Samstag, April 20, 2024

 Johann Holper und Josef Muchitsch von der Gewerkschaft Bau Holz leisten Aufklärungsarbeit zur neuen Dienstnehmerfreizügigkeit. Denn wer letztendlich einen Auftrag bekommt, entscheidet noch immer der Auftraggeber, frei nach dem Motto: BAU mit Made in A.Der österreichische Arbeitsmarkt öffnet seine Grenzen. Panikmache ist nicht angebracht, unterschätzen sollten Politik und Wirtschaft die Dienstnehmerfreizügigkeit aber auch nicht. Es gilt, die vorhandenen Instrumente richtig einzusetzen, um österreichische Arbeitsplätze und Unternehmen zu sichern.

 

Die Verhandlungen über den EU-Beitritt Österreichs wurden ab 1993 geführt, 1994 abgeschlossen und mit Beginn des Jahres 1995 rechtsgültig. Der Kreis der damaligen 12 EU-Staaten wurde mit Österreich, Schweden und Finnland auf 15 Mitgliedsländer erweitert. Aktuell gibt es 27 EU-Mitgliedsstaaten. Österreich hat dabei sämtliche Fristen zum Inkrafttreten der Dienstnehmerfreizügigkeit zur Gänze ausgeschöpft. Auch die Übergangsfristen mit den neuen EU-Staaten Rumänien und Bulgarien werden bis 2013 in Anspruch genommen. Trotz durchaus zufriedenstellender Wirtschaftsdaten darf die Dienstnehmerfreizügigkeit ab 1. Mai für Arbeitskräfte aus Ungarn, Slowakei, Tschechien, Slowenien, Polen, Lettland, Litauen und Estland nicht unterschätzt werden, ist Johann Holper, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz überzeugt. „Von Skeptikern wird ein Ansturm von rund 30.000 Arbeitskräften aus den betroffenen EU-Ländern befürchtet. Lohn- und Sozialdumping werden laut Kritikern österreichische Arbeitsplätze gefährden. Die Befürworter und möglichen Winner wie etwa die Industrie beruhigen und befürchten keine Probleme”,  will und kann Holper zum jetzigen Zeitpunkt keine seriösen Prognosen zu den Auswirkungen abgeben.

Kontrollen für fairen Wettbewerb

Derzeit arbeiten schon mehr als 69.000 Beschäftige aus diesen Ländern legal in Österreich. Insgesamt gibt es am österreichischen Arbeitsmarkt mehr als 450.000 ausländische Arbeitskräfte. Im Gegensatz dazu leben weltweit rund 470.000 Österreicher im Ausland. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der GBH, Josef Muchitsch, sieht vor allem in grenznahen Regionen erhöhten Handlungsbedarf. „Nicht nur zusätzliche günstigere Arbeitskräfte werden in den Grenzregionen versuchen, über Tagesarbeitstourismus zu höheren Einkommen zu kommen, sondern vor allem ausländische Unternehmen mit ihren ausländischen Arbeitskräften werden Möglichkeiten suchen, in Österreich Fuß zu fassen.“ Schon heute pendeln grenzüberschreitend 35.268 Arbeitnehmer täglich nach Österreich. Hier muss laut Muchitsch der Hebel für einen fairen Wettbewerb durch effiziente Kontrollen angesetzt werden.
Umgehenspraxen für einen unfairen Wettbewerb sind auch in Österreich kein Tabu. Sie reichen von der Scheinselbständigkeit bis zum organisierten Schwarzunternehmertum. Besonders im Baunebengewerbe gibt es laut GBH unverhältnismäßig viele Scheinselbständige.

So werden zum Beispiel Gewerbescheine für „das Heben und Senken von Lasten mit Körperkraft“ oder „Verbringen von Material“ ausgestellt. „Wichtig ist, dass der Schwerpunkt der Kontrollbehörden bei der Prüfung zur Einhaltung von Abgaben, Sozialversicherungsbeiträgen und der richtigen Entlohnung auf die neuen Arbeitskräfte und Betriebe gelegt wird“, erklärt Muchitsch. Dafür hat die Politik mit dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz eine rechtliche Grundlage geschaffen. Besonders zu Beginn der Dienstnehmerfreizügigkeit muss jetzt verstärkt über die vorhanden und zusätzlich geschaffenen Kontrollorgane auf die Einhaltung des Gesetzes geachtet werden.

Auftraggeber in der Verantwortung

Freizügigkeit hin, offene Grenzen her. Die Verantwortung, wer in Österreich einen Auftrag erhält, bleibt beim Auftraggeber. „Wichtig ist, dass nur Firmen die ordnungsgemäß Abgaben und Steuern abliefern, Aufträge von der öffentlichen Hand und Privaten bekommen. Frei nach dem Motto: BAU mit Made in A«, sagt Muchitsch.

Davon profitieren auch die Auftraggeber. Denn bei einer Vergabe an bereits etablierten Firmen wird es bei später eventuell auftretenden Gewährleistungen eher keine Probleme geben.

Bewusstsein schaffen

Als nächsten Schritt wird die Gewerkschaft Bau Holz über Pressekonferenzen versuchen Aufklärungsarbeit und Bewusstseinbildung bei den Auftraggebern wie Gemeinden, Länder, Bund, BIG, LIG, Asfinag, Wohnbaugenossenschaften bis hin zu den Privaten in den am meisten betroffenen Bundesländern zu leisten.

Parallel dazu gibt es eine Infokampagne für alle Gewerkschaftsmitglieder, Betriebsräte sowie den restlichen Interessensvertretungen. „Ziel der Kampagnen ist es, den allgemeinen Wissenstand über die zur Verfügung stehenden Kontrollinstrumente wie Schwellenwertverordnung, Bundesvergabegesetz, AuftraggeberInnenhaftung mit HFU-Liste, Sozialbetrugsbekämpfungsstelle, Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse-Kontrollmaßnahmen, Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSDB-G) und der Finanzpolizei, vormals KIAB zu erhöhen“, erklärt Muchitsch. Damit alle gesetzlichen Möglichkeiten für eine fairen Wettbewerb auch genützt werden können, um österreichische Arbeitsplätze und österreichische Betriebe zu sichern.

Detailinformationen in Form einer 56seitigen Unterlage gibt es unter: www.bau-holz.at

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