Samstag, April 20, 2024
»Wir waren die Exoten, die Daten in der Cloud hosten wollten«
Robert Hauptmann, Vorstand der Project Networld AG, und Franz Hillebrand, CIO Signa Group, an einem Tisch.

Seit Anfang 2020 setzt Signa beim Bauprojektmanagement auf die Software projectnetworld. Der Bau & Immobilien Report hat Robert Hauptmann, Vorstand der Project Networld AG, und Franz Hillebrand, CIO Signa Group, an einen Tisch gebeten, um über Theorie und Praxis, Mehrwert und Grenzen der Software zu reden.

Report: Herr Hauptmann, die Bau- und Immobilienwirtschaft gilt immer noch als Schlusslicht der Digitalisierung. Sie sagen, Sie digitalisieren schon seit 20 Jahren Bauprojekte. Wie passt das zusammen und wie hat ein digitalisiertes Bauprojekt vor 20 Jahren ausgesehen?

Robert Hauptmann: Wir haben unsere Wurzeln im Anlagenbau und der war der Baubranche immer schon ein wenig voraus. Die Idee war, eine gemeinsamen Datenbasis für internationale Anlagenbauprojekte zu schaffen. Dabei ging es vor allem um eine gemeinsame Projektdokumentation.

Der Anlagenbau lebte damals wie heute von Spezifikationsblättern. Das heißt, jede Komponente wird auf Punkt und Beistrich spezifiziert. Dazu kommen Termin- und Claimverfolgung. Um das Jahr 2000 herum hat man dann begonnen, einfache Prozesse als Webformular zur Verfügung zu stellen. 2004 wurde diese Grundidee auf die Bauwirtschaft umgelegt, weil die Struktur ähnlich, der Bedarf an Projektdokumentation aber ungleich höher war.


Report: In der Bauwirtschaft gibt es auch heute noch Digitalisierungsskeptiker. Wie wurden Sie 2004 von der Branche »begrüßt«?

Hauptmann: Wir waren die Freaks, die ASP (Application Service Providing; Anm. d. Red.) betrieben haben (lacht). Mit der Idee, Daten zu hosten und als externer Dienstleister für einen reibungslosen Betrieb zu sorgen, ist man von den Unternehmen nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen worden.

Damals standen Enterprise-Lösungen noch hoch im Kurs. Darauf haben wir reagiert und auch In-House-Lösungen angeboten. Es hat dann ein paar Jahre gedauert, bis Cloud Services auch in der Baubranche salonfähig wurden.


Report: Herr Hillebrand, wie würden Sie als großer Projektentwickler den digitalen Reifegrad der Bau- und Immobilienwirtschaft bewerten?

Franz Hillebrand: Man muss da ganz klar zwischen der Bau- und Immobilienwirtschaft unterscheiden. In der Immobilienbranche ist der Digitalisierungsgrad sehr hoch, sowohl in der internen als auch der externen Zusammenarbeit. Natürlich gibt es immer Verbesserungspotenzial, aber man ist digital.

Das war in der Bauwirtschaft bislang anders, aber durch den Generationenwechsel kommt jetzt Bewegung rein. Es gibt digitale Plattformen für den Planaustausch und die Zusammenarbeit mit den Gewerken, für das Mängelmanagement, auch BIM setzt sich langsam durch. Aber in Summe ist die Bauwirtschaft sehr träge. Bauleiter, die Rechnungen am Tablet prüfen, sind immer noch Exoten.

Es ist aber auch nicht alles Analoge schlecht. Vieles funktioniert wunderbar und wäre durch eine krampfhafte Digitalisierung nicht besser. Unsere Aufgabe ist es, diese Medienbrüche sauber abzubilden.

Es hat natürlich auch einige Quick-Wins gegeben. Im Mängelmanagement haben digitale Lösungen mit intuitiven Oberflächen zu einer enormen Produktivitätssteigerung geführt. Es gibt aber auch Lösungen, die immer aufgeblähter und über die Jahre zu einem echten Moloch geworden sind. Das ist nicht zielführend.

Das Wichtigste sind schlanke Applikationen wie die Software projectnetworld. Die können wir auf unsere Bedürfnisse zuschneiden und bei jedem Projekt neu einstellen. Denn kein Projekt ist wie das andere. Es bringt auch wenig, einen Standard über alle Gewerke zu ziehen.

»Eine Software darf keine Prozessketten erzwingen, die dem User keinen Mehrwert bringen. Wichtig ist, dass der User die Software nach seinen Bedürfnissen konfigurieren kann«, sagt Franz Hillebrand, CIO Signa Group.


Report: Was unterscheidet projectnetworld von anderen, vergleichbaren Lösungen?

Hauptmann: Unser Ansatz ist Einfachheit. Die Bedienungsoberfläche muss intuitiv und leicht zugänglich sein. Sonst wird eine Lösung nicht eingesetzt. Es geht um temporäre Projektorganisationen, die plötzlich zusammenarbeiten und Tools verwenden sollen. Deshalb muss es einfach sein.

Dazu kommt, das projectnetworld selbst administrierbar ist. Wir bieten zwar auch die Dienstleistung an, aber der Kunde kann alle Konfigurationen auch selbst durchführen. Die Dienstleistung ist nicht unser Geschäftsmodell. Wir bieten eine stabile Software mit hoher Performance und unmittelbaren Nutzen für die Kunden.

Ein großer Mehrwert ist auch die Flexibilität von projectnetworld. Bei uns ist nichts in Stein gemeißelt, alle Abläufe können vom Papier in die digitale Welt übertragen werden.


»Die flexible Konfiguration ist genau unser Ansatz. Es gibt Module, die schaltet man frei oder nicht«, antwortet Robert Hauptmann, Project Networld AG.


Report: Der Bau & Immobilien Report führt regelmäßig Umfragen durch, wo es auch um die Hürden bei der digitalen Transformation geht. Sehr oft wird dabei die technologische Komplexität genannt. Auch wenn Project Networld auf Einfachheit setzt, ist nicht diese Selbstverwaltung doch wieder sehr komplex? Was ist der Vorteil gegenüber einer Auslagerung?

Hauptmann: Der große Vorteil ist die Hoheit über das System gegenüber einer Abhängigkeit von einem Dienstleister. Das spart auch Zeit, wenn Änderungen und Anpassungen selbst durchgeführt werden können. Das ist schnell und flexibel.


Report: Ist das aus Kundensicht ein Mehrwert?

Hillebrand: Absolut. Die Unternehmen wissen selbst am besten, was sie brauchen und was nicht. Wir können die Lösung zentral ausrollen und administrieren.


Report: Wie lange dauert es, bis man mit der Software vertraut ist?

Hauptmann: Nicht lange. Beim ersten Projekt liefern wir eine Vorlage, die gemeinsam mit dem Kunden erarbeitet wird. Das ist ein einmaliger Aufwand und die Basis für Folgeprojekte. Die Freischaltung von weiteren Projekten erfolgt über zwei Mausklicks.


Report: Mit welchen Vorbehalten sind Sie auf Kundenseite konfrontiert?

Hauptmann: Alles Neue schafft auch Unsicherheit. Es gibt Branchen, die sind gierig auf Innovationen und neue Werkzeuge, und es gibt Branchen wie den Bau, wo das nicht der Fall ist.

Das ist zum Teil auch nachvollziehbar, wenn man sich die Struktur mit den vielen Sub- und Nachunternehmen ansieht. Da kann nicht jeder tun, was er will. Da ist die allgemeine Akzeptanz gegenüber einer Lösung extrem wichtig.

Ein weiterer Vorteil von projectnetworld ist, dass wir im Gegensatz zu Mitbewerbern auch offen für andere Systeme sind. Wir sind eine Trägerlösung, in die Speziallösungen über Standardschnittstellen integriert werden können.


Report: Viele Unternehmen klagen, dass Softwarelösungen zu aufgebläht sind und Funktionen bieten, die sie nicht brauchen, damit aber komplexer werden. Würden Sie zustimmen, dass digitale Lösungen vor allem dann schnell eingesetzt werden, wenn sie einfach zu verstehen und zu bedienen sind?

Hillebrand: Dem stimme ich zu, obwohl Programme wie Word oder Excel das Gegenteil beweisen. Da nutzt der Großteil der User auch maximal fünf Prozent der Funktionen. Wichtig ist, dass der User mit den vielen Zusatzfunktionen nicht verwirrt wird. Das ist bei Word und Excel ganz gut gelungen.
Eine Software darf keine Prozessketten erzwingen, die dem User keinen Mehrwert bringen. Wichtig ist, dass der User die Software nach seinen Bedürfnissen konfigurieren kann.

Hauptmann: Die flexible Konfiguration ist genau unser Ansatz. Es gibt Module, die schaltet man frei oder nicht. Damit kann man die Oberfläche ganz gezielt an das Projekt anpassen. Damit haben wir eine mächtige Lösung, die aber auch für kleine Betriebe und Projekte geeignet ist.


Report: Auf Ihrer Homepage heißt es: »Bei der Entwicklung von projectnetworld haben wir unseren Kunden zugehört.« Sind die Einfachheit, der modulare Aufbau Ergebnis dieses Zuhörens?

Hauptmann: Auf jeden Fall. Wir haben immer eng am Kunden entwickelt. Damit sind wir vielleicht nicht die Innovativsten, aber dadurch hat der Kunde einen unmittelbaren Mehrwert. Da sind wir mehr die Pragmatiker als die Visionäre.


»Digitalisierung bedeutet, Prozesse zu verbessern, und nicht eine Videokonferenz abzuhalten«, sagt Franz Hillebrand, Signa. Die Project Networld AG liefert die passenden Lösungen.


Report: Fühlen Sie sich und Ihre Wünsche von den Pragmatikern erhört?

Hillebrand: Wir haben ein Monat nach dem Erstkontakt die Verträge unterschrieben. Wir sind auch Pragmatiker. Es gab bei uns gewisse Schmerzen und uns war schnell bewusst, dass projectnetworld das Potenzial hat, den Schmerz deutlich zu lindern oder sogar zu beseitigen.

Es gibt in der IT-Abteilung von Signa Applikationsbetreuer, die nicht aus der IT kommen, sondern aus dem Controlling, dem Asset-Management oder dem Bau. projectnetworld wird von jemanden mit einer Bauausbildung betreut, der die Sprache des Bau spricht. Das hilft enorm bei der Akzeptanz in der Fachabteilung oder den Lieferanten.


Report: Herr Hillebrand, was würden Sie sich als Kunde von Project Networld wünschen?

Hillebrand: Darüber haben wir schon gesprochen. Das Nächste ist der elektronische Rechnungseingang über die Plattform. Aktuell schickt jedes Gewerk eine Rechnung, die elektronisch erfasst und ausgelesen wird und in den Rechnungslauf gelangt.

Diesen ganzen Prozess könnte man sich sparen, wenn der Lieferant mit seinem Log-in auf die Plattform zugreift und seine Rechnung elektronisch durchgibt. Das bringt nicht nur uns einen Mehrwert, sondern auch den Lieferanten.

Hauptmann: Daran wird auch schon bei uns gearbeitet. Das ist ein ganz typischer Ablauf. Wir haben uns mit Signa zusammengesetzt, die Bedürfnisse und Wünsche besprochen und uns an die Umsetzung gemacht.

Über Plug-ins können wir auch kundenspezifisch entwickeln, wir bieten also Individuallösungen in einer Standardsoftware. Das kann auch nicht jeder. Viele dieser Entwicklungen halten auch Einzug in die Standardlösung und stehen dann auch anderen Kunden zur Verfügung. Denn, was Signa einen Mehrwert bietet, bietet wahrscheinlich auch anderen einen Mehrwert.


Report: Was würden Sie jemandem empfehlen, der noch am Anfang der Digitalisierung steht, aber die nächsten Schritte machen möchte?

Hauptmann: Das Wichtigste ist, keine Angst zu haben. Wir haben auch einen Digitalisierungs-Check entwickelt, der schnell und einfach den digitalen Status quo ermittelt. Und dann geht es darum, den richtigen Partner zu finden. Das sind gerne wir, kann aber auch jemand anderer sein, der zum Unternehmen passt.

Es geht darum, die Prozesse zu identifizieren, die täglich durchlaufen werden. Dort sollte die Digitalisierung starten und nicht bei Prozessen, die einmal im Monat vorkommen.

Wir setzen auch auf Pilotprojekte, um schnell einen Mehrwert zu zeigen, um Quick-Wins zu liefern. Etwa in der Kommunikation mit Projektpartnern – weg vom chaotischen Mailverkehr hin zu einer sternförmigen Kommunikation.

Das ist ganz einfach, bietet aber einen enormen Mehrwert. Mit dem Essen kommt der Appetit. Die Kunden erkennen den Nutzen und Mehrwert und wollen die nächsten Schritte setzen. Da entsteht dann eine Aufbruchsstimmung.

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