Freitag, April 19, 2024
Auswirkungen von COVID-19 für Käufer und Verkäufer in Immobilienprojekten

Die von Nationalrat und Regierung gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus wirken sich naturgemäß auch auf laufende Immobilienprojekte aus. Die damit einhergehenden Verzögerungen werden vielen Bauträgern die rechtzeitige Übergabe der Objekte erschweren.  Benedikt Stockert und Alexander Hock von FSM Rechtsanwälte liefern Bauträgern und Käufern schon jetzt die Antworten auf die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise.

 

  • Was passiert, wenn der vertraglich vorgesehene Übergabetermin wegen COVID-19 nicht eingehalten werden kann?

 Gibt es keine vertraglichen Übereinkünfte, wie mit Fällen höherer Gewalt umzugehen ist, greifen die gesetzlichen Vorschriften: Überschreitet der Bauträger das vertraglich vereinbarte späteste Übergabedatum, befindet er sich objektiv im Verzug – gleichgültig, ob die Verspätung auf höherer Gewalt beruht. Der Käufer hat somit ein Wahlrecht: Entweder, er hält am Vertrag fest und besteht unverändert auf vertragsgemäße Erfüllung, oder er tritt unter Setzung einer „angemessenen“ Nachfrist vom Kaufvertrag zurück. Was unter angemessen zu verstehen ist, ist einzelfallabhängig. Grundsätzlich aber gilt, dass auf die Interessen beider Vertragsparteien Rücksicht zu nehmen ist. Je aufwändiger die noch zu erbringenden Arbeiten sind und je weniger dringend der Käufer auf das Kaufobjekt angewiesen ist, umso länger muss sie sein. Das Ausmaß der ausständigen Leistungen und die Unterbrechungsdauer werden dabei ebenfalls zu berücksichtigen sein. In der Regel muss dem Bauträger jedenfalls genügend Zeit eingeräumt werden, um seine Leistungen nachzuholen.

 

  • Was geschieht, wenn der Käufer wegen COVID-19 seinen Zahlungs- oder Übernahmepflichten nicht rechtzeitig nachkommt?

 Sollte der Käufer Schwierigkeiten haben, den Kaufpreis rechtzeitig zu erlegen, gerät er seinerseits in Verzug. Eine umstandsbedingte „automatische“ Zahlungsfristverlängerung gibt es nicht. Ähnliches gilt im Falle der nicht möglichen Übernahme der Wohnung, etwa weil der Käufer in Quarantäne ist. Wie auch beim Schuldnerverzug des Bauträgers, kann der Bauträger im Verzug des Käufers ebenfalls eine angemessene Nachfrist setzen, innerhalb derer der Käufer noch erfüllen – also bezahlen oder übernehmen – kann.

 

  • Besteht die Möglichkeit aufgrund eines Verzugs des Gegenübers wegen COVID-19 Schadenersatz vom Vertragspartner zu erlangen?

 Beruht die käufer- oder verkäuferseitige Verspätung auf Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19, ist diese in aller Regel nicht vorwerfbar. Da subjektives Verschulden allerdings Voraussetzung für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen ist, sind Schadenersatzleistungen aufgrund verspäteter Fertigstellung des Objekts bzw verspäteter Kaufpreiszahlung aus diesem Grund daher in der Regel ausgeschlossen.

 

  • Kann ein Käufer aufgrund von COVID-19 von einem bereits wirksam gestellten Kaufanbot – ohne dass es bisher zu einer Vertragsunterfertigung kam – rechtswirksam zurücktreten?

 Ein beidseitig unterfertigtes Kaufanbot wird von der Rechtsprechung als gültiger Kaufvertrag qualifiziert. Damit gilt dasselbe Verzugsregime wie oben erörtert. Ohne wirksam vereinbarten Vorbehalt kann ein Käufer aufgrund von COVID-19 daher vom gültigen Kaufanbot nicht zurücktreten.

 

  • Bestehen seitens des Bauträgers im Falle von Baustellenstopps und/oder absehbaren Verzögerungen beim Bauvorhaben sofortige Aufklärungspflichten gegenüber Käufern?

 Bauträger haben keine gesetzlichen Berichtspflichten gegenüber dem Käufer. Eine Verpflichtung des Bauträgers den Käufer über Baustellenstopps in Kenntnis zu setzen besteht daher nicht.

 

  • Wer trägt die Zusatzkosten, die aufgrund der Einstellung der Bautätigkeiten entstehen? Kann sich der Bauträger an den Käufer wenden?

 Die Einstellung der Bauarbeiten bedeutet nicht nur Zeitverlust, sondern auch finanziellen Mehraufwand. Diese Kosten sind dem Kaufpreis aber grundsätzlich nicht aufschlagbar. Zum einen ist der Kaufpreis in der Regel ein Fixpreis. Zum anderen treffen Fälle höherer Gewalt, so es diesbezüglich keine anderslautenden (gesetzlich zulässigen) vertraglichen Vereinbarungen gibt, den Bauträger. Ob und in welcher Höhe eventuell staatliche Zuschüsse gewährt werden, ist zum heutigen Zeitpunkt noch offen.

 

  • Schuldet ein Professionist Schadenersatz bzw ist ein Pönale wirksam vereinbart, sollte er einen vertraglich zugesicherten Fertigstellungstermin aufgrund einer durch COVID-19 verursachten Bauverzögerung nicht einhalten können?

 Professionisten sind als Vertragspartner des Bauträgers grundsätzlich nur diesem gegenüber verpflichtet. Befindet sich ein Professionist wegen COVID-19 Maßnahmen in Verzug und ist für einen solchen Fall vertraglich nichts Gegenteiliges geregelt, gelten die allgemeinen Verzugsbestimmungen (siehe oben). Mangels Verschulden wird der Professionist dem Bauträger wohl keinen Verspätungsschaden zu ersetzen haben. Ist allerdings eine ausdrücklich verschuldensunabhängige Konventionalstrafe (Pönale) für den Fall des Verzugs vereinbart, ist diese vom Professionisten zu tragen. Gerne überprüfen wir die Vereinbarung mit Ihrem Subunternehmer!

 

 Die Autoren: Mag. Alexander Hock (Rechtsanwaltsanwärter, FSM Rechtsanwälte) und Mag. Benedikt Stockert, MSc (Partner FSM Rechtsanwälte und Experte für Immobilienrecht).

 

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