Donnerstag, März 28, 2024
Kräftige Erholungstendenzen im Bauwesen

Etwas mehr als ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie setzt die europäische Bauwirtschaft laut Euroconstruct im Jahr 2021 nun zu einer deutlichen Erholung an. Auch die österreichische Bauwirtschaft hat die Krise weitgehend überstanden. Allerdings treibt der Mangel an Material und Ausrüstung die Preise nach oben und verhindert einen weiteren Aufschwung. Erstmals in der mehr als 30-jährigen Geschichte des Konjunkturtests ist der Materialmangel das wichtigste Produktionshemmnis.

Die die Umfrageergebnisse unter europäischen Bauunternehmungen zeigen, steigt die Zuversicht1 in praktisch allen EU-Ländern, und zwar sehr deutlich. Nach den starken Einbrüchen im Frühjahr 2020, die zu Rekordverlusten bei den Umfrageergebnissen führten (siehe Abbildung 1), war die Entwicklung in den da­rauffolgenden Monaten sehr verhalten. Zwar konnten einige Länder eine gewisse Normalisierung in der Bautätigkeit bis zum Sommer 2020 erreichen, die Stimmung war jedoch noch weit vom Niveau vor der Krise entfernt. Zudem war in einigen Ländern eine erneute Schwächephase in den Wintermonaten zu beobachten, die Zweifel an einer raschen Erholung schürte. Dies änderte sich in den ersten Monaten des Jahres 2021 schlagartig, und speziell in den Monaten März und April 2021 – also genau in jenen Monaten des Einbruchs im Vorjahr – verbesserte sich die Stimmungslage markant. Die Mehrzahl der europäischen Bauunternehmen schätzt die Situation im Frühjahr 2021 nun deutlich besser ein als noch zu Jahresbeginn.

Entsprechend haben sich auch die Wachstumsaussichten für die europäische Bauwirtschaft verbessert. Die Verluste von 2020 dürften laut den letzten Prognosen des Euroconstruct Netzwerks2 großteils bereits im Jahr 2021 neutralisiert werden, und 2022 wird bereits das Vorkrisenniveau erreicht.

Auch Österreich atmet auf

Ganz dem europäischen Trend entsprechend verlief die Pandemie auch in der österreichischen Bauwirtschaft. Nach den erdrutschartigen Rückgängen im Frühjahr 2020 stabilisierte sich die Lage zusehends und so konnte bereits im Sommer in vielen Bereichen wieder an das Vorkrisenniveau angeschlossen werden. Die Beschäftigung im Bauwesen verzeichnete beispielsweise im Juni bereits wieder ein leichtes Plus gegenüber 2019. Etwas schwächer verlief dann der Herbst, wo wieder gewisse Rückgänge zu verzeichnen waren, die jedoch deutlich gedämpfter ausfielen als noch im Frühjahr.

Nach dem Jahreswechsel gewann die Dynamik im Bauwesen im März 2021 deutlich an Fahrt, und trotz erneuter Lockdowns in vielen Wirtschaftsbereichen konnte das Bauwesen relativ ungehindert seinen Erholungspfad fortsetzen. Hinzu kommt, dass die Wachstumsprognosen für die österreichische Gesamtwirtschaft zusehends besser ausfielen, wodurch sich auch die Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft als sehr günstig darstellen. Am deutlichsten wird die Beschleunigung des Aufschwungs anhand der Stimmungslage in der Branche: Der WIFO Konjunkturtest für das Bauwesen drehte in den vergangenen Monaten von neutral-positiv in den klar optimistischen Bereich. Zuletzt wurden sogar Werte verzeichnet, die normalerweise nur in absoluten Hochkonjunkturphasen erreicht werden.

Diese Verbesserung in den Rahmenbedingungen spiegelt sich auch in den aktuellen Prognosen des WIFO wider: So liegt die aktuelle Schätzung für das (reale) Wachstum der Bauinvestitionen bei 3,5 % für 2021 und 2,4 % für 2022. Besonders für 2021 sind die Aussichten damit besser als noch zu Jahresbeginn angenommen.

Sorgenkind Materialmangel

Ein deutliches Hemmnis für die Fortsetzung der Erholung in der Branche ist der Materialmangel, der als wirklich außergewöhnlich bezeichnet werden kann. In der mehr als 30-jährigen Geschichte des WIFO-Konjunkturtests war es bisher noch nie der Fall, dass Materialmangel das wichtigste Produktionshemmnis darstellt. Innerhalb kürzester Zeit, so zeigen die Umfragen, hat sich der Anteil von Unternehmen, die Materialmangel als wichtigstes Produktionshindernis wahrnehmen von 1 % zu Jahresbeginn auf 36 % im Mai erhöht. Einzig der Mangel an Arbeitskräften erreicht mit 27 % überdies eine nennenswerte Größe. Ebenfalls 27 % der Unternehmen berichten von keinen Produktionshemmnissen. Der Materialmangel ist dabei kein rein österreichisches Phänomen, sondern ähnliche Entwicklungen verzeichnet die Bauwirtschaft auch in anderen EU-Ländern, nicht zuletzt in Deutschland.

Wenngleich damit zu rechnen ist, dass der Materialmangel an sich in den kommenden Monaten nachlassen wird, sind unmittelbar besonders bei den Baupreisen Effekte zu erwarten. Die Baupreis­erwartungen im WIFO-Konjunkturtest waren in den vergangenen Jahren durchwegs im deutlich positiven Bereich, was sich auch in einer überdurchschnittlichen Entwicklung der Baupreise laut Statistik Austria niederschlug. Zu Beginn der Pandemie fielen die Preiserwartungen in den neutralen Bereich, aufgrund der guten Auftragslage gab es jedoch nie Anzeichen für rückläufige Preise im Bauwesen. Seit Jahresbeginn 2021, d.h. bereits vor den aufgetretenen Materialengpässen, haben die Preiserwartungen wieder stark zugelegt, und haben nahtlos an das Vorkrisenniveau angeschlossen. Durch den seit März 2021 hinzugekommenen Materialmangel hat sich der Preisauftrieb dann nochmals massiv erhöht, und die aktuellen Preiserwartungen erreichen historische Höchstwerte, die bisher noch nie in diesem Ausmaß gemessen wurden.

Für die Wachstumsaussichten der Bauwirtschaft sind die angedeuteten Preisentwicklungen als durchaus schädlich zu sehen, und bergen die Gefahr, dass vom verzeichneten Umsatzwachstum nur wenig reales Wachstum übrigbleibt. In der aktuellen Prognose für 2021, mit
3,5 % realem Wachstum, wird jedoch davon ausgegangen, dass sich der Materialmangel in den kommenden Monaten auflösen wird, der Faktor bleibt aber ein zentrales Prognoserisiko.


Zum Autor: Michael Klien ist Bauexperte im Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO.

1) Der Zuversichts-Indikator ergibt sich als arithmetisches Mittel der Indikatoren i) Evolution of your current overall order books und ii) Employment expectations over the next 3 months
2) Detailliertere Informationen und Berichte zu Länder- und Sektorentwicklungen innerhalb der 19 EUROCONSTRUCT Länder sind unter https://www.euroconstruct.org erhältlich.

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