Samstag, Oktober 05, 2024
Der große Report Branchencheck

Gemeinsam mit Branchenradar.com Marktanalyse hat der Bau & Immobilien Report auch heuer wieder einzelne Branchen und Produktgruppen genau unter die Lupe genommen und hinsichtlich ihrer Umsatzentwicklung analysiert. Dabei zeigt sich: Bis 2015 war es schwierig, 2016 ein Jahr der Konsolidierung und 2017 ging es endlich wieder aufwärts. Ein Trend, der sich 2018 fortsetzen, 2019 aber etwas abschwächen dürfte.

Nach schwierigen Jahren hat die Bauwirtschaft 2017 wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Die Umsätze sind spürbar gewachsen und selbst die Margensituation hat sich in einigen Teilbranchen etwas entspannt. Das Aufatmen in der Branche war förmlich spürbar, die Stimmung aktuell so gut wie lange nicht.

Der Bau & Immobilien Report wollte jetzt wissen, mit welcher Entwicklung heuer und im nächs­ten Jahr zu rechnen ist, und hat sich mit Branchenradar.com Marktanalyse zusammengetan. Gemeinsam haben wir uns die im Rahmen des Branchenradar für neun Branchen und Warengruppen erhobenen Umsatzzahlen der Jahre 2014 bis 2016 genauer angesehen. Für das abgelaufene Jahr 2017 hat Studienautor Andreas Kreutzer anhand erster Berichte eine qualifizierte Umsatzschätzung abgegeben und schließlich haben wir den Marktforscher und je einen Branchenvertreter gebeten, sich über eine Prognose für dieses und nächstes Jahr zu wagen.

Die Ergebnisse sind ziemlich eindeutig: 2015 hatte die heimische Bauwirtschaft noch wenig zu lachen. Mit einer einzigen Ausnahme gab es für alle untersuchten Warengruppen ein teils empfindliches Minus, am schlimmsten erwischte es den Dämmstoffmarkt mit -7,7 %. 2016 wendete sich das Blatt. Mit Ausnahme der »Wandfarben« und »Dachmaterial für geneigte Dächer« drehten alle untersuchten Branchen und Warengruppen ins Plus. 2017 hat das Wachstum, Ausnahme »Aufzüge«, dann noch einmal deutlich mehr an Fahrt aufgenommen.
Lesen Sie auf den folgenden Seiten, wie sich die Umsatzzahlen einzelner Branchen und Produktgruppen in den letzten Jahren entwickelt haben und was Marktforscher und Branchenvertreter glauben, mit welchen Entwicklungen 2018 und 2019 zu rechnen ist.


Aufzüge

Andreas Kreutzer, Branchenradar.com (Marktanalyse)

»Trotz des anhaltenden Aufschwungs im Geschoßwohnbau kommt der Aufzugsmarkt nicht in die Gänge. Bei leicht sinkendem Durchschittspreis (-0,7 %
geg. VJ) sinkt der Umsatz auch 2017 um rund ein Prozent geg. VJ auf knapp 111 Millionen Euro. Verantwortlich für die fehlende Dynamik ist nach wie vor das schwache Austauschgeschäft, im Wesentlichen als Folge der Vorziehinvestitionen bis Mitte der 2010er-Jahre, die aufgrund von Änderungen in den länderspezifischen Aufzuggesetzen notwendig wurden. Auch in den Folgejahren erwarten wir keine signifikante Verbesserung der Marktlage.«

Gernot Schöbitz, Vorstands-vorsitzender KONE AG

»In den letzten 20 Jahren sind Aufzüge sicherer, leistungsfähiger und energieeffizienter geworden. Noch bemerkenswerter ist: Sie wurden – entgegen der allgemeinen Teuerung – auch immer leistbarer. Der Anteil des Aufzugs an den Errichtungskosten im Wohnbau hat sich seit 1996 halbiert. Effekte der Innovationen und Effizienzsteigerung wurden an die Kunden weitergegeben. Dieser Trend lässt sich angesichts deutlich steigender Lohnkosten und Rohstoffpreise nicht mehr fortsetzen. Die allgemeine Kostenentwicklung wird 2018 zu höheren Aufzugspreisen führen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Entwicklung bei Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit auf dem gewohnten Niveau bleibt.«

Bodenbeschichtungen

Andreas Kreutzer

»Das Wachstum am Markt für Bodenbeschichtungen beschleunigte in Österreich im Jahr 2017 auf vermutlich sieben Prozent geg. VJ. Die Herstellererlöse steigen somit auf über 27 Millionen Euro. Angeschoben wird der Markt im Wesentlichen vom Neubau. Wachstumsbeiträge liefern hierzu alle Gebäudetypen. Von zunehmender Wichtigkeit ist allerdings der Geschoßwohnbau. Alleine im letzten Jahr erhöhte sich der Umsatz um mehr als zehn Prozent geg. VJ, da immer öfter Kellergeschoße, Abstellflächen und Tiefgaragen mit Bodenbeschichtungen ausgeführt werden.«

Wolfgang Panholzer, Geschäftsführer AvenariusAgro

»2018 wird sich der positive Trend bei Bodenbeschichtungen weiter fortsetzen. Zum einen ist die fugenlose Bodenbeschichtung gegenüber kleingliedrigen Lösungen in vielerlei Hinsicht überlegen. Viele Farben und Oberflächendesigns bieten dabei unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten.

Zum anderen profitiert dieser Markt von der gesamten Baukonjunktur, die auch 2018 weiterhin positive Anzeichen zeigt. Nicht nur die bekannten großen Flächen der Parkgaragen bieten Potenzial, sondern viele kleine und mittlere Beschichtungslösungen, wo Hygiene, Chemikalienbeständigkeit, leichte Reinigung sowie Rutschhemmung eine zusätzliche Rolle spielen. AvenariusAgro forscht, entwickelt und produziert in Österreich und beliefert qualifizierte Fachbetriebe mit der Marke DISBON.«


Dachmaterial für geneigte Dächer

Andreas Kreutzer

»Entgegen dem Trend der Bauproduktion entwickelt sich der Umsatz mit Dachmaterial für geneigte Dächer auch im Jahr 2017 rückläufig. Während der Bedarf für den Neubau – trotz steigender Flachdachquote – moderat wächst, ist der Abschwung im Bestandsgeschäft nahezu ungebremst. Verantwortlich hierfür sind im Wesentlichen Kapazitätsengpässe im ausführenden Bereich. Und das aus gutem Grund: Dachdecker und Dachspengler sind Mangelberufe. In Folge werden vielerorts insbesondere Dachsanierungen besonders ertragreich kalkuliert. Die daraus resultierenden hohen Investitionskosten lassen daher so machen Sanierungswilligen einschlägige Vorhaben zeitlich verschieben.«

Franz Kolnerberger, Geschäftsführer Vertrieb Wienerberger Ziegelindustrie und Tondach Gleinstätten AG

»Die Situation auf dem Markt für geneigte Dächer bleibt weiterhin angespannt: Wienerberger hat es in den letzten Jahren geschafft, über dem Marktrend abzuschneiden, der Anteil der Steildächer ist über alle Hersteller gerechnet aber in den letzten Jahren zurückgegangen. Der Sanierungsmarkt wird auch im Jahr 2018 heiß umkämpft sein und bei Neubauten erwarte ich eine stabile Entwicklung. Wir sehen aber im Bereich keramische Fassade einen stark wachsenden Trend, der sich bereits im letzten Jahr abgezeichnet hat. Hier können wir mit Lösungen punkten und Dach und Fassade aus einer Hand bieten. Innovative Bauherren und Architekten schätzen diese Komplettsysteme von Wienerberger.«


Dämmelemente für auskragende Bauteile

Andreas Kreutzer

»Vor dem Hintergrund eines boomenden Geschoßwohnbaus entwickelten sich in den letzten Jahren die Herstellerumsätze mit Dämmelementen für auskragende Bauteile vergleichsweise verhalten. Verantwortlich hierfür war ein sinnloser Preiswettbewerb, der noch dazu den Weg für Grauimporte ebnete. Die Preiserosion findet jedoch im Jahr 2017 ein Ende. Die Preislage stabilisiert sich auf tiefem Niveau, womit auch die Erlöse wieder kräftig anziehen, um knapp sieben Prozent auf vermutlich rund 28 Millionen Euro. Auch für das laufende und kommende Jahr bleibt der Ausblick erfreulich.«

Peter Jaksch, Prokurist
 Schöck Bauteile

»Die Jahre 2014 und 2015 waren von einem Ausführungsstau geprägt. Viele Baugenehmigungen waren abgeschlossen, die Baubeginne verzögerten sich und so ging die Schere zwischen Genehmigungen und Baustarts immer weiter auf. 2016 wurde dann endlich gebaut und auch  2017 war in unserem Bereich die Entwicklung gut, auch wenn die Dynamik mit 2016 nicht mithalten konnte. 2018 sollte ein gutes Jahr werden, denn die Planer und Architekten haben durchaus Aufträge in der Pipeline, davon sollte auch die Industrie im Anschluss profitieren. Die größte Herausforderung sehe ich darin, genügend Fachkräfte zu finden, die das Geplante auch in tatsächlich Gebautes umsetzen.«


Dämmstoffe

Andreas Kreutzer

»Der Dämmstoffmarkt gibt im Jahr 2017 wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Nicht zuletzt als Folge wieder festerer Preise erhöhen sich die Herstellererlöse voraussichtlich um rund vier Prozent geg. VJ auf rund 280 Millionen Euro. Neben einem anhaltend robust wachsenden Neubau kommen nun auch aus der Sanierung wieder zarte Wachstumsimpulse. Der Anstieg zieht sich durch alle Gebäudetypen. Insbesondere bei den Bauteilen Boden, Fassade und Innenwand ist die Nachfragedynamik hoch.«

Roland Hebbel, Steinbacher Geschäftsführung

»Nach konjunkturell schwachen Jahren mit massivem Preisdruck zeigte sich 2016 zumindest in der Gesamtwirtschaft ein leichter Aufwärtstrend, der jedoch weder im Bausektor noch am Dämmstoffmarkt Entspannung brachte. 2017 ging es weiter nach oben, was sich erstmals seit langem auch im Auftragsvolumen der Dämmstoffe spürbar positiv niederschlug. Für 2018 erwarte ich weiterhin eine starke Konjunktur – allerdings wird hier der Facharbeitermangel entgegenwirken. Aufgrund der allgemein hohen Rohstoffnachfrage werden sich die Preise weiter nach oben entwickeln.«


EFH / ZFH-Fertigteilhäuser (ohne Bauträger-Projekte)

Andreas Kreutzer           

»Die Umsätze mit Fertigteilhäusern für private Bauherren (EFH/ZFH-Fertigteilhäuser ohne Bauträger-Projekte) wachsen auch im Jahr 2017 vermutlich konstant um rund vier Prozent geg. VJ auf knapp über 700 Millionen Euro. Allerdings ist das Erlöswachstum weiterhin zu drei Viertel preisgetrieben, da auch der Anteil an schlüsselfertig errichteten Häusern stabil steigt. Insofern kommt es auch zu keinem Ausbau des Marktanteils. Ganz im Gegenteil, die Fertighausquote sinkt moderat auf knapp unter 31 %. Der Substitutionsdruck kommt dabei insbesondere von der ›Ziegelfront‹, die geschickt das Thema Individualität und Wohnkomfort lanciert.«

Ewald Zadrazil, Geschäftsführer Vertrieb & Marketing ELK Fertighaus GmbH

»Rund 4700 Fertighäuser wurden im Vorjahr errichtet, damit war fast jedes dritte neugebaute Haus in Österreich ein Fertighaus. Die zentralen Themen der Branche heißen Digitalisierung und innovative Vermarktung. Heute beginnen Kunden ihre Haussuche zuerst online und entscheiden sich für ihre Top-3-Häuser. Zuerst kommt das Internet, erst dann besuchen sie den Fertighauspark. Die Digitalisierung setzt sich über den gesamten Angebots- und Bestellprozess fort. Für uns heißt dies Neudeutsch ›one face to the customer‹. Und noch stärker ›just-in-time‹ in der Produktion. Neue Technologien wie die VR-Brille sehe ich bei der Haussuche nur als Marketing-Gag. Echten Sinn bringt sie hingegen bei der Bemusterung im Designcenter oder vorab auf der Couch daheim, wo der Kunde in Ruhe seine (Vor-)Auswahl treffen kann.«


Fliesenkleber und Bodenmassen

Andreas Kreutzer

»Angeschoben von einem stabil wachsenden bauwirksamen Neubauvolumen insbesondere im Nicht-Wohnbau sowie steigenden Renovierungsinvestitionen bei privaten Haushalten wächst der Markt für Fliesenkleber und Bodenmassen im Jahr 2017 signifikant. Die Herstellererlöse erhöhen sich vermutlich um rund vier Prozent auf 68 Millionen Euro. Der Anstieg ist zu knapp drei Viertel nachfragegetrieben und zieht sich nahezu gleichförmig durch alle Produktgruppen. Auch für die Folgejahre erwarten wir eine positive Umsatzentwicklung, wenngleich diese voraussichtlich zu immer größeren Teilen von steigenden Preisen getragen sein dürfte.«

Harald Pflanzl, Geschäftsführer BASF Österreich

»Die Aussichten sind aufgrund der anhaltenden Konjunktur ausgesprochen gut. Das sehen wir auch an der sehr erfreulichen Umsatzentwicklung unseres Tochterunternehmens PCI Österreich. Der Mangel an Fachkräften ist jedoch spürbar, somit können die bestehenden Ressourcen nicht vollständig ausgeschöpft werden. Das Preisniveau im öffentlichen bzw. Objektbereich entwickelt sich nur langsam nach oben, wogegen im Privatbereich und in der Hotellerie kräftig in hochwertige und damit auch höherpreisige Lösungen investiert wird. Dennoch erwarten wir wie schon in den Jahren 2014 bis 2017 auch für 2018 ein Umsatzwachstum.«


Fenster & Haustüren

Andreas Kreutzer

»Das Wachstum am Markt für Fenster & Haustüren beschleunigt im Jahr 2017 voraussichtlich auf über vier Prozent geg. VJ. Die Herstellererlöse erhöhen sich somit auf 930 Millionen Euro. Der Anstieg ist etwa zu einem Drittel preisgetrieben. Angeschoben wird die Nachfrage primär vom Neubau, obgleich auch das Bestandsgeschäft an Fahrt gewinnt. Deutlich stärker als 2016 zeigt sich das Segment EFH | ZFH. Motor der Entwicklung bleibt aber der Geschoßwohnbau. In den kommenden Jahren ist anbieterseitig mit mehreren Transaktionen zu rechnen, wodurch sich die Marktkonzentration wohl etwas erhöhen wird.«

Christian Klinger, Miteigentümer und Unternehmensprecher Internorm

erwarten eine weitere Steigerung im Neubau und rechnen mit einer überdimensionalen Entwicklung des mehrgeschoßigen Wohnbaus, besonders im urbanen Umfeld. Im Sanierungsbereich erwarten wir weiterhin eine verhaltene Entwicklung. Die renovierungsbedürftige Bausubstanz liegt in Österreich bei ca. 500.000 Wohnungen – durch entsprechende staatliche Maßnahmen könnte dieser Markt deutlich belebt werden.«


Wandfarben

Andreas Kreutzer

»Infolge der extrem hohen Bedeutung des Renovierungsmarktes zählt der Markt für Wandfarben zu den stabilsten aller bauaffinen Produkte. Ein Absatzwachstum von mehr als ein Prozent geg. VJ kann daher schon als Aufschwung interpretiert werden. Und in der Tat wächst die Nachfrage im Jahr 2017 vermutlich um etwas über ein Prozent, die Erlöse um voraussichtlich 1,4 % geg. VJ. Und in diesem Tempo dürfte es auch die nächsten Jahre weitergehen. Tendenziell ist sogar noch etwas Luft nach oben, wenn es besser gelingt, die Preise an die Kostenentwicklung anzupassen.«

Peter Reischer, Vertriebsleitung Murexin

»Nach der Umsatzstagnation der letzten drei Jahre nahmen wir im Vorjahr erstmals wieder eine positive Entwicklung wahr. Wir konnten unseren Absatz bei Wandfarben im einstelligen Prozentbereich steigern. Diese Entwicklung liegt ganz im allgemeinen Umsatztrend des heimischen Marktes. Auch für 2018 rechnen wir ähnlich wie heuer mit leichten Zuwächsen, da im Vorjahr sowohl der geförderte Wohnbau mehr Aufträge verzeichnet hat als auch der bisher eher schwächelnde Sanierungsbereich in Schwung gekommen ist. Diese Tendenz wird in diesem Jahr anhalten. Ganz klar haben bei uns hochwertige Innenfarben die Nase vorn, wobei interessant ist, dass hier die Farben mit dem Österreichischen Umweltzeichen am meisten zulegen.«

 

Hintergrund

2016 feierten Kreutzer Fischer & Partner und der Branchenradar das 25-jährige Geschäftsjubiläum. Allerdings unterscheiden sich die Anforderungen, die bei der Erstellung des Branchenradar zu erfüllen sind, doch gewaltig von jenen, die an kundenspezifische Projekte gestellt werden. Seit 1. Jänner 2018 treten Kreutzer Fischer & Partner und der Branchenradar daher getrennt auf.

Die Erstellung und den Verkauf der Multi-Client-Studien unter der Marke Branchenradar® übernimmt die Branchenradar.com Marktanalyse GmbH. Hierfür wird die bisherige Kreutzer Fischer & Parter Consulting GmbH umfirmiert. Für kundenspezifische Projekte ist ab sofort ausschließlich das länderübergreifende Kreutzer Fischer & Parter Beraternetzwerk zuständig, in Österreich repräsentiert durch die neu gegründete Andreas  Kreutzer Consulting e.U.

Info: www.branchenradar.com , www.kfp.at

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