Samstag, April 20, 2024

Ohne digital verfügbare Daten ist Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche kaum möglich. Das stellt eine aktuelle Studie der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) fest. Doch noch immer fehlen die Messwerte - und vernetzt werden sie auch nicht. 

„Es gilt nicht nur die ‚richtigen‘ Daten einer Immobilie zu erheben, sondern sie auch sinnvoll zu vernetzen, zentral verfügbar zu machen und für Betreiber und Nutzer der Immobilie sinnstiftend einzusetzen, erklärt Matthias Ortner, Equity Partner der Unternehmensberatung Advicum Consulting und CEO des Artificial Intelligence-Unternehmens eMentalist GmbH. Nach wie vor ist es allerdings bei zahlreichen Immobilien nicht möglich, messbare Nachhaltigkeits-Werte zu erfassen und zu verknüpfen. „Während ein neues Auto standardmäßig über mehr als 100 Sensoren verfügt, die alle nötigen Informationen erfassen, werden bei einem Gebäude trotz der rund sechs Mal längeren Nutzungsdauer selten die notwendigen Daten ermittelt“, betont Ortner, der auch die Arbeitsgruppe der ÖGNI leitete. Digital erfasste Daten könnten jedoch nicht nur die Funktionstüchtigkeit einer Immobilie erhöhen, sondern auch zu deren Wertsteigerung beitragen.

Digital von Anfang an

Um das vollständige Potential der Digitalisierung für Nachhaltigkeitsprozesse zu nutzen, müsse man lebenszyklusübergreifend agieren, argumentiert Ortner. Bereits in der Planung können mittels „digitalem Zwilling“ Abläufe simuliert und Korrekturen veranlasst werden. Für die Bauphase stehen dann geometrische Daten für die industrielle Vorfertigung einzelner Bauelemente so zur Verfügung, dass sie von der Produktionsmaschine direkt lesbar sind. In der Betriebsphase würde dann auf optimierte Gebäudedaten zurückgegriffen und die Effizienz der Bewirtschaftung permanent sichergestellt. Und auch im Falle einer Sanierung oder Umnutzung lassen sich beispielsweise Heizung, Beleuchtung oder Belüftung auf digitaler Basis wesentlich einfacher neuen Anforderungen anpassen.

„Ob bei der Beschaffung der Baumaterialen, beim Einbau technischer Anlagen oder der IT-Vernetzung - eine digitale und systemoffene Herangehensweise ermöglicht nicht nur eine lückenlose und weiterverwendbare Dokumentation, sondern erlaubt in späteren Lebensabschnitten der Immobilie den zielgerichteten Zugriff auf physische und digitale Komponenten des Objekts“, heißt es in der ÖGNI-Studie. Beispiele hierfür sind einerseits Materialkataster, andererseits vernetzte Verbrauchszähler und Sensoren, die eine echtzeitnahe Steuerung der Gebäudetechnik erlauben und Verbrauchsdaten der Immobilie liefern. Effizient lassen sich solche Lösungen aber nur vom Start weg implementieren, ein Nachrüsten ist oft kostspielig oder gar nicht mehr möglich.

Gebäudedaten müssen nicht nur sinnvoll erhoben, sondern auch vernetzt und sinnstiftend distribuiert werden, meint Matthias Ortner, Experte bei Advicum Consulting und eMentalist-CEO.

Cloud statt Inseln

Als wesentlichste Daten einer Immobilie wurden der CO2-Verbrauch, der kWh-Verbrauch, das Abfallaufkommen, die Umwelteinflüsse auf die Mieter und der Wasserverbrauch definiert. „Wichtig ist es, all diese Daten zentral administrieren zu können und die Kommunikation zwischen den Beteiligten zu optimieren“, ist Advicum-Experte Ortner überzeugt. Digitale Insellösungen seien daher nicht zielführend, eine Vernetzung ist zwingend notwendig. Idealerweise geschehe dies über eine sogenannte BIMcloud (Building Information Modeling), in der gemeinschaftlich Modellprüfungen, Validierungen und Problemerkennungen möglich sind. Nach der Bauphase kann diese Cloud mit allen enthaltenen Informationen an das Betriebsmanagement übergeben und von diesem weitergeführt werden.

Überblick für Betreiber- und Nutzer*innen

Zu den Anforderungen an eine Immobilie zählt aber nicht nur deren werterhaltende und widerstandsfähige Ausrichtung, sondern auch Verbrauchseffizienz, wartungsarmer Betrieb und pflegeleichte Gestaltung. Alle haustechnischen Anlagen sollten mit den erforderlichen Sensoren ausgestattet sein, um tagesaktuell und bis auf die kleinsten Ebenen heruntergebrochen einen Überblick über die Verbrauchsdaten zu gewährleisten. Über Apps könnten auch die Endnutzer*innen Zugriff auf die Daten erhalten, um beispielsweise ihren persönlichen Energieverbrauch besser zu steuern. Natürlich dürfen einige Basis-Anforderungen an eine Immobilie aber trotz aller Digitalisierungsfortschritte nicht vergessen werden – von der Wartbarkeit bis zur Qualität der verwendeten Materialien.

(Bilder: iStock, Advicum Consulting)

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