Donnerstag, Oktober 03, 2024
Ein Wal am Donaukanal
Staycation-Installation am Donaukanal.

Von 14. Juni bis 4. Juli hat eine spektakuläre Metallkonstruktion am Wiener Donaukanal die Aufmerksamkeit der Passant*innen auf sich gezogen. Der »Kanalwal« sollte die Antwort auf die Frage liefern, welchen Beitrag Architektur für den Urlaub zu Hause liefern kann.

Am Anfang des Aufsehen erregenden Projekts stand eine Vorlesung am Institut für Architektur der TU Wien. Unter dem Motto »Staycation« sollten die Studierenden als Symbol für den »Urlaub zu Hause«eine temporäre Installation planen und errichten.

Das Ergebnis war der fast 19 m lange »Kanalwal«, der rund drei Wochen lang Blickfang am Wiener Donaukanal war.

Das Projekt

»Der »Kanalwal« versteht sich als konstruktiv-künstlerisches Objekt, dessen Stärke in der Nicht-Alltäglichkeit seiner Erscheinung liegt«, erklären die Projektleiterinnen Silke Fischer und Elisabeth Weiler.

Ort zum Verweilen. Die Stoffbahnen zwischen den Gerüststangen konnten als Sonnenschutz oder Hängematten genutzt werden. 

Konzipiert war er als erholsamer Platz, als Ort zum Verweilen und zum phantasievollen Ausbrechen aus dem Alltag. Die reziproke Gerüststruktur des Wals ermöglichte die freie Entwicklung der Form. Zwischen den Metallstangen wurden Stoffbahnen angebracht, die als Sonnenschutz oder Hängematten genutzt werden konnten.

»Der hohe Abstraktionsgrad der Skulptur lässt offen, was die Menschen in ihr sehen und wie sie sie benutzen wollen. Diese Idee hat uns von Anfang an gefallen«, so die Projektleiterinnen.

Konzept und Planung

Unter einer reziproken Struktur - auch Hebelstabwerk genannt - versteht man eine Konstruktion, die aus sich gegenseitig tragenden Stäben aufgebaut ist. Dabei werden die Stäbe wechselseitig angeordnet und können somit Gesamtspannweiten überbrücken, die weitaus größer sind als die einzelnen Elemente.

Als Verbindungselement zwischen den Stangen wurden Drehkupplungen verwendet. Damit und in Kombination mit dem runden Querschnitt wurde eine individuelle Detaillösung im Verbindungspunkt von zwei Stangen obsolet.
Die Planung der reziproken Konstruktion erfolgte in höchster Präzision mit Hilfe eines 3D-Modells.

»Bis hin zur Einarbeitung der tatsächlich zur Ausführung kommenden Gerüstschelle wurde das 3D-Modell immer wieder aktualisiert, optimiert und gepflegt. Die spezifische Hanglage wiederum wurde mittels Theodolit-Messung in Kombination mit einer Punktwolke des Bauplatzes ins 3D-Modell übertragen«, erklärt Fischer.

Basis des Kanalwals war ein Hebelstabwerk. Darunter versteht man eine Konstruktion aus sich gegenseitig tragenden Stäben.

Die Form des Wals wurde skizziert und frei modelliert, erst danach wurde die Form durch Rechtecke parametrisch unterteilt und optimiert. »Die gewählte Grundgeometrie des Rechtecks ermöglichte uns ein recht freies Arbeiten und damit die Umsetzung der organisch geschwungen Wal-Form«, erklärt Weiler.

Da sich die Stäbe in gegenseitiger Abhängigkeit befinden, mussten für die Bereiche, in denen die Struktur aufbricht, Sonderlösungen gefunden werden: Der ufernahe Durchgang, der einen bestehenden Trampelpfad in das Projekt integriert, die Auskragung über den Donaukanal sowie der Eingangsbereich zum Gehweg, wurden manuell optimiert.

Parallel dazu erfolgt die statische Analyse der Konstruktion via Karamba.

Die Ausführung

Der Bauzeitenplan war auf drei Wochen Arbeitszeit angelegt. In der ersten Woche standen Baustelleneinrichtung, Materialbeschaffung, Einmessung des Objektes im Hang sowie Vorbereitung der Stangen und Fundamentierungsarbeiten auf dem Programm.

Danach folgte die Gerüstkonstruktion inklusive der Auskragung über Wasser bevor man sich in Woche drei um die »Innereien« wie das Sprühnebelsystem, das Trinkwasserreservoir mit Wasseraufbereitungsanlagen und die Stoffbahnen kümmerte.