Dabei könnten auch die Turbulenzen einer Branchengröße helfen.

Prognosen sind schwierig – vor allem dann, wenn sie die Zukunft betreffen. Das Bonmot, das allen möglichen historischen Persönlichkeiten zugeschrieben wird, von Mark Twain über Karl Valentin und Niels Bohr bis zu Winston Churchill, kennt man, es dürfte aber für die Schalungsbranche keine Gültigkeit haben. Mit ihren Prognosen für 2012 haben sowohl Peri-Geschäftsführer Christian Sorko als auch Doka-Vertriebsleiter Walter Schneeweiss ziemliche Punktlandungen hingelegt. Sorko hat im Bau & Immobilien Report vor genau einem Jahr von einem »weiter steigenden Kostendruck« gesprochen, gleichzeitig aber auch ein Umsatzwachstum für Peri angekündigt. Beides ist eingetroffen. »Der Kostendruck ist immer noch enorm«, sagt Sorko heute, berichtet aber auch von einem Umsatzplus im letzten Jahr. Schneeweiss sagte vor einem Jahr Umsatz- und Nachfrageschwankungen voraus und erwartete einen nur mäßigen Aufschwung. Heute beschreibt Schneeweiss 2012 als ein Jahr mit einem »schwachen, aber stabilen Wachstum bei herausfordernden Rahmenbedingungen«.

Davon ausgehend, dass die beiden Brancheninsider mit ihren Einschätzungen auch heuer wieder richtig liegen, blickt die heimische Schalungsbranche in eine durchaus erfreuliche Zukunft. Beide erwarten für 2013 eine positive Entwicklung. Sorko lehnt sich dabei sogar noch ein Stück weiter aus dem Fenster und erwartet eine deutliche Steigerung (siehe unten). Wie immer sich 2013 auch entwickeln wird, eines steht fest: Der Faktor Dienstleistung wird weiter an Bedeutung gewinnen. »Der Service rund um Schalungssysteme wird immer wichtiger und ist bereits zentraler Bestandteil in der Auftragsvergabe. Dabei geht es nicht nur um klassische Dienstleistungen wie Reinigung und Reparatur der Schalung, sondern der Schalungslieferant ist immer mehr als Partner gefragt, der dem Bauunternehmen vor, während und nach dem Schalungseinsatz mit Betreuung, Rat und Wissen zur Seite steht«, ist Florian Dingler, Mitglied der Geschäftsführung der Meva Schalungssysteme GmbH, überzeugt. Auch Gerald Schönthaler, Geschäftsführer von Harsco Infrastructure Austria, ist überzeugt, dass der Dienstleistungsanteil am Umsatz weiter steigen wird. »Vom Schalungslieferanten werden heute Komplettlösungen erwartet. Insbesondere größere Bauprojekte werden immer komplexer und verlangen von uns als Partner eine intensive technische Betreuung.«


Fokus Dienstleistung

Die Schwerpunktverlagerung in Richtung Dienstleistung bietet der Branche auch die Möglichkeit, die in den letzten Jahren stark unter Druck geratene Marge wieder auf Kurs zu bringen. »Vor zehn Jahren war das Schalungsgeschäft deutlich lukrativer als heute«, weiß Peri-Chef Christian Sorko. Auch Harsco-Geschäftsführer Schönthaler spricht von einem unverändert hohen Preisdruck. Mit einer kurzen zeitlichen Verzögerung sind die Margen seit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise kontinuierlich gesunken. »Wir sind jetzt genauso am Limit wie die Bauunternehmen«, sagt Sorko. Der Paradigmenwechsel hin zur Dienstleistung birgt aber auch Risiken. Während klassische Dienstleistungen früher Teil des Gesamtpakets waren, ist das bei der aktuellen Preisgestaltung nicht möglich. Die Einpreisung dieser zusätzlichen Leistungen zählt demnach auch zu den zentralen Herausforderungen der Branche. »Für echten Mehrwert ist der Kunde auch bereit zu zahlen«, so der Tenor in der Branche. So kann etwa durch eine enge Kooperation mit dem Auftraggeber im Bereich Materialeinsatz und Logistik viel Zeit und Geld gespart werden. Branchenprimus Doka verspricht für jeden Kunden maßgeschneiderte Lösungen, um die Effizienz von Bauabläufen zu steigern und die Kosten für die Baustelle zu reduzieren. Während viele Schalungshersteller in der Vergangenheit davon ausgegangen sind, dass der tatsächliche Materialbedarf ohnehin deutlich über dem Angebot liegt und so quasi durch die Hintertür für die nötige Marge gesorgt hat, geht der Trend heute in Richtung Transparenz. »Wenn Preis und Leistung klar kommuniziert werden, honoriert das auch der Auftraggeber«, ist Sorko überzeugt.

Marge vor Umsatz

Als direkter Lieferant ist die Schalungsbranche auf Gedeih und Verderb von Bauwirtschaft und Bauindustrie abhängig. Und beide hatten in den letzten Jahren wenig zu lachen. Der Preisdruck ist enorm und die Margen erreichen ein Niveau, das in vielen Fällen existenzgefährdend ist. Während es der deutschen Bauwirtschaft in letzter Zeit gelungen ist, die Preise wieder auf ein gesünderes Niveau zu heben, ist das in Österreich noch nicht der Fall. Jetzt könnte ausgerechnet die Beinahepleite der Alpine dafür sorgen, dass die Margen auch in Österreich wieder steigen. »Wenn namhafte Firmen ins Schwanken kommen, geraten auch Auftraggeber ins Grübeln«, ist man in der Branche überzeugt. Denn ein günstiger Preis ist nur bedingt von Vorteil, wenn dafür ständig mit einem Totalausfall des Partners gerechnet werden muss. Und auch den Mitbewerbern ist das Alpine-Schicksal ein mahnendes Beispiel, dass das Primat des Umsatzes zu Lasten der Marge ordentlich ins Auge gehen kann.  Und von einer realistischeren Preisgestaltung der Bauwirtschaft und Bauindustrie profitieren auch die Lieferanten. 

 

>> Sorgenkind Osteuropa:

»Die wirtschaftliche Lage in den ehemaligen Boomregionen Osteuropas ist nach wie vor schwierig. Ein Ende der Krise ist noch nicht in Sicht. Selbst der bislang starke polnische Markt ist nach dem Auslaufen der Infrastrukturprogramme im Zuge der Fußballeuropameisterschaft heftig unter Druck gekommen. »Andere Märkte in Nord- und Südosteuropa wie die Ukraine, die Tschechische Republik oder auch Rumänien bleiben für die Bauindustrie aufgrund der hohen Verschuldung der öffentlichen Haushalte und der Zurückhaltung privater Investoren schwierig«, berichtet Harsco-Geschäftsführer Gerald Schönthaler. Kurzfristig rechnet niemand in der Branche mit einem großen Wachstumspotenzial. Allerdings sollte die Region aufgrund des nach wie vor hohen Nachholbedarfs mittelfristig wieder entsprechende Volumina und Entwicklungschancen bieten. Vor allem Russland könnte aufgrund »seiner schieren Größe, seines Rohstoffreichtums und des Bedarfs nach Wohnungen und Infrastruktur zum interessanten Markt für hiesige Lieferanten werden«, glaubt Schönthaler.   

 

>> Miete statt Kauf:

Der Trend zum Mietgeschäft hält weiter an. »Die Kunden schätzen die Flexibilität, die sich aus dem Mietgeschäft ergibt«, sagt Doka-Vertriebsleiter Walter Schneeweiss. Damit kann für jedes einzelne Projekt das geeignete Produkt eingesetzt werden, ohne sich dauerhaft an ein System zu binden. Neue Produkte können ohne Risiko getestet werden. »Wenn sich der Kunde vom Nutzen überzeugt hat, gibt es die Möglichkeit, die Produkte zu einem günstigen Preis zu übernehmen«, so Schneeweiss. Bei Meva geht man davon aus, dass sich das Mietgeschäft in den etablierten Märkten kontinuierlich weiterentwickeln wird. Potenzial für das Kaufgeschäft wird hingegen dort gesehen, wo man »aus logistischen oder politischen Gründen keine Mietorganisation vorhalten kann«. Aber selbst die Märkte werden sich laut Meva mittelfristig zu Mietmärkten entwickeln.  

 

Lesen Sie hier die Branche im O-Ton.

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