Donnerstag, April 18, 2024

Verletzt der Auftragnehmer (AN) seine Warnpflicht gegenüber dem Auftraggeber (AG), kann dies weitreichende rechtliche Folgen haben.

Rückschau: Teil 1 und 2 der Serie geben eine Einführung in die Warn- und Prüfpflichten - und erklären, wie eine solche Warnung dem Gesetz nach auszusehen hat. Mehr dazu: Die Warnpflicht des Auftragnehmers im Bauvertrag (Teil 1) und Erfüllung der Warnpflicht (Teil 2 ).

Grundlagen

Nach dem Gesetz kann der AN schadenersatzpflichtig werden, wenn er seine Warnpflicht verletzt. Der geschädigte AG ist grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre. Der Sorgfaltsverstoß des AN liegt darin, dass er auf die Untauglichkeit des Stoffes / Unrichtigkeit der Anweisung nicht hingewiesen hat, obwohl ihm diese bei gebotener Anwendung der vorausgesetzten Fachkenntnis erkennbar gewesen wäre. Leichte Fahrlässigkeit genügt; das heißt, dass der Fehler gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen kann. Die Verletzung der Warnpflicht kann dem AN aber dann nicht zur Last fallen, wenn sich der AG auch bei pflichtmäßiger Warnung nicht anders entschieden hätte. Das rechtmäßige Alternativverhalten hätte diesfalls zu keinem anderem Ergebnis geführt. Die Beweislast hierfür trägt aber der AN.

Obwohl dies im Gesetz nicht ausdrücklich normiert ist, verliert der AN nach der Rsp infolge einer Verletzung der Warnpflicht auch seinen Anspruch auf Werklohn. Der Verlust des Anspruchs auf das gesamte Entgelt soll aber nur dann gerechtfertigt sein, wenn das Werk in seiner Gesamtheit unbrauchbar ist. Trifft den AG ein Mitverschulden, tritt der Anspruchsverlust nur im Ausmaß des Verschuldensanteils des AN ein. 

Mitverschulden des AG

Nach der Rechtssprechung trifft den AG ein Mitverschulden, wenn er über eigene Fachkenntnis verfügt oder sachverständig vertreten ist, sodass auch ihm die Fehlerhaftigkeit erkennbar gewesen wäre. Das Ausmaß des Mitverschuldens ist eine Frage des Einzelfalls; das Verschulden des AN wird idR aber höher zu bewerten sein, da sich auch der kundige AG der Fachkunde der ausführenden AN anvertraut. Den unkundigen AG trifft nur dann ein Mitverschulden, wenn die Fehlerhaftigkeit auch einem Laien auffallen musste; bei einer für jedermann offenkundigen Fehlerhaftigkeit kann aber auch die Warnpflicht des AN entfallen.



Haftung mehrerer AN

Wenn die Fehlerhaftigkeit Leistungen eines/mehrerer anderen/r AN betrifft, haben auch diese idR für die Fehlerhaftigkeit einzustehen. Allenfalls kann auch eine Verletzung der Überwachungspflichten durch die ÖBA und/oder eine Verletzung der Warnpflicht durch andere AN vorliegen. Grundsätzlich haftet jeder gegenüber dem AG nur für den von ihm zu vertretenden Anteil am Schaden. Der einzelne Anteil ist gerade bei Verletzungen der Warnpflicht aber regelmäßig kaum bestimmbar. Diesfalls kommt es zur Solidarhaftung, das heißt, einer haftet für alle. Der Belangte kann sich jedoch im Innenverhältnis bei den anderen Schädigern regressieren.

Sowieso-Kosten

Der AG hat bei Verletzung der Warnpflicht jene Kosten zu tragen, die auch bei Pflichterfüllung durch den AN nicht vermeidbar gewesen wären, sogenannte Sowieso-Kosten. Die Kosten, die jedenfalls zur Beseitigung der Fehlerhaftigkeit entstanden wären, treffen daher nicht den AN. Die Feststellung, welche Kosten in welcher Höhe jedenfalls angefallen wären, ist in der Praxis nicht immer eindeutig. 

Fazit

Die Warnpflicht ist vor allem im Bauvertrag eine zentrale (Neben)Verpflichtung des AN. Für den AN empfiehlt sich, bei Zweifeln, ob eine Warnpflicht besteht, seine Bedenken zumindest im ersten Schritt mit dem AG zu erörtern. Die Erfüllung der Warnpflicht sollte jedenfalls dokumentiert werden. Eine Missachtung der Warnpflicht kann im äußersten Fall zu erheblichen Schadenersatzpflichten und einem Verlust des Werklohnanspruchs führen. Die Umstände des Einzelfalls, insbesondere ein allfälliges Mitverschulden des AG, ein allfälliges Verschulden anderer AN und Sowieso-Kosten, sind zu berücksichtigen. Deren Beurteilung ist regelmäßig durchaus komplex.


Die Autoren

Katharina Müller ist Partnerin bei Müller Partner Rechtsanwälte mit den Beratungsschwerpunkten Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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Mathias Ilg ist Anwalt bei Müller Partner Rechtsanwälte und spezialisiert auf Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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(Titelbild: iStock)

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