Mittwoch, April 24, 2024
7R für den Bau

Reduce, Re-Use, Repair, Rethink, Redesign, Refuse und Recycle, das sind die 7 Rs der Abfallvermeidung, die auch für den Bau gelten.

Der Baubereich ist für zwei Drittel des Abfallaufkommens und die Hälfte des Ressourcenverbrauches in Österreich verantwortlich. Es braucht eine Reorganisation, Kreislaufwirtschaft lautet das stets genannte Rezept. Am Weg zu Bauen im Circle gibt es Zwischenetappen, die der Bauherr erreichen muss.

Abfallvermeidung durch Planung

Der beste Abfall ist jener, der nicht entsteht. Planung und Gestaltung von Gebäuden kommt daher große Bedeutung zu, denn in der frühen Phase des Produktlebenszyklus ist der Hebel für positive Veränderungen am Größten. »Planung hat Einfluss auf die Rückbaubarkeit und auf Abfallströme, auf Verwertung und Wiederverwendung«, informiert Markus Meissner, Projektleiter von BauKarussell und Experte für Abfallvermeidung und Wiederverwendung bei Pulswerk, einer Tochtergesellschaft des Österreichischen Ökologie-Instituts. Mit zwei Prozent der Lebenszykluskosten stellt Planung keinen erheblichen Kostenfaktor dar. Folgekosten wie Betriebskosten oder Erhaltungsaufwand liegen dagegen bei 80 Prozent.

Bild oben: Die Modulbauweise ist für Hildegund Figl ein möglicher Weg zu erfolgreicher Abfallvermeidung am Bau.

Vorausschauende Planung beginnt beim Einkauf. Das bedeutet nicht nur, die richtigen Materialmengen zu bestellen, sondern auch die passenden. Mit einem Abfallwirtschaftskonzept kann das mit dem Bauvorhaben verbundene Abfallaufkommen zu einem frühen Zeitpunkt abgeschätzt werden. Durch rechtzeitige Kenntnis der Abfallzusammensetzung und der Abfallmengen können ökologisch und ökonomisch vorteilhafte Abbruchtechniken, Trennsysteme sowie Vermeidungs- und Verwertungswege festgelegt werden. »Eine bessere Planung bewirkt immer eine Verminderung von Transportwegen, Abfällen und erhöht die Recyclingquoten«, bestätigt auch Ralf Mittermayr, CEO von Saubermacher. Damit fallen weniger Verschnitte, Reste etc. an. Hildegund Figl vom Österreichischen Institut für Baubiologie und -ökologie, IBO, fordert die Einbindung der Entsorgungs- und Kreislaufeigenschaften schon bei der Planung.

Neuer Lebenszyklus

Auf jeder Baustelle bleiben Restmengen übrig, die nicht mehr an den Handel retourniert werden können. Selbst wenn der Materialbedarf genau kalkuliert wurde, wird meist eine größere Menge gekauft, um nicht Baustoffe wie Holzplatten, Dämmstoffe, Gipskarton, Sand und Kies, Farben, aber auch Nägel und Schrauben nachkaufen zu müssen. Wiederverwendung lautet hier das Rezept für Ressourcenschonung. Bereits oft genannt wurde das Projekt BauKarussell, das Re-Use im großvolumigen Baubereich zum Ziel hat.

Bild oben: Wastebox.biz ist eine App, mit der (Bau-)Unternehmen einfach, schnell und transparent die Entsorgung ihrer Baustellenabfälle organisieren können.

Im Bereich des verwertungsorientierten Rückbaus werden wiederverwendbare intakte Bauteile und Komponenten wie Vollholzparkett, Dachziegel, Türen, Fenster, Heizkörper, Geländer und haustechnische Anlagen vor dem Gebäudeabbruch ausgebaut und für den Einbau in anderen Objekten zur Verfügung gestellt. Dazu bietet BauKarussell einen Bauteilkatalog, der qualitätsgeprüfte Bauteile listet. »Immer mehr Planer greifen bewusst auf Re-Use-Baustoffe und -Bauteile zurück, wobei fallweise umfunktioniert wird. Aus Türen des MedUni Campus Mariannengasse wurden etwa Wandverkleidungen verwendet«, nennt Architekt und BauKarussell-Gründer Thomas Romm ein Beispiel. Auch Urban Mining steht für Re-Use.

Bedingt durch die hohen Lohnkosten ist im Normalfall die Aussortierung und Aufbereitung kleiner Fraktionen, z.B. Kunststoff, unwirtschaftlich. Bei einzelnen Verbundstoffen ist schon die Trennung unwirtschaftlich, weshalb eine Verbrennung zur Energiegewinnung derzeit noch als einziger Ausweg gilt. Die knapper werdenden Ressourcen und die damit einhergehenden steigenden Kosten der Rohstoffe werden aber langfristig die Bereitschaft zum selektiven Rückbau bzw. zur gezielten Aufbereitung der Baustoffe und Herstellung von Recyclingprodukten erhöhen.

Im Bereich Wiederverwendung fordert Hildegund Figl auch die Überarbeitung des Begriffs Abfall-ende. »Derzeit wird ein ausgebautes Fenster automatisch zum Abfall und verliert seine Produkteigenschaft, sobald sich ein Besitzer dessen entledigen will. Die Niederlande und Dänemark sind bei Wiederverwendung schon viel weiter.« Saubermacher fordert, das Abfallende früher anzusetzen. Somit wären Bodenaushub, Beton, Holz etc. keine Abfälle mehr.

Logistik

Bild oben: Markus Meissner sieht in der geplanten Novelle von Abfallwirtschaftsgesetz und Kreislaufwirtschaftspaket die Stärkung von Re-Use.

Ein Drittel der Errichtungskosten von Gebäuden ist über Logistik beeinflussbar. Die (Wieder)-Verwertung von Baurestmassen und Abbruchmaterialien direkt auf der Baustelle bietet ein großes Potential bei Sanierungsbaustellen. »Viele Abfälle können schon auf der Baustelle aufbereitet werden und wieder vor Ort zum Einsatz kommen. Dies führt auch zu einer Verminderung des CO2-Ausstoßes aufgrund geringerer Transporte«, betont Ralf Mittermayr. Abfallsortierinseln helfen bei der Trennung der Baurestmassen, Zwischenlager sammeln den Bodenaushub. Der Wohnungsbau in der Seestadt Aspern hat etwa eine Million t Material aus dem eigenen Baugeschehen verwendet. »Nachhaltig entsorgen gelingt, wenn möglichst viele Abfälle in die Verwertung bzw. ins stoffliche Recycling gehen«, betont Mittermayr.

Modulare Bauweise

Hildegund Figl sieht in der Art der Errichtung großes Potential für Abfallvermeidung. »Bei der Modulbauweise wird in Produktionshallen vorgefertigt, die geringere Menge Abfall fällt zentral an und wird hochwertiger behandelt.« Am Ende des Lebenszyklus der Module kann sortenrein ausgebaut und gut getrennt werden. »Mit BIM können Baumassen genau berechnet und vorgeplant, Kreisläufe geschlossen werden«, sagt Figl.

Baustellenlogistik teilt sich in vier Phasenpläne

1. Zur Beschaffungs- und Versorgungslogistik zählen die Koordination des gesamten Baustellenverkehrs und die Anlieferung auf die festgelegten Flächen sowie der Einkauf des Materials.
2. Die Zugangs-, Produktions- und Lagerlogistik muss alle erforderlichen Zugänge und Zufahrten gewährleisten, ebenso Zwischenlagerflächen, den internen Transport bis hin zur Einrichtung von Improvisationsflächen.
3. Zur Infrastrukturlogistik zählen auch Strom- und Wasserversorgung.
4. Die Entsorgungslogistik organisiert den Abtransport der anfallenden Abfallstoffe.

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